Sorry, ich schwelge gerade ein wenig in Erinnerungen.
Nachdem die meisten Auslandsberichte sich auf Europa beziehen, möchte ich mal über den großen Teich schauen. Auch in den USA gab und gibt es Schmalspurbahnen. Und, die waren nicht klein, was ihre Leistungsfähigkeit angeht und sie führen teilweise durch spektakuläre Landschaften.
Begeben wir uns in die Rocky Mountains.
In den US-Bundesstaaten Colorado und New Mexico betrieb die Denver and Rio Grande Western Railroad ein gewaltiges Netz von Gebirgsbahnen, um die reichen Erzvorkommen zu erschließen. Für die Bahnen in der 'San Juan Junction' wählte man die Spurweite 914 mm (3 ft). Und man bot einiges auf der schmalen Spur, vom Schlafwagen bis zum Speisewagen im Expresszug.
Auch wenn es schon lange her ist, dass ich diese Bahnen besuchte, die Bilder sind vom Juni 1987, der heute ausschließlich touristische Verkehr ist auf den ersten Blick wenig verändert. Wenn man genauer hinschaut, hat es jedoch Modernisierungen gegeben, die aber auch zeigen, dass der Betrieb gesichert ist und man zu Investitionen bereit und in der Lage ist. Und der Verkehr wirkt noch einigermaßen authentisch, etwas, was man nicht von allen Touristikbahnen in den Staaten sagen kann.
Und es gibt und gab auch kostspielige Probleme. Als ich da war, gab es noch einen hölzernen Lokschuppen aus der Gründerzeit, der ist 1988 abgebrannt und hat mehrere Lokomotiven schwer beschädigt... sie wurden alle wieder aufgearbeitet.
2018 haben schwere Waldbrände den Betrieb unterbrochen. Wie letztens im Harz gerieten als 'fahrlässige Brandstifter' die Dampflokomotiven in Verdacht. In Folge wurden jetzt mehrere Loks mal eben auf Leichtölfeuerung umgebaut.
Zwei Teilstücke sind heute noch im (touristischen) Betrieb. Die etwas bekanntere ist die 72 Km lange Strecke von der Kreisstadt Durango in die alte Minenstadt Silverton. Der Name verrät's, hier wurde Silber gefunden. Dabei denkt man eher nicht an den 'Wilden Westen', die Gegend erinnert eher an waldreiche europäische Alpenregionen. Den Eindruck verstärkt auch, dass Namen wie 'Edelweiss' und 'Alpen' bei Hotels hier sehr beliebt sind. Anders als unsere bekannten Gegenden, sind die Berge jedoch höher, Silverton liegt etwa auf 2800 m Höhe. Da gäbe es in Europa keine Bäume mehr. Hier liegt die Baumgrenze erheblich höher.
Das Tal des Animas River ist nur durch die Bahn erschlossen, alternativ gibt es allenfalls einen Eselpfad und Rafting geht wohl auch (aber bevorzugt nur in eine Richtung...). Die Straße macht einen großen Bogen über einen anderen und höheren Pass. Mit dem Auto ist man nicht viel schneller...
Der Betrieb ist dabei straff durchorganisiert. Einfach zum Schalter gehen und spontan eine Fahrkarte kaufen, klappt meist nicht. Die Züge sind reservierungspflichtig (mit festem Sitzplatz) und nicht selten Wochen vorher ausgebucht. Der feste Sitzplatz überrascht, gibt es doch Streckenteile an der Felswand entlang, wo die eine Seite deutlich spektakulärere Ausblicke bietet, aber da ist man pragmatisch: Um das auszugleichen und um zudem die Schlepptenderlokomotiven immer 'Rauchkammer voraus' präsentieren zu können, werden die Züge am Zielort in voller Länge auf einem Gleisdreieck gedreht und auf der Rückfahrt sieht man dann zur andere Seite hinaus.
Die einfache Fahrt dauert dabei etwa dreieinhalb Stunden, Aufenthalt in Siverton sind zwei Stunden vorgesehen, man verlangt den Leuten einiges ab...
Auf der langen Strecke ist Platz für mehrere Züge und offenbar auch Bedarf, Je nach Saison waren es früher bis zu vier Züge täglich unterwegs, das heißt, je eine dreiviertel Stunde hintereinander. Heute sind es wohl nur noch drei (interpretiere ich aus der Webseite), wovon einmal eine Diesellok zum Einsatz kommt.
Gefahren wird üblicherweise mit 1' D 1'-Schlepptenderlokomotiven (Mikado) der Baureihen K28 (Alco ab 1923) K36 (Baldwin ab 1925) oder K37 (Burnham ab 1930), Die Loks sind ohne Tender bis zu 85 t schwer, also ganz ordentlich für Schmalspur...
Aber, genug der Vorreden, fahren wir mal mit. Alles einsteigen bitte.
(eine der K37, ein K36-Nachbau aus eigener Werkstatt der D&RGW in Burnham)
Die Stimmung vor der Abfahrt. Nett, die Tritthocker zum Einsteigen. Es gibt zwei Klassen, Großraum oder Großraum im Freien.
Und los gehts:
(eine originale K36)
Winke, winke... das Drumherum soll ja auch stimmen...
Und es geht sehr schnell hoch ins Gebirge.
Und recht bald wird deutlich, wie viel Aufwand beim Bau der Bahn betrieben wurde
Ich könnte mir vorstellen, dass die Bahn zuweilen auch ein Problem mit dem Wasser haben könnte. Damals (im Juni) war offenbar noch Schneeschmelze angesagt.
Dann weitet sich das Tal und man nähert sich dem Ziel
In Silverton wartet im Bahnhof eventuell ein Gegenzug, der ankommende fährt am eigentlichen Bahnhof durch, biegt links ab und kommt erst mitten auf der Hauptstraße zum Stehen. Prellbock braucht man nicht. Man kennt sich aus...
Und alle Anschlüsse werden erreicht... natürlich stilgerecht. Oh, aber holla! Alkohol am Zügel...?
Bis zur Rückfahrt hat man zwei Stunden Zeit. Es warten Schnellimbisse, die Rundfahrt mit der Postkutsche und ansonsten nicht viel... Die große Zeit des Ortes scheint gerade etwas vorbei zu sein
Man könnte sich auch schnell ein stilvolles Auto kaufen... Neuwertiger Pickup, nur leichte Gebrauchsspuren...
Unser Zug wurde inzwischen in das Gleisdreieck zurückgedrückt. Dort wartet er, bis der nächste Zug einläuft und der vorherige abgefahren ist... Hier sieht man auch die Länge des Zuges. Hinten aus dem Tal muss er kommen...
Dann kann man ja mal hingehen. Mal sehen, ob sie den neugierigen Touristen wegscheuchen... Nö, nicht in den USA: Stattdessen ein Ruf des 'Engineer': "You are welcome to come closer"
Allerdings nicht immer... Am eigentlichen Bahnhof qualmt es auch. Holla, eine K26 und ein Güterzug!
Da hat die Filmcrew, die da gerade irgendeinen Indianerfilm abdrehen wollte, nicht ganz so souverän reagiert. Aber gut, das ist ja auch verständlich...
Und außerdem sollte man sehen, dass man pünktlich wieder beim Zug ist...
Und dann geht das ganze wieder retour
Heim nach Durango
Eine spektakuläre Reise durch eine wildromantische Gebirgslandschaft. Doch, der Besuch lohnt sich, wenn man mal in die Gegend kommt. Vor allem die Mitfahrt, denn Verfolgungen mit dem Auto, das geht bei der Bahn eher nicht.
Schöne Zeit, Wolfgang