Hallo Kleinbahnfreunde,
bevor ich im Winter wieder mein Dia- und Negativ-Archiv für euch öffne, möchte ich euch noch auf eine Reise entlang der ehemaligen Oderbruchbahn einladen. Im zeitigen Winter und Frühjahr 2024 bereiste ich in mehreren Etappen die alte Kleinbahnstrecke von Wriezen über Groß Neuendorf, Zechin, Dolgelin, Seelow und Hasenfelde nach Müncheberg und fotografierte überwiegend an den ehemaligen Bahnhöfen und Haltepunkten die baulichen Überreste. Alle Aufnahmen entstanden zwischen dem 24. Februar und 8. März.
Die Oderbruchbahn stelle ich euch in mehreren Etappen vor:
- Von Wriezen nach Eichwerder
- Von Eichwerder nach Ortwig
- Von Ortwig nach Groß Neuendorf Hafen
- Von Groß Neuendorf nach Zechin
- Von Zechin nach Dolgelin
- Von Dolgelin nach Falkenhagen
- Von Falkenhagen nach Hasenfelde
- Von Hasenfelde nach Müncheberg
- Von Hasenfelde nach Fürstenwalde ... erscheint vorrausichtlich im Frühjahr 2025
Doch bevor die große Reise im nächsten Teil losgeht, wie immer ein ganz klein wenig ...
Geschichte
Die Oderbruchbahn mit einer Gesamtlänge von 111 km wurde auf Grundlage des Preußischen Kleinbahngesetzes unter der Leitung von Otto Techow projektiert und erbaut. Zwischen dem 6. Juni 1911 und 8. Oktober 1912 entstanden die Kleinbahnstrecken:
- Fürstenwalde - Hasenfelde - Dolgelin - Wriezen (96 km)
- Müncheberg Stadt - Hasenfelde (11 km)
- Friedrichsaue - Genschmar (4 km)
- Anschlußbahnen Zuckerfabrik Voßberg, Hafen Kienitz und Hafen Groß Neuendorf (6 km)
In Fürstenwalde, Dolgelin, Golzow und Wriezen bestand Anschluß an die Deutsche Reichsbahn, in Müncheberg Stadt an die 5 km lange Müncheberger Kleinbahn nach Dahmsdorf-Müncheberg.
Karte der Oderbruchbahn in ihrer maximalen Ausdehnung, abfotografiert von einer Schautafel.
1941 übernahm die Oderbruchbahn die Müncheberger Kleinbahn. Die letzten Kriegsmonate brachten erhebliche Zerstörungen, der Betrieb wurde vollständig eingestellt. Nahezu alle Brücken sprengte die Wehrmacht bei ihrem Rückzug, 8 Bahnhofsgebäude und viele Gleisanlagen waren durch die Kriegshandlungen zerstört. Erst im April 1946 konnte der Verkehr von Fürstenwalde nach Müncheberg und Dolgelin wieder aufgenommen werden, nach Wriezen blieb die Strecke weiterhin gesperrt. Am 23. März 1947 hieß es zudem "Land unter im Oderbruch". Bei Reitwein brach der Oderteich und innerhalb wenige Stunden versank das Oderbruch in seiner vollen Größe von Frankfurt bis nach Bad Freienwalde in den Fluten des Oderhochwassers. Zu Materialgewinnung für den Wiederaufbau demontierte man die Zweigstrecke nach Genschmar. Zudem verzichtete man ab Thöringswerder auf die Weiterführung zum Kleinbahnhof Wriezen, man nutzte die parallelen Gleise der Staatsbahn. In Etappen von 1948 bis 1950 konnte der Verkehr von Dolgelin nach Wriezen wieder aufgenommen werden. Am 1. April 1949 übernahm die Deutsche Reichsbahn die Oderbruchbahn.
Kursbuchtabelle 128b Müncheberg - Hasenfelde aus dem Sommerkursbuch 1956.
Kursbuchtabelle 128d Fürstenwalde - Wriezen aus dem Sommerkursbuch 1956.
Mein einziges Dia aus der Betriebszeit der Bahn, ersteigert vor ein paar Jahren bei Ebay. Der Autor ist nicht bekannt, vermutlich ist es aber Klaus Kieper aus meinem Nachbarort Ahrensfelde. Angegeben war "Hasenfelde, April 1963", was aber definitiv nicht stimmen kann. Meiner Meinung nach entstand die Aufnahme in Falkenhagen, der Zug fährt aus Richtung Hasenfelde kommend weiter in Richtung Seelow Stadt.
Zwischen 1965 und 1969 endete der Personenverkehr in mehreren Etappen auf allen Strecken der ehemaligen Oderbruchbahn. Bereits 1966 wurde der Gesamtverkehr auf der Strecke Dolgelin - Wriezen eingestellt. Um jedoch den Oderhafen in Groß Neuendorf aufgrund des großen Frachtumschlags weiter bedienen zu können, baute man eine neue Verbindungskurve von Rehfeld nach Voßberg Zuckerfabrik. Dort bestand Anschluß an die DR-Anschlußbahn nach Letschin an der Strecke Frankfurt - Eberswalde. Zum Jahresende 1971 endete aber auch dieser Restgüterverkehr zwischen Voßberg und Groß Neuendorf Hafen.
Karte des letzten Betriebszustandes der Oderbruchbahn mit der Neubaustrecke Voßberg - Rehfeld, abfotografiert von einer Schautafel.
Zwei kleine Reststrecken blieben auch weiterhin in Betrieb. Güterzüge fuhren noch von Fürstenwalde nach Waldfrieden bis 1995 und von Dolgelin nach Seelow Stadt bis 1994. Als allerletzten Rest der Oderbruchbahn gibt es heute noch ein Anschlußgleis von Fürstenwalde nach Fürstenwalde Nord, auf dem aber auch schon von mehreren Jahren der letzte Zug gefahren ist.
Im nächsten Teil beginnt nun unsere große Reise durch das Oderbruch in Wriezen ...
Viele Grüße
Toralf