Abschied von der Taigatrommel in Leipzig-Wahren vor 30 Jahren

  • Liebe Freunde,

    beim digitalisieren von Bildern entdeckte ich durch Zufall die Bilder vom "Wummen Abschied" in Leipzig. Es ist wirklich schon 30 Jahre her und doch noch so präsent im Gedächtnis. Noch vor 1990 habe ich kaum einer Wumme hinterhergeschaut. Da dampfte es noch und die Wumme nahm ja manchem Dampfer sogar die Leistung weg. Wir hatten Schmalspurbahnen und Altbau E Loks. Mehr brauchte ich damals nicht zum glücklich sein. Doch wie es so ist, der Dampf war zuende und ich suchte nach einer "Ersatzdroge". Mit der Wendezeit kam auch bei der deuitschen Reichsbahn eine vollkommen neue Entwicklung. Der Güterverkehr brach zusammen und vor allem ältere Lokbaureihen wurden überflüssig. Die spritzschluckende "Taigatrommel" war da besonders im Blick, aber auch die älteren 118 standen zum Abschuss bereit.

    Ich verfolgte die Leistungen der Wahrener V200 zw. Leipzig und Zeit, sowie Zeitz - Altenburg. Noch wurde hier kräftig gefahren und das kräftige wummern brachte hier im mitteldeutschen Raum deren Spitzname "Wumme" ein. In Zeitz war teilweise der Lokschuppen voller V200 und ab und an gesellte sich noch eine 231 aus Weißenfels hinzu. Es gab noch Doppelbespannungen und diverse Sonderleistungen. Wer aber einmal den Zweitakt Diesel vor einen 1500t Zug erlebt hat, weiß - dass ist ein Sound! Vor allem die tiefe Frequenz machte es spannend. Aber ohne Schalldämpfer sorgten die V200 in den 60ern gerade hier in Leipzig für richtig Ärger. relativ schnell entwickelte man in Meiningen einen Schalldämpfer der DR Bauart, später wurden V200 in Serie mit Schalldämpfer ausgestattet.

    Im Jahr 1994 sollte nun das Ende kommen, die letzte V200 mit einer HU war 220 295 und gehörte mit 220 353 und 288 zu den letzten aktiven Einsatzloks und sahen auch noch gut aus.

    Im Bw Wahren wurden am 26.5.1994 nochmals alles was da ist vor das Haus gestellt. Dabei war es sehr interessant, wie Variantenreicht die Loks noch waren.

    220 364 kam noch 1993 nach Wahren, es war einer der Stendaler Neuzugänge, war aber kaum noch im Einsatz.

    Volles Haus am Schuppen 1, heute ist das Gelände ein Los Places, obwohl in den 90ern noch in neue Telefonanlagen, Elektrik investiert wurde.

    Blick zu den drei Stendaler Neuzugängen, dort scheint man ja ein aggressives Putzmittel gehabt zu haben, die Loks sahen eher rosa aus :)

    Nochmals die Sicht an der Drehscheibe, links unverkennbar die braunschwarze 220 206, so scheiße wie so aussah, aber sie rollte und war beim Personal sehr beliebt. 220 295 war schon mit Girlanden für die Abschiedsstour geschmückt.

    Hier sieht man mal, wie eine Baureihe auch unterschiedlich aussehen kann. 220 206 entspricht mit ihrem "Kühlergrill" noch dem Lieferzustand, 220 195 war ebenfalls in altrot, aber schon modernisiert und dann noch 220 298 mit kleiner Bauchbinde. Die Loknummern wurden scheinbar auch sehr willkürlich an die Maschinen geklebt.

    Hier nun 220 193 in altrot, wobei obenherum es wohl mal erneuert wurde. 220 030 hatte eine breite Bauchbinde und nicht mehr die Chromeeinfassung und 220 063 nur eine dünne Bauchbinde. Auf den Zwischengleisen standen die vielen arbeitslosen Kö, die auf ihre Schneidbrenner warteten.

    Auch eine alte Wahrenerin war die 220 176, die aber nicht am Schuppen 1 stehen durfte, denn sie war noch mit zwei weiteren Maschinen im Planeinsatz.

    Nicht alle Kö waren arbeitslos und beendeten so ihr Leben, diese Maschine hatte Pech und wurde Opfer einer Flankenfahrt.

    Nun sollte es zur offiziellen Abschiedsfahrt gehen, 220 295 steht schon auf der Scheibe.

    220 295 + 220 353 verlassen das Bw

    Die Fußgängerbrücke überquerte die Bahnhofsgleise des BW und des Rangierbahnhof und von hier war das bunte Treiben gut zu beobachten.

    Vom Personenbahnhof geht es jetzt in den Güterbahnhof. Man hat hier wahrlich die schönsten V200 ausgewählt.

    In Leipzig Wahren begann 1967 die Ära der M62/ V200 bei der Deutschen Reichsbahn und 1994 sollte hier Schluss sein, auch in Dresden war im selben Jahr, nur wenige Monate später, auch Dienstende für die V200. Tschüss alte Wumme.....

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Moinsen,


    BRBler - feine Zeitreise... war 1991/1992 für ein 1/2-Jahr im Bw Wahren ( als Bw Südler ) zur E-Lokausbildung BR 242/250 und nicht ein Foto gemacht ( war ja Alltag ).

    Aber bissel was gibt es doch - war 1990 bei der Einweisung vom Briefkasten BR 102.1 beim unvergessenen Probellorwilli ( feiner Kerl ). War eine scheene Zeit.

    Der Mügelner Saarsachse

    Profen

    Bw Wahren - unvergessen !!!

    IV K - Fan

  • Hallo auch von mir,

    ja, die Wummen, plötzlich waren sie weg und Fotos hat man, wie Thomas weiter oben beschreibt, nur wenige gemacht. Zumindest kann ich noch ein Video von meinem "Lindenauer Kanal" von der Abschlussveranstaltung zur Schließung des Bahnbetriebswerkes Leipzig-Wahren vom September 1994 anbieten:

    Wie immer waren natürlich die Stars der Veranstaltung die "dampfenden", aber es stehen auch noch eine Anzahl von Wummen mit im Bild. Viel Spaß beim Anschauen

    wünscht der Lindenauer

    Micha

  • Einen guten Abend ins Forum,

    dreißig Jahre alte Bilder, aber Bilder aus einer anderen Zeit. Ganz weit weg, ganz großes Kino. Anfang des Jahres habe ich die weitläufige Wüste besucht, die Rangierbahnhof und Bw nunmehr sind. Besonders krass im direkten Vergleich. Mir jedenfalls fiel vor Ort an vielen Stellen die Orientierung schwer.

    wahren-drehscheibe2.jpg

    Blick über Drehscheibe und Lokschuppen 2 zu den Wassertürmen, Wildwuchs hat die Reste in Beschlag genommen


    wahren-drehscheibe.jpg

    Ein ähnliches Bild am Lokschuppen 1, in der Scheibengrube hat sich ein vermeintliches Biotop angesiedelt


    wahren-posten3.jpg

    Nur in den Wintermonaten hebt sich das Postenhäuschen an der Drehscheibe noch aus der Vegetation


    wahren-posten4.jpg

    Blick von Osten auf den Posten an der Fußgängerbrücke, von der nur noch Fundamentreste stehen

    Und auch hier ist wieder alles von Selbstverständlichkeiten eingerahmt. Natürlich braucht man hier und heute keinen Rangierbahnhof mehr, ein Bahnbetriebswerk ist auch nicht mehr notwendig und Wassertürme wie Lokschuppen stehen unter Denkmalschutz ...


    Vielen Dank für die schönen Bilder! Alltag und Aufmerksamkeit - Eine seltene Mischung.

    Euch ein schönes Wochenende,

    Ingolf

  • Moin Thomas,

    schönes Thema hast du da aufgemacht. Viel kann ich nicht dazu anbieten, denn gerade Leipzig-Wahren habe ich nur zwei Mal besucht.

    Eine Wahrener Lok habe ich noch als 120er anzubieten, aber nicht in Wahren. Am 13.12.1991 habe ich die 120 041 aus dem Zugfenster in Regis-Breitingen abgelichtet.


    Am Tag der Republik, ach nee, war ja nicht mehr, 07.10.1993 besuchte ich das Bw Wahren mal. An Trommeln konnte ich da finden:

    bei der Ankunft, leider deshalb nur von der Schattenseite, gleich der Star 220 295.


    im Bw dann 220 137,


    220 164,


    im Schuppen 220 169,


    220 224 (mit Altenburger Untersuchungsdaten) und die 220 169,


    220 227,


    220 233.


    Am 19.10.1993 war ich noch mal in der Gegend, an 220-Bildern fielen aber nur zwei ab. Hinter der 232 558 (Leipzig Süd) die 220 206,


    und die 220 288.


    Das war es schon. In der Gegend um Zeitz habe ich auch noch Wahrener Maschinen abgelichtet, wenn ich mich nicht irre.

    Gruß

    Carsten

  • Hallo Wummen-Freunde,

    am 28.01.1993 besuchte ich ebenfalls das Bw L-Wahren. Ich glaube, ich hatte die Bilder in einem anderen Zusammenhang schon mal gezeigt, aber da sie perfekt hierher passen:


    220 227 auf der Drehscheibe


    V200 515 der Wismut und dahinter die 220 176

    Viele weitere Loks dieser Baureihe fotografierte ich um Meuselwitz, Gera, Riesa und Dresden, aber das wäre ein anderes Thema.

    Viele Grüße
    Toralf

  • Hallo,


    dazu passend ein Auszug aus unserem Beitrag.

    Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist comp_1994-05-28_cossen1_220_29528835356565_lbl-dkw.jpg

    Zum Sommerfahrplanwechsel'94 schieden die 220 des Bw Leipzig-Wahren aus dem Plandienst aus. Zum Abschied ließ man die drei optisch gepflegtesten Exemplare am 28. Mai 1994 noch einmal vor der Kohle nach Küchwald ihre Stärke zeigen. Im Bahnhof Cossen waren 220 295, 220 288 und die seit Borna schiebende 220 353 mit Gag 56565 von Zwenkau nach Küchwald unterwegs.


    MfG

    MBC

  • Hallo in die Runde,

    ich hätte da mal eine Frage, vielleicht hat ja jemand dazu kompetentes Hintergrundwissen, möchte aber keine Endlos DSO Diskussion auslösen. Über eine sachlich/fachliche Antwort würde ich mich freuen.

    Wie kam es eigentlich dazu, dass man ( LEG ) die letzte Leipziger Trommel unbedingt nach Polen abgegeben/verkauft hat ? Gab es keine Interessenten in der Museumsbahnszene, die die Lok hätten übernehmen können/wollen oder war man auf den Erlös angewiesen ? Eine Alternative wäre vielleicht als Ersatzteilspender für die Staßfurter Lok gewesen.

    Gruß Jan

  • Moin Jan,

    kompetente Antworten bekommst du auch auf DSO. Zumindest im Historischen Forum. Da tummeln sich nicht die üblichen, Werbeloks u.a. hinterherjagenden Stippis, sondern User, die über das Hintergrundwissen verfügen könnten.

    DSO-typische Diskussionen gibt es auch hier zu Genüge, siehe "Betrieb der HSB", wo es gefühlt ca. 5 Prozent um den wirklichen Betrieb der HSB geht.

    Ich kann dir aber allerdings auch keine Auskunft geben, warum die LEG die Lok abgegeben hat. Zu der Zeit hat die LEG zunehmend auf die BR 232 gesetzt, was nun auch schon wieder vorbei ist. Auf jeden Fall wäre für die 220 295 eine neue HU fällig gewesen...

    Gruß

    Carsten

  • Im Prinzip ist es ganz einfach! In Polen kamen zu der Zeit die privaten EVU auf, die dringend Loks suchten und dafür Spitzenpreise zahlten. Die Wumme/Gagarin als die schwere Güterzugdiesellok Polens schlechthin war dabei bei den neuen EVU besonderst begehrt. Die Staatbahn PKP dachte zu dieser Zeit ähnlich wie die DB AG und wollte ihre Loks nicht an die Konkurrenz verkaufen. Also suchten die neuen Privatbahnen im Ausland und wurden eben auch in Deutschland fündig. Man kaufte den gesamten verfügbaren deutschen Wummen-Bestand weg! Das Geld für die Wummen konnte man bei der LEG natürlich gut gebrauchen, um den Betrieb auf die leistungsfähigere, wartungsärmere und, hinsichtlich DK- und Ölverbrauch, erheblich sparsamere BR 132/232 umzustellen.

    Mit V 200 507 (ex CSD) ist übrigens eine von den ex LEG-Wummen seit einigen Jahren wieder in Deutschland bei der EBS im Einsatz. Um den Verbrauch zu reduzieren, wurde die Lok aber remotorisiert, mit einem speziell an die Peripherie der Wumme angepassten Kolomna 5-2D49 ähnlich der BR 233. Man ist mit dieser Lok bei der EBS hochzufrieden, da sie durch diese Maßnahme, ähnlich der BR 232/233/241, sehr genügsam im Spritverbauch geworden ist. Die 220 295 fährt dagegen heute als M62K-1007 durch Polen und wurde vor Jahren ebenfalls mit dem modernen Kolomna 4-Takter remotorisiert.