Letztes Fahrdienstleiterstellwerk der Bauart Gaselan geht im Juni außer Betrieb.

  • Mitte nächsten Monat geht nun mit dem Fahrdienstleiterstellwerk Johanngeorgenstadt der letzte Fdl mit Gaselan Zweireihen Stellwerk außer Betrieb.
    Dann gibt es nur noch einen Wärter in Unterwellenborn (auch Stillegungsbedroht) und das Museumsstellwerk W3 in Schwarzenberg.

    Mal sehen wie ich es zeitmäßig schaffe, ich versuche die nächsten Tage mal ein klein wenig über diese Bauart zu schreiben.
    Ist vielleicht mal für den einen oder anderen Interessant.
    Lg André

  • Hallo

    Als Lehrling mußten wir einige Betriebsstellen kennen lernen,so war es 1969 wo ich beim Signalposten Aue war.So hatten wir mit einen Signalwerker in Schwarzenberg die Stellwerke 2 u 3 destilliertes Wasser an den Batterien zu ergänzen.Wir konnten nach ca zehn Minuten erst in den Batterienraum eintreten,wegen Gase trotz Abzugeinrichtung.

    Dietmar

  • Ja, 75 Jahre alte Technik hat langsam ausgedient.


    2003 habe ich hierzu im Pre'ßkurier nachfolgenden Artikel veröffentlicht mit Zuarbeit von Axel Schlenkrich:


    Museumsstellwerk 3 in Schwarzenberg

    Im Februar 2003 konnte endlich für das Stellwerk 3 des Bahnhofes Schwarzenberg ein Mietvertrag abgeschlossen werden. Im Gegensatz zu anderen von der DB abgegebenen Stellwerken wird es jedoch weiterhin in Betrieb zu erleben sein. Es soll zukünftig die Bedienung der Anschlußbahn, vor allem bei größeren Veranstaltungen vereinfachen. Die interessante und seltene Bauart war ein weiterer Grund für die Erhaltung.

    Stellwerksgeschichte

    Der Bahnhof Schwarzenberg war zwar seit dem letzten großen Umbau um 1902 mehrfach erweitert worden, eine grundlegende Modernisierung der Sicherungstechnik erfolgte jedoch nicht. Dies sollte sich ändern, als nach 1946 die sowjetische Besatzungsmacht mit dem Abbau von Uranerzen im Raum Johanngeorgenstadt begann. Die Strecke von Johanngeorgenstadt über Schwarzenberg und Aue nach Zwickau wurde zu einer wichtigen Abfuhrstrecke für die Erze und für den Berufsverkehr tausender Bergarbeiter zu den Schächten und 1951 zweigleisig ausgebaut.

    Um die Bildung von Rangier- und Fahrstraßen zu beschleunigen, wurde der Bahnhof mit drei elektromechanischen Stellwerken der Bauart „Gaselan“ ausgerüstet. Stellwerk 1 befindet sich als Fahrdienstleiterstellwerk am Ostkopf des Bahnhofes. Stellwerk 2 liegt in der Mitte des Bahnhofes und war für die Reisezugausfahrten und die Ladegleise des Güterbahnhofes zuständig. An das Stellwerk 3 waren die Sicherungsanlagen für die Einfahrt aus Richtung Aue sowie die Güterzugausfahrten und der Ablaufberg mit Bahnbetriebswerk angeschlossen.

    Die Stellwerke gingen mit Inbetriebnahme der zweigleisigen Streckenführung im Sommer 1951 in Betrieb. Die Bahnhöfe Aue und Johanngeorgenstadt erhielten ebenfalls Gaselan-Stellwerke.

    Die Stellwerks-Bauart „Gaselan“

    Neben den mechanischen Stellwerken, die mit erheblichem Kraftaufwand zu betreiben waren, hatten bei der Deutschen Reichsbahn ab 1906 elektromechanische Stellwerke zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie ermöglich durch den elektrischen Weichen- und Signalantrieb ten zudem größere Stellbereiche, da die Stellänge nicht mehr durch den Kraftaufwand begrenzt war.

    Bedingt durch die Teilung Deutschlands befanden sich nach 1945 die Hersteller der elektromechanischen Technik in den Westzonen bzw. den Westsektoren Berlins.

    Für die 614 elektromechani­schen Stellwerke des Alleinherstellers Siemens lieferten bis zur Währungsreform 1948 die Sie­mens-Betriebe in West-Berlin und Braun­schweig noch Ersatzteile in beschränktem Um­fang.

    Danach standen der Deutschen Reichsbahn Hersteller elektromechanischer Stellwerke nicht zur Verfügung, lediglich die Privatfir­men Weinitschke und Gast in Berlin, die aber ausschließlich Teile für mechanische Stellwer­ke produzierten. Die Paul Weinitschke GmbH wurde 1948 in Volkseigentum übergeführt und vom 1. Mai 1951 an als Werkteil dem VEB Gaselan unterstellt.

    Für elektromechani­sche Stellwerke lagen weder dem neuen VEB noch einer anderen Firma in der DDR Konstrukti­onszeichnungen und Fertigungsunterlagen vor. Deshalb forderte 1949 die Generaldirektion der Deutschen Reichsbahn, sofort einen volks­eigenen Betrieb auszuwählen, der das Stell­werk der Bauart Siemens nachbauen konnte.

    Das Ministerium für Maschinenbau beauftrag­te das Funkwerk Köpenick, solche Konstrukti­onszeichnungen und Fertigungsunterlagen anzufertigen, was den wenigen Facharbeitern mit Kenntnissen über den Bau von Siche­rungsanlagen gelang. 1950 begann die Pro­duktion von Ersatzteilen, und im gleichen Jahr nahm der VEB Gaselan die Herstellung des elek­tromechanischen Zweireihenstellwerks auf.

    Stellwerkstechnik

    Das Gaselan-Stellwerk ist ein elektromechani­sches Zweireihenstellwerk.

    Es besteht aus:

    • dem Hebelwerk, mit dem ein Blockwerk verbunden sein kann
    • den Kabeln mit Zubehör
    • den Antrieben
    • der Stromquelle
    • den Schalttafeln.

    Zum Stellen der Weichen, Gleissperren und Signale dienen Hebel, die nach ihrem Zweck verschiedenfarbig gekennzeichnet sind:

    - blau: Weichen­-, Gleissperren- und Riegelhebel

    - blau mit rotem Ring: Hebel der Gleissperrsignale, Deckungsscheiben und Signale für Sperrfahrten und Schiebeloko­motiven

    - grün: Befehls-, Zustimmungs-­ und Fahrstraßenhebel

    - rot: Haupt­ und Vorsignalhebel (beide Signale sind durch einen Stromkreis gekuppelt)

    - weiß mit rotem Ring: Blockhebel.

    Die Hebel sitzen in zwei Reihen zu 16 Stück auf der Tischplatte, so daß auf ihr 32 Hebel Platz haben. Für Stellwerke mit mehr als 32 Hebeln wurden mehrere Tische aneinan­dergereiht. Die Deutsche Reichsbahn "entla­stete" einige Stellwerke, indem sie Teile der Gleisbildstellwerke verwendete, mit denen die Hauptsignale und das Signal Ra 12 bedient werden.

    Die Hebel des Gaselanstellwerks sind umleg­bar auf Achsen gelagert, die an der Tischplat­te durch Gußblöcke gehalten werden. In den Endstellungen sind die Hebel durch eine Handfalle gesichert.

    Vor dem Bedienen muß der Hebel niederge­drückt und dadurch entklinkt werden. Gekup­pelte Weichen, Gleissperren usw. werden durch einen Hebel umgestellt, Wird der Hebel um­- oder zurückgelegt, so folgen der Antrieb und mit ihm die Weichenzungen oder die Gleissperre diesen Bewegungen. Die Be­fehls-, Zustimmungs­- und Fahrstraßenhebel können zunächst nur bis zu 20° umgelegt wer­den, wodurch sie die abhängigen Weichenhe­bel festlegen und "feindliche" Fahrstraßen ausschließen. Werden die Hebel vollständig umgelegt, gehen der Befehl oder die Zustim­mung an das abhängige Stellwerk, durch den vollständig umgelegten Fahrstraßenhebel wird der Hebel des abhängigen Signals frei.

    Um das Umlegen von Hebeln zeitweise zu verhindern, werden Hilfssperren verschiedener Bauarten verwendet.

    Zum Stellwerk gehören verschiedenfarbige Lampen, die beispielsweise den Eingang eines Befehls, den festgelegten Fahrstraßenhe­bel anzeigen oder melden, daß der Zug die isolierte Schiene für die Einfahrt geräumt hat und zurückgeblockt werden kann (Lampen der Blockhebel – weiß bzw. rot).

    Die Abhängigkeit zwischen den Signal-­ und Weichenhebeln wird innerhalb des Stellwerks mechanisch hergestellt (deshalb der Begriff elektromechanisches Stellwerk) durch Schubstangen, die unter dem Hebeltisch zwi­schen den senkrechten Verschlußwellen der Weichenhebel übereinander liegend angeord­net sind und durch die Fahrstraßen-, Befehls- ­oder Zustimmungshebel bewegt werden.

    Die Weichen- und Signalantriebe arbeiten in der Regel mit einer Spannung von 136 V, alle anderen Einrichtungen mit 40 V.

    Die Aufgaben des Stellwerkes 3

    Das Stellwerk lag am nordwestlichen Bahnhofskopf des Schwarzenberger Bahnhofes und war im wesentlichen für den Güterverkehr zuständig. So wurden von hier die Einfahrten aus Richtung Aue auf dem Personenzuggleis und dem Gleis der separaten Güterzugeinfahrt gestellt. Erhebliche Bedeutung kam dem Rangierverkehr zu, für den ein Ablaufberg mit ca. 300 m Ausziehgleis entstanden war. Zum Aussortieren von Schadwagen wurde hinter dem Stellwerk 3 eine Gruppe von Schadgleisen angelegt.

    Mehrfach wurden die Gleisanlagen im Umfeld des Stellwerkes 3 umgebaut. So entfielen zunächst die Güterzugeinfahrt aus Aue, später auch einzelne Gleise des Bahnbetriebswerkes. Neu dazu kam ab den 70er Jahren das Anschlußgleis des Heizwerkes.

    Bis in die neunziger Jahre hinein war das Stellwerk rund um die Uhr besetzt. Erst der Rückgang des Güterverkehrs nach 1990, der zu Betriebspausen in der Nacht führte, schränkte den Betrieb ein.

    Im Herbst 2001 wurde die Strecke zwischen Aue und Schwarzenberg im Rahmen einer grundhaften Sanierung auf eingleisigen Betrieb zurückgebaut. Gleichzeitig wurde die Güterabfertigung von Schwarzenberg nach Grünstädtel verlegt. Auf dem Stellwerk 3 wären damit nur noch die Funktionen für die Einfahrten aus Aue und die Zufahrt zum inzwischen vorhandenen Eisenbahnmuseum verblieben. Aus diesem Grund legte die DB Netz das Stellwerk schließlich still, die Sicherung der Einfahrt aus Aue wurde zum Stellwerk 2 verlegt, gleichfalls die Sicherung der Anschlußweiche zur VSE-Anschlußbahn.

    Die Zukunft der Gaselan-Stellwerke

    Brachten sie einst eine deutliche Beschleunigung in der Fahrstraßenfestlegung und entlasteten die Stellwerkswärter von schwerer körperlicher Arbeit, so stellen die personalintensiven Stellwerke im Computerzeitalter inzwischen einen Anachronismus dar.

    Die Entwicklung elektronischer Stellwerkstechnik durch die Bahntechnikhersteller ist inzwischen derart vorangeschritten, das für die Überwachung und Steuerung ganzer Strecken nur noch wenig Personal benötigt wird. Diesem Grundsatz wird die Erzgebirgsbahn, inzwischen Eigentümer und Betreiber der Strecken rund um Schwarzenberg, auch Rechnung tragen müssen.

    Im Rahmen der Sanierung des Bahnhofes Aue, der gleichfalls mit der Stillegung umfangreicher, nicht mehr benötigter Gleisanlagen einherging, wurden im Herbst 2002 die noch mit Gaselan-Technik ausgerüsteten Stellwerke 1 (an der Bahnhofsbrücke), 2 (am ehemaligen Bw) und 3 (gegenüber dem Bw an der Chemnitzer Strecke) stillgelegt. Als Zwischenstufe wurde auf dem Fahrdienstleiterstellwerk 1 ein Gleisbildstellwerk eingerichtet. Mittelfristig ist der Anschluß des Bahnhofes an ein elektronisches Stellwerk geplant, daß sich in Chemnitz befinden soll.


    Viele Grüße

    Falk

  • Ich wusste gar nicht, dass Fahrdienstleiter Bauarten haben! ;)

    Stellwerker wissen was gemeint ist..
    Es ist ein Unterschied ob ein Stellwerk ein Fahrdienstleiterstellwerk ist oder ob es ein Wärterstellwerk ist.
    Aber wenn man etwas falsch verstehen möchte kann man das natürlich auch...

  • Für elektromechani­sche Stellwerke lagen weder dem neuen VEB noch einer anderen Firma in der DDR Konstrukti­onszeichnungen und Fertigungsunterlagen vor. Deshalb forderte 1949 die Generaldirektion der Deutschen Reichsbahn, sofort einen volks­eigenen Betrieb auszuwählen, der das Stell­werk der Bauart Siemens nachbauen konnte.

    Wobei Gaselan nicht auf Siemens sondern auf Pintsch aufbaut (Das letzte dieser Bauart in Deutschland war übrigens bis vor einigen Jahren in Neukieritzsch als W1 in Betrieb, Bj 1943 im Jahr 2021 ersetzt durch GSII für Umbau ESTW) das wiederum eine O&K Entwicklung darstellt. Scheid & Bachmann hat dies u.a. in Lizens gebaut (in Nürnberg Ost Stw 1 und 2), O&K firmierte nach der Enteignung unter MBA vormals O&K und wurde von Pintsch aufgekauft.

    Es gibt aber noch 4 Stellwerke der Bauart Pintsch wovon sich zwei in Polen (Lębork) und zwei in Tschechien (Most nové nádraží) befinden.
    Gruß André

    Einmal editiert, zuletzt von 50 3604-1 (26. Mai 2024 um 21:20)

  • Niels du darfst auch gerne deine Meinung in Worte fassen.. Was genau ist an Wärter und Fahrdiensleiterstellwerken so traurig?
    Soll ich lieber über Öffnungszeiten von Lokschuppen im Harz referieren als über doofe Elektromechanische Stellwerke im Erzgebirge, damit es dich nicht so emotional berührt ? Du musst mir das schon mitteilen.. ^^

  • Stellwerker wissen was gemeint ist..
    Es ist ein Unterschied ob ein Stellwerk ein Fahrdienstleiterstellwerk ist oder ob es ein Wärterstellwerk ist.
    Aber wenn man etwas falsch verstehen möchte kann man das natürlich auch...

    Sorry, dass ich über die Formulierung gestolpert bin. Die meisten hier sind wahrscheinlich wie ich keine Stellwerker. Ich finde es schade, dass du mir Absicht unterstellst.

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Sorry, dass ich über die Formulierung gestolpert bin. Die meisten hier sind wahrscheinlich wie ich keine Stellwerker. Ich finde es schade, dass du mir Absicht unterstellst.

    Eckard ruhig Blut... ich mag das vielleicht etwas spitz ausgedrückt haben, manches liest sich aber vielleicht auch anders als es gemeint ist.
    und ich hab es doch erklärt was gemeint ist oder? Das ich schreibe das Stellwerker wissen was gemeint ist, ist nicht der Vorwurf das du es nicht weißt, sondern die Erkenntnis das man manchmal dazu neigt Wissen als gegeben anzusehen.

    Das ist so ein bisschen das Problem das man auf der W3 hat, wenn man Leuten das Stellwerk erklärt.. Erkläre jemanden ohne Kenntnisse mal ein Stellwerk ohne ins Detail zu gehen.. :) Du merkst dann am fragenden Blick das der Zuhörer überfordert ist.. Hatte ich zb als ich mal so nebenbei die Definition der "Signalabhängigkeit" runter sprach und die Augen immer größer wurden.. Die kennt natürlich jeder der zuhause eine Modellbahn hat. ;)
    Gruß André

  • 50 3604-1 27. Mai 2024 um 23:28

    Hat den Titel des Themas von „Letzter Fahrdienstleiter der Bauart Gaselan geht im Juni außer Betrieb.“ zu „Letztes Fahrdienstleiterstellwerk der Bauart Gaselan geht im Juni außer Betrieb.“ geändert.