Bau- und Betrieb bei der Schwarzbachbahn 2025

  • Ein Frühlingsbeginn, wie er schöner nicht sein kann...

    Wenn die Olsenbande ein Ding gedreht hat, stand vorher auch nicht in der Zeitung, wann der Coup steigt. Auch der Schwarzbachbahn-Verein war bei der gestrigen Nachricht also überrascht. Früh zum Arbeitseinsatz in Lohsdorf wurde noch gerätselt, wann das Feuer angeht - aber die Meinungen waren insofern eindeutig: die Maschinenwirtschaft weiß genau, was sie macht und wenn zu einem ersten Test was schief geht (und das kann hunderte Gründe haben...) braucht man kein großes Publikum, was im Weg steht und dann mit hängenden Ohren auf die Heimreise geschickt werden müßte.

    Wahre Helden arbeiten rastlos nahezu unsichtbar und erringen unaufhaltsam kleine Siege auf dem Weg, den sie selbst wählen und verfolgen. Ob sich jemand gewundert hat, als es 2020 losging und die 99 585 aus Schönheide nach Lohsdorf kam? Nicht nur gewundert... Die allgemeine Meinung klang in etwa so: "Jetzt sind die Schwarzbachbahner völlig übergeschnappt, jetzt wollen die in ihrer Feldschmiede eine Dampflok aufarbeiten..." Wobei "Feldschmiede" im ersten Step gar nicht so abwegig war, da es erst mal darum ging, zu prüfen, ob die Lok mit den zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt wieder an`s Leben gebracht werden kann.

    Abgedeckt und von den Schönheider Freuden ausgezeichnet konserviert, schlummert die 585 Mitte 2020 auf einem Nebengleis in Schönheide. Der Dreck der Jahrzehnte hat an den unzugänglichen Stellen vermischt mit Öl und Rostschutz eine für Wasser undurchdringliche Schicht geschaffen, die zugänglichen Oberflächen sind mit Rostschutz und Farbe behandelt. Die Lok soll aber kein Denkmal mit ungewisser Zukunft werden, sondern erneut einen Frühling erleben.

    Vor dem Bahnhofsfest 2020 kommt 99 585 in Lohsdorf an. Während die 99 516 den Festzug ziehen darf, steht die 585 daneben. Für Foto`s wird in der Rauchkammer schonmal ein kleines Feuerchen gemacht. Hoffnung und Kopfschütteln halten sich die Waage, die Foto`s sehen Klasse aus.

    Direkt nach dem Bahnhofsfest wird die 585 zerrissen und der Kessel auf einem Schwellenstapel geparkt um eine eingehende Befundung zu machen. Die Blechstärken werden vermessen, eine erste Begutachtung ergibt: Viel Arbeit - aber es könnte gehen. Der Kessel selbst ist soweit in Ordnung, es müssen unzählige Dellen von Kalkfraß ausgeschweißt werden, die Rohrwand in der Feuerbüchse und Rauchkammer ist OK. Flicken in der Rauchkammer links und rechts ersetzen durch Lösche abgezehrte Bereiche. Nachdem klar ist, daß der Kessel verwendet werden kann, geht es mit den restlichen Baugruppe auch Stück für Stück weiter

    Aus dem Fahrwerk wird die Abdampfführung ausgebaut, damit der Hauptrahmen abgenommen werden kann. Später werden die beiden Drehgestelle getrennt und komplett zerlegt - nur die Zylinder bleiben an Ort und Stelle. Berge von Einzelteilen verteilen sich in der Lohsdorfer Werkstatt, in einem extra angebauten Regallager. Bindedraht und Blechmarken für die Beschriftung sind gefragt, L R V H in beliebigen Kombinationen bezeichnen Einbauorte. Zur allgemeinen Verwunderung gibt`s außer Foto`s kein Inhaltsverzeichnis oder Teileliste - André hat das scheinbar alles im Kopf wie bei einem Lego-Bausatz.

    Der Kessel wurde dann in der RVE-Werkstatt Marienberg sandgestrahlt, grundiert und nach Oberwiesenthal zur weiteren Bearbeitung gebracht, wo die 99 585 in der Halle der LWO ein neues Leben begann. Weiter ging es mit dem Einbau eines neuen Rohrsatzes, der hier in der Rauchkammerwand schon eingewalzt ist. Knapp 2 Jahre nach dem Start der Arbeiten fand am 06.06.2022 die Kaltdruckprobe des Kessels statt. Das wichtigste Bauteil ist also in Ordnung und Freude und Zuversicht machen sich breit.

    Viele Teile gehen auf Wanderschaft in verschiedene Werkstätten zur Aufarbeitung, so wie hier die Kolben der Lok, die zum Schleifen und Verchromen der Kolbenstangen aufbrechen.

    Unermüdlich fertigt Alf neue Bolzen, Lagerschalen, Buchsen als Dreh- oder Frästeil an - ich hab mal nach der Anzahl der Teile gefragt. Als Antwort kam dann: ... ich hab bei 100 aufgehört zu zählen...

    Allein hier im Bild sind 12 neue Rotgußbuchsen, 6 Bolzen mit Sicherungsringen und neue Liderungen der Kolbenstange teils auf speziellen Halterungen neu angefertigt oder passend bearbeitet worden und das auf einer Drehbank, die absolut Jahr 2000-fest ist, also keinerlei elektronische Spielereien hat, aber mit einer unheimlichen Genauigkeit. Das vertraute Klappern einer IV K wird erhalten bleiben, aber keinesfalls wird eine neue Verbindung die Ursache sein!

    Hier die Gegenkurbeln aller Triebwerke in ungewohnter Nähe nebeneinander. Fein gesäubert und eingefettet, die Arbeit besteht hier darin, die Lager der Schwingenstangen genau passend neu auszubuchsen. In der Mitte zwischen den Kurbeln steht eine Schwingenstange des hinteren Hochdrucktriebwerkes. Das Auge dieser Stange mußte aufgeschweißt werden um wieder die passende Stärke zu bekommen. Ein Problem dabei ist, daß auf der einen Seite die Halterung der Schwinge fest an der Steuerungskulisse angeschraubt ist, auf der anderen Seite aber die Achsen gerade und parallel im Rahmen sitzen müssen. Es kann also zu minimalen Abweichungen der Länge der Schwingenstange kommen. Es wurden extra verstellbare Musterstangen angefertigt, um die korrekte Länge im vorderen und hinteren Totpunkt im Versuch zu ermitteln und dann die Originalstange exakt auszubuchsen. Im Niederdrucktriebwerk sind die Schwingen geteilt und können mittels Beilagen korrekt angepaßt werden.

    Der Kohlenkasten ließ sich nicht mehr retten und wurde neu angefertigt. Die Bleche waren schon durch feuchte Kohle und die Witterung soweit abgezehrt, daß eine Reparatur nur Flickwerk geworden wäre.

    Der Führerhausaufbau wurde bis auf das Metall blank gelegt und der Farbaufbau mit Rostschutz, Grund und Lackfarbe neu angelegt. Diese Arbeit lief über mehrere Arbeitseinsätze immer nebenbei, wenn jemand Zeit hatte.

    Wie beim Hausbau ist der Rohbau die Phase, wo es in großen Schritten vorwärts geht, es werden mit Kran oder Gabelstapler große Teile bewegt und montiert, der Fortschritt ist nicht zu übersehen. Das Fahrgestell ist schon eingeachst, der Hauptrahmen trägt wieder den Kessel, die Werkzeugkästen sind montiert, der Schornstein sitzt an Ort und Stelle. Wasserkästen, Kohlekasten und der Führerhausaufbau komplettieren den äußeren Eindruck der Lok. So sah es dann im Oktober 2023 aus und der "Rohbau" ging dem Ende entgegen.

    Den Hauptbremszylinder muß man noch mit dem Heber unterbauen, dann hommen die unzähligen Teile, die man mit der Hand bewegen kann und deren Anbau schon aus geringem Abstand nicht zu sehen ist. Plötzlich werden die Uhrzeiger beim Arbeiten träge und die verfliegenden Kalenderblätter wiegen schwerer als der Materialzuwachs an der Maschine... (Mai 2024)

    Neue Rohrleitungen für Dampf, Wasser, Luft, Öl und die elektrische Ausrüstung mit den angefertigten Befestigungen schlängeln sich am Kessel entlang und verbinden die Ventile am Hauptdampfverteiler mit den Verbrauchern, werden geprüft und farblich behandelt (November 2024)

    Alle Arbeit gipfelt dann im ersten Atmen, der ersten selbständingen Bewegung der Lok nach genau 4,5 Jahren anstrengender aber unheimlich befriedigender Arbeit, die zum ganz überweigenden Teil von den hier abgebildeten Protagonisten geleistet wurde. Vielen Dank, Alf, André, Richard, Kevin und Marco (v.l.n.r.) Ihr habt der Lok ein neues Leben gegeben, nun kann sie wieder auf den sächsischen Schmalspurstrecken zur Freude der Fan`s schnaufend und fauchend für Begeisterung sorgen.

    Viele Grüße, Euer restlos begeisterter Peter :wink:

    Offizielle Internetseiten des Schwarzbachbahn e.V.

    Einmal editiert, zuletzt von Schwarzbachbahn e.V. (2. März 2025 um 22:04) aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler ausgeflickt

  • Das ist hohe Handwerkskunst die ich als Handwerker allerdings anderer Brache sehr zu schätzen weis !

    Ich wünsche weiterhin Erfolg beim Komplettieren der Lok und den folgenden Probefahrten.

    Gruß Jan

  • Hallo zusammen,

    auch ich war fast sprachlos, als mich am Samstagnachmittag die Nachricht von einem gutem Freund erreichte, daß 99 1585 wieder dampft. Als die Schwarzbachbahner die Lok von den Schönheidern übernommen haben, dachte ich noch, das wird wohl viele Jahre dauern, wenn überhaupt. So kann man sich irren. Sprach man einst von den "Verrückten im Preßnitztal", kann man heute getrost von den "Verrückten im Schwarzbachtal" sprechen, wenn man sich anschaut, was die dort schon auf die Beine gestellt haben. Und die Zeiten sind heute nicht einfacher. Herzlichen Glückwunsch!

    Zu Ehren der Lok und ihrem Betreiber hab ich mal paar Aufnahmen rausgesucht.


    Mein ältestes Dia der 85 stammt von Günther Schmiedel und zeigt sie im Bahnhof Schönheide Süd vermutlich 1976 oder 1977 kurz vor Schluß.


    Ebenfalls aus der Kamera von Günther Schmiedel stammt dieses Negativ der 85 vorm Lokschuppen Jöhstadt Ende der 70er oder Anfang der 80er Jahre.


    Mein erste eigene Begegnung mit der Lok hatte ich dann auf der Schmalspurbahn Oschatz - Mügeln - Kemmlitz, hier bei Mügeln am 09.04.1989.


    Bei meiner letzten Begegnung 1995 entstand dann diese Aufnahme in Schönheide Mitte.

    Ob es noch zu einer weiteren Begegnung mit 99 1585 im Schwarzbachtal kommen wird, wage ich leider angesichts der großen Entfernung und der abgeschiedenen Lage der Bahn zu bezweifeln.

    Viele Grüße
    Toralf

  • @ Toralf

    So wie sie schreiben, soll die Lok auch auf anderen Bahnen im Einsatz kommen.

    „Freuen wir uns gemeinsam auf ihre Einsätze in Lohsdorf und Anderswo noch in diesem Jahr.“

    Viele Grüße,

    Ronald!


  • Ebenfalls aus der Kamera von Günther Schmiedel stammt dieses Negativ der 85 vorm Lokschuppen Jöhstadt Ende der 70er oder Anfang der 80er Jahre.

    Hallo,

    die Aufnahme lässt sich zeitlich weiter eingrenzen auf den Zeitraum zwischen November 1982 und Januar 1984.

    Das Stahltor im Stand 2 des Jöhstädter Lokschuppens wurden nicht vor August 1982 eingebaut, im Januar 1984 endete der Eisenbahnbetrieb hier.

    Anhand der Vegetation würde ich den Aufnahmezeitpunkt in den Monaten November bis April vermuten.

    Viele Grüße

    Blüm

  • Ob es noch zu einer weiteren Begegnung mit 99 1585 im Schwarzbachtal kommen wird, wage ich leider angesichts der großen Entfernung und der abgeschiedenen Lage der Bahn zu bezweifeln.

    So abgeschieden wie das auf der Karte erst mal aussieht ist die Bahn gar nicht, man kommt auch mit dem ÖPNV gut hin mit einer regelmäßig fahrenden Buslinie 237 von Pirna nach Sebnitz.

    Es grüßt Lutz vom km 63.8 der Mittenwaldbahn

  • ...

    Wir haben jetzt März 2025, es sollten also 33 Jahre bzw. reichlich 33 Jahre 1992 bis 2025 sein, die die Maschine außer Betrieb war.

    Damit toppt diese Zeitspanne trotzdem andere "berühmte", zuvor stattgefundene Wiederinbetriebnahmen anderer lange Jahre abgestellter und in jenen Jahren sicherlich von den Meisten für immer für tot geglaubter IV Ks. Die 1994 wieder in Betrieb genommene 99 590 der IG Preßnitztalbahn war zuvor 1980 außer Betrieb gegangen und ihr wurde nach 14 Jahren neues Leben eingehaucht. Die 1974 abgestellte und 2003 erstmals wieder angeheizte 99 516 der Museumsbahn Schönheide stand damals 29 Jahre lang still. Lediglich die 99 555 (IV K Nr. 145) der Zittauer Schmalspurbahn war von 1973 bis 2009 stolze 36 Jahre lang inaktiv und damit noch länger als die 99 585 außer Betrieb - aber selbst an dieses "Maß" kommt die 99 585 beinahe heran.

    Hallo Holger,

    ich möchte deine Statistik mal noch etwas ergänzen, denn es fehlt noch eine Lok mit ebenfalls sehr langer Abstelldauer:

    99 594 war zwar - bedingt durch die beiden letztlich gescheiterten Aufarbeitungsversuche 1990 beim Öchsle und 2006 in Rumänien - nicht ganz so lange durchgehend "kalt", letztlich war aber auch sie von ihrer Außerbetriebsetzung in Norwegen 1984 bis zur Wiederinbetriebnahme in Jöhstadt 2019 offiziell nicht betriebsfähig. Ihre inaktive Zeit bis zur letztlich erfolgreichen Wiederinbetriebnahme beläuft sich also auch auf 35 Jahre!

    Mit 99 585 haben dann übrigens bis auf eine Ausnahme alle nach 1990 abgestellten IV K eine Wiederbelebung erfahren. Es fehlt als einzige nur noch die 99 606. Wer nimmt sich ihr noch mal an? ;)


    Viele Grüße

    Blüm

  • So abgeschieden wie das auf der Karte erst mal aussieht ist die Bahn gar nicht, man kommt auch mit dem ÖPNV gut hin mit einer regelmäßig fahrenden Buslinie 237 von Pirna nach Sebnitz.

    Fährt diese Linie auch regelmäßig am Wochenende und an welcher Haltestelle muss man zur Schwarzbachbahn umsteigen?

    MfG Bernd Thielbeer aus Nordhausen

  • Am Wochenende gibt es einen 2h-Takt. Mit der S1 von Dresden bis Pirna und ab da mit Bus 237 bis Lohsdorf Bahnhof. Lässt sich auch wunderbar im DB Navigator buchen und die entsprechenden Verbindungen anzeigen. Gesamtfahrzeit incl. Umstieg 1h 36min.

  • Genau, die Haltestelle nennt sich passend Lohsdorf Bahnhof. Wenn man gut zu Fuß ist kann man nach dem Besuch dann auch das Tal runter laufen entlang der ehemaligen Bahntrasse und von Goßdorf-Kohlmühle wieder heim fahren. 5,8 km und 1 1/2 Stunden sagt mein Planer.

    Es grüßt Lutz vom km 63.8 der Mittenwaldbahn