Erinnerungen an die Uerdinger der Prignitzer Eisenbahn

  • Liebe Freunde,

    die 90er waren für Eisenbahnfans vom Wandel geprägt. Die DR brachte gerade eben bis zu Erschöpfung noch Leistungen auf der Schiene, es kam die Wende und Monat für Monat änderten sich Dienstpläne und Umläufe. Im nie gekannten Ausmaß wurden nun Lokomotivbaureihen abgestellt und auf stillgelegten Bahnstrecken standen lange Schlangen von Güterwaggons, welche auf ihre Verschrottung warteten. Auch die Streckenkarte schrumpfte, erste Strecken wurden wegen Oberbaumängel eingestellt, es folgten die bekannten verdächtigen, welche schon lange auf der roten Liste der DR standen. Ich bin ja bekanntlich eher der Dampftraktion und Schmalspur/Feldbahn zugeneigt, aber das wilde Leben der 90er zog mich auch zu Nebenbahnen und nun interessanten Baureihen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts tummelten sich im Osten Deutschlands die ersten Privatbahnen. Die Prignitzer Eisenbahn war eine der ersten in Brandenburg, welche im besagten Landschaftsgebiet die Nebenbahnen retten sollte. Schlanke Verwaltung, altbrauchbare Fahrzeuge und regionalen Bezug - das warten die Zutaten für den ersten Erfolg. In dem kleinen Städtchen Putlitz gab es einen echt romantischen Kleinbahnhof mit einer Werkstatt und einer Hand voll Gleise, wo einiges hinbestellt werden konnte. Diese "Feldwerkstatt" war zu jener Zeit das Herz der PEG, die ihren Nahverkehr hauptsächlich mit Uerdinger Schienenbussen betrieb. Im Güterverkehr waren V100 und teilweise importierte V200 im Einsatz.

    Heute ist aus der kleinen PEG eine ganze EVU Gruppe, nebst großer Werkstatt und vielen Beteiligungen geworden. Da möchte ich doch gern auf Wikipedia verweisen.

    Noch bis 2001 verkehrten PEG Triebwagen auf de Strecke Rathenow - Neustadft/D. Wie auch in anderen Beispielen war die Anschlussgestaltung das Problem, man kam an und erreichte nicht die weitergehenden Züge. Die Strecke war auch nicht aufgewertet worden, so das sich die Fahrgastzahlen in Grenzen hielten. Dennoch war hier vorerst keine Abbestellung geplant, für den Ausbau der Schnellfahrstrecke Berlin - Hannover gab es sogar einen Satz neuer Brücken.

    Zu jener Zeit wurde noch in Rathenow gebaut, für mich fraglich - warum der Fußgängertunnel unter den Gleisen derart breit und riesig wurde, hier hätten zwei PKW nebeneinander großzügig Platz. Geld wurde hier scheinbar genug verbrannt.

    Rhinow war ein gepflegter Zwischenbahnhof und noch eine Kreuzungsmöglichkeit. Zur BUGA 2015 hätte diese Bahnstrecke die Referenzstandorte super erschlossen, aber man hatte schon ohne Stilllegung die Gleise entfernt und vollendete Tatsachen geschaffen.

    Jetzt ein Sprung in den Norden nach Pritzwalk. Von hier aus brummten die Uerdinger nach Neustadt D. , Putlitz und Meyenburg.

    Die Uerdinger waren in den damaligen hausfarben blau/rot anzutreffen, ab und an gab es aber Exoten in rot und blauweiß.

    In Neuruppin traf ich im dortigen "Rest" Bw einen PEG Triebwagen an. Planmäßig war die PEG hier nicht im Einsatz.

    Mit "Pommesduft" kam dieser Triebwagen in Putlitz an. Die PEG rüstete sehr früh ihre Fahrzeuge um, damit Rapsöl genutzt werden konnte und welche vor Ort im Anbau stand.

    Eine Szene für unsere Rubrik "Einen Moment Ruhe..." so könnte man meinen. Hier läuft alles ein wenig entspannter ab und dennoch ist es keine Museumsbahn oder sonstiger Freizeitspaß. Und zu jener Zeit waren die Züge für solch eine kleine Strecke gut besetzt.

    Für den Verschub an der Feldschmiede stand eine ehemalige Werklok zur Verfügung, natürlich auch in Hausfarben.

    Auch eine V100 gehörte zum Bestand und eine Menge an Arbeitsvorräten. Die Gleise liegen natürlich in Kies.

    Auch eine Kö konnte ich sichten, war aber nicht im Einsatz und ohne Fristen.

    Auch eine V60 in Hausfarben präsentierte sich hier.

    Ein interessantes Fahrzeug auf den Abstellgleisen.

    Nicht mehr im Einsatz stand diese V200, mit diesen Loks begann die PEG in den großen Güterverkehr einzusteigen, aber löste relativ schnell die V200 von anderen Baureihen ab.

    Der bekannt Altmärker Beiwagen aus Salzwedel befand sich schon in Aufarbeitung, ich glaube, den findet man heute in Wittenberge.

    Gearbeitet wurde an meinem Besuchstag nicht in der Werkstatt, es war total ruhig und es roch nach Landwirtschaft.

    Ob die roten Beiwagen aufgearbeitet werden sollten oder nur Ersatzteilspender waren, kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

    Diese V10B hatte schon die Gleise verlassen.

    Vollkommen unbekannt sind mir diese Waggons, die sicherlich von einer NE Bahn stammten.

    Und wieder Pritzwalk mit dem sehr mächtigen Wasserturm.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo,

    danke für diesen schönen Bilderbogen der sofort Kindheitserinnerungen weckt. In Rathenow konnte man damals in der Bahnhofsgaststätte einen kleinen Imbiss zu sich nehmen, bevor es mit der Oma nach Rhinow ging. Auch hier bestand allerdings das von dir erwähnte Problem der Anschlüsse. Ich glaube es war um die eine Stunde Wartezeit in Rathenow zu überbrücken. Der Duft der Triebwagen war einmalig und ich fand es natürlich toll, dass man dem Triebwagenführer über die Schulter schauen konnte.

    VG Martin

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    Mein Feldbahn-Blog

  • Hallöle.

    Hier noch ein paar Bilder aus Meyenburg von 2013:

    Der Führerstand

    Ein Triebwagen im Aufbau

    Vor dem Lokschuppen stand noch eine frische Ferkeltaxe

    Bei Interesse kann ich noch ein paar Fotos der Doppelstock Schienenbusse beisteuern.

    Gruß

    Martin

    Einmal editiert, zuletzt von IVkler (5. August 2024 um 19:35) aus folgendem Grund: Fippfehler.

  • Danke für deine Bilder. Die "moderne" Farbgebung der Uerdinger empfand ich weniger gelungen.

    War ja ganz schön groß der Schuppen..

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo Freunde der VT 98,

    erstmal ein ganz großer Dank an Thomas!
    Endlich mal wieder ein Thema, zu dem ich in bescheidenem Maße auch etwas beitragen kann. Ende der 90er war ich einige Male im südlichen Mecklenburg und in der Prignitz unterwegs und mir begegneten die knatternden Brummer dabei auch manchmal. Sie wurden als "Beifang" während irgendwelcher Dampflokfahrten dann auch dankbar mit ins Bild genommen. Einige Bilder sind es wert, hier gezeigt zu werden.

    Die Prignitzer Eisenbahn bediente mit ihren VT 98 unter anderem auch "grenzüberschreitend" die Linie von Pritzwalk in Brandenburg bis nach Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Zum Fahrplanwechsel im September 2000 war dann nördlich von Meyenburg Schluss. Das Land MV hatte den SPNV im mecklenburgischen Teil der Strecke wegen zu geringer Auslastung abbestellt.

    Beginnen wir in Plau am See. Wie gesagt, als "Beifang" wurden die kleinen blauen Triebwagen gern mit ins Bild genommen. Mein Hauptaugenmerk galt an diesem Apriltag 1999 natürlich der 52 8029, die mit einem Sonderzug aus Röbel gekommen war.
    Auch solch ein Kapitel aus dem Geschichtsbuch...

    Noch im Stadtgebiet von Plau überquert die Eisenbahnstrecke das Flüsschen Elde. Die PEG hatte zwei 798 von der Dürener Kreisbahn übernommen, die durch ihre auffällige Farbgebung in blau/creme auffielen. Nicht ganz regelkonform in der heutigen Zeit ist wohl die "Klimaanlage" zu sehen.

    Nur wenige Kilometer weiter in südlicher Richtung befindet sich der Bahnhof Ganzlin, wo die Strecke nach Röbel abzweigte. 1999 war der Bahnhof noch dauerhaft besetzt und mit Formhauptsignalen aus allen Richtungen gesichert. Heute endet hier der touristische Verkehr der Hanseatischen Eisenbahn aus Richtung Meyenburg schon mal an einem provisorischen hölzernen Bahnsteig, damit man die Schranken nicht bedienen muss.

    Anfang September 2000 war wieder einmal die 52 8029 auf Sonderfahrt unterwegs. Für einen ganz kleinen Kreis ging es nach Putlitz. Ein Hobby-Dampflokführer erweiterte hier seine Kenntnisse. Er hatte in Güstrow die Lokführerausbildung auf Dampf absolviert, gehörte aber keinem Verein an und kaufte sich beim Röbler Verein nun von Zeit zu Zeit Fahrten mit der 52.80 zur Weiterbildung. Die Lokfahrschule Güstrow ist bei DSO zufällig gerade Thema: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,10871475

    Pritzwalk war auf der Suche nach den blauen Brummern immer eine sichere Bank. Im Hintergrund wieder die 52 8029 auf ihrem Weg nach Putlitz. Auf einem Stumpfgleis warten gleich 3 Triebwagen auf neue Aufgaben. Ab Pritzwalk wurde außer nach Güstrow auch nach Putlitz, Kyritz bzw. Neustadt (Dosse) mit den Schienenbussen planmäßig gefahren. Meist kam ein Solofahrzeug zum Einsatz. Es gab nur wenige Fahrten in Doppeltraktion. Schief ist englisch...

    Irgendwie hatte ich immer wieder den Triebwagen mit dem Namen "Jakobsdorf" im Bild, auch hier neben 50 3708 im April 2000. Die Reko 50 weilte zu einer Plandampfveranstaltung auf der Strecke nach Güstrow in Pritzwalk.

    Zeitsprung ins Jahr 2013. Die Prignitzer Eisenbahn GmbH gibt es hier längst nicht mehr. Aus ihr ist u.a. die Eisenbahngesellschaft Potsdam hervorgegangen und sie betrieb bis zur Stillegung der Putlitzer Strecke noch immer auch mit einem 798 aus dem Erbe der PEG den bescheidenen Nahverkehr zwischen Pritzwalk und Putlitz.

    Der 798 610 hatte seinen blauen PEG-Anstrich schon wieder verloren und kam im klassischen DB-Outfit daher, als ich ihn am 2. Mai 2013 in Putlitz antraf. Bald tuckerte der Lokführer mit einem weiteren Kollegen los. Erst in Jakobsdorf gab es in Form einer Frau den ersten und einzigen echten Beförderungsfall. Dieser Restverkehr diente ja auch vor allem den Schülern aus der Gegend, die nach Pritzwalk zu einer Schule gefahren wurden. Diese vormittägliche Fahrt dürfte für sie uninteressant gewesen sein.

    Auch ein Bild für das Wasserturmthema. In Pritzwalk wartet unser Uerdinger auf Fahrgäste.

    Farbenfroh gestaltet steht der VT 670.3 daneben, mit dem EGP andere Strecken in der Prignitz bediente. Er fährt heute nicht mehr. Ob der 798 610 noch einsatzfähig ist, weiß ich leider nicht. Ich sah ihn im März 2019 durch einen Zufall das letzte Mal im Einsatz.

    Mit dem 670.4 gab es bei EGP einen weiteren Doppeldecker, der hier 2013 auch auf Fahrgäste wartete. Er stand im Mai 2024 in Putlitz, wohin er wohl vor der Gleisdemontage noch gerollt ist. Er kann von dort aber nur noch auf dem Straßenweg weg kommen, denn die Strecke nach Putlitz gibt es nicht mehr. Nur die Gleisanlagen des Bf. Putlitz blieben erhalten.
    Alle Fotos: Achim Rickelt

    Die Betriebseinstellung der Strecke Pritzwalk - Putlitz folgte 2016. Es gab mehrere Abschiedsfahrten, u.a. auch mit der Schweriner 91 134. Einige Fotos bei Bedarf. Die Keimzelle der Prignitzer Eisenbahn Putlitz ist aber auch heute noch Sitz der Nachfolgeorganisation Enon. Das Erbe der PEG lebt hier fort und konnte sich mit den verschiedenen Tochterfirmen erfolgreich am Markt etablieren.

    Home – ENON Gesellschaft mbH & Co. KG - ENON Gesellschaft mbH & CoKG

    Viele Grüße

    Euer Dampfachim

  • Hallo Thomas,

    vielen Dank für den Bericht und auch die Bilder aus der alten Heimat. Von 1976 bis 1980 war die Strecke Rhinow -Rathenow-Nord ein Teil meines Schulweges. Damals fuhren ja noch "richtige" Züge mit Dampf- und Dieselloks.

    Mit freundlichen Grüßen

    Hartmut