Bau einer 12ton Class A Climax von 1890 als Echtdampfmodell in 1:7,2

  • Guten Morgen,

    Ich möchte zunächst mit der Frage beginnen, ob bezüglich eines solchen Berichtes hier überhaupt Interesse besteht.
    Von unserem Foren-Mitglied Henner (md95129) habe ich letzten Spätsommer eine Climax-Lok im Rohbau übernommen. Seit dem habe ich schon einiges an dem Fahrgestell weiter gebaut und diese Woche soll es mit der Dampfmaschine weiter gehen. Wie oben beschrieben handelt es sich um ein Echtdampf-Modell welches von mir im Maßstab 1:7,2 fertig gebaut wird. Die Spurweite beträgt 5".

    Das besondere an dieser Modell-Lokomotive ist, daß es die vermutlich einzigste Class A Climax in dieser Modellgröße ist, die auch mit Dampf und Kohlefeuer betrieben werden soll (es gibt verschiedene Modelle mir E-Antrieb in den USA).

    Sollte hierzu ausreichend Interesse bestehen berichte ich gerne ausführlicher zu dem Projekt.

    Climax_0_02.jpg

    Grüße, Gerd

  • Hallo Gerd,

    also mich würde das Thema interessieren! Ich liebe Bauberichte - auch wenn es eine Nummer größer ist. Echtdampf ist an sich auch ein interessantes Thema!

    Viele Grüße, Matthias

  • Hallo Gerd,

    ich mag nicht einfach nur den Daumen zeigen, sondern hier ganz herzlich darum bitten, dass Du uns mit einem ausführlichen Bericht an diesem sicher höchst interessanten Projekt teilhaben lässt. Climax, Shay und Heisler erbringen im heimischen Garten einen erheblichen Teil des Güterverkehrs und sind die von mir favorisierten Traktionsmittel im Maßstab 1:20,3.

    Viele Grüße,

    Thorsten

  • Hallo Gerd,
    Es freut mich sehr, dass Du die Climax fertig baust. Da ich nach meiner Rückkehr aus den USA meine größeren Werkzeugmaschinen an meinen Sohn gegeben hatte und ich außerdem aus Altersgründen meine Aktivitäten auf kleinere Modelle beschränken muss, bin ich sehr froh, dass das Projekt jetzt in so kompetenten Händen liegt. Wer sich übrigens für den Baubericht bis zur Übergabe an Gerd interessiert, wird hier fündig. Dort werden auch die seltenen Tangentialkegelräder beschrieben, die das Besondere der Climax-Loks sind. Ich hatte die A-Climax auch in 1:20,3 und Echtdampf gebaut. Diese hatte ich an einen jüngeren Gartenbahner verschenkt, der leider unerwartet verstarb und die Lok ist seitdem verschollen. Ein Bild davon:

    119403-climaxinfremont-jpg

    Gruss
    Henner

    Einmal editiert, zuletzt von md95129 (7. Januar 2025 um 11:09)

  • Guten Morgen Henner,

    vielen Dank für die einleitenden Worte und den Verweis auf den alten Baubericht von dir. Ich habe gestaunt daß der Start des Projektes schon 10 Jahre zurück liegt.

    Ich möchte den Bericht zunächst mit dem Stand beginnen, den ich von Henner im September 2024 übernommen habe.

    Henner hatte bereits die Drehgestelle technisch fertig gebaut, sowie Holzrahmen, Dampfmaschine (Bausatz Stuart D10) und insbesondere den Kessel. Ein Modellbahnkollege hatte dazu noch die Holzteile für den Aufbau angefertigt. Hier die Teile bei der Abholung.

    Climax_0_01.jpg

    Zuhause wurde das ganze erstmal zusammen gestellt um einen ersten Eindruck zu erhalten, wobei auch das Bild aus dem ersten Beitrag entstanden ist. Die bunte Keksdose wurde von mit ergänzt um den vorderen Wassertank zu visualisieren.

    Climax_0_03.jpg

    Und natürlich mußte auch die Dampfmaschine samt Antriebsstrang auf Funktion geprüft werden. Dies wurde mir Druckluft ausgeführt und verlief zufriedenstellend (Anmerkung, Eine Dampfmaschine bewegt sich zwar auch mit Druckluft, jedoch ist das Laufverhalten schlechter als mit Dampf, da sowohl Wärme als auch Masse und Kraft fehlen, die der Dampf gegenüber Druckluft besitzt).

    Einige Tage später durfte die neue Lokomotive dann im Club meine Shay kennen lernen. Wie zuvor ermittelt paßt die Climax von den Proportionen ganz gut zur Shay, auch wenn es einige Kompromisse einzugehen gilt. Mehr dazu in den folgenden Berichten.

    Climax_0_07.jpg

    Im nächsten Teil möchte ich eine Art Pflichtenheft für das Projekt zusammen fassen und einen kleinen Ausblick auf die anstehenden Arbeiten geben. Evtl. packe ich noch ein wenig Hintergrundinformationen zusammen, da diese Bauart mit ihren Eigenarten sicher nicht jedem geläufig ist.

    Soweit mal für heute, Grüße, Gerd

  • Guten Morgen,

    dann möchte ich den Bericht mit den Drehgestellen beginnen. Das besondere Merkmal der Climax-Lokomotiven sind die Schrägverzahnten Kegelräder mit denen die Kraft von der zentral liegenden Antriebswelle auf die Achsen im Drehgestell übertragen werden. Mit diesen Kegelrädern, die es seiner Zeit als 3D-Druck-Teile bei Shapeways gab, hat das Projekt von Henner 2014 begonnen.

    Die Radsätze mit Gussrädern wurden damals für 4.75" Spurweite (120mm) ausgelegt, welche in den USA zwar selten ist, aber geläufiger als 5"-Spur. Diese Spurweite leitet sich vermutlich von den auf 7.25" bzw. 7.5" verkehrenden Regelspur-Modellen im Maßstab 1:8 ab und der in den USA geläufigen Schmalspur von 3' im selben Maßstab ab.

    Vorausschauend hat Henner die Drehgestelle so konstruiert, daß eine Umspurung auf 5" (127mm) möglich sein würde. Die Drehgestelle sind als einfache Archbar-Tucks (bei uns als Diamond-Drehgestelle bekannt) ausgeführt und wurden wie beim Vorbild aus gebogenen Flacheisen angefertigt. Der hölzerne Wiegebalken ruht auf Federn, ebenso sind die einzelnen Achslager gefedert.

    Diese Federung ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal der Climax, welches die Loks sehr geländegängig machten. Zum Vergleich sind bei einer Shay nur die Achslager auf der Heizerseite gefedert, nicht aber jene auf der Antriebsseite. Diese Art "Dreipunkt-Lagerung" verzeiht zwar auch viele Gleisunebenheiten, jedoch neigt die starre Antriebsseite in Längsrichtung leichter zum Entgleisen.

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    Umbau der Drehgestelle

    In diesem Baustadium, kamen die mittlerweile lackierten Drehgestelle dann zu mir. Als erstes galt es die Spurweite anzupassen. Die Räder waren mit Loctite aufgeklebt und ließen sich nach dem Zerlegen der Drehgestelle mit sanfter Gewalt von den Achsen lösen.

    Da die Achsen selbst keinen Absatz auf der Innenseite haben gegen den die Radscheiben anstehen können, wurden zunächst passende Distanzhülsen angefertigt und mit Loctite aufgezogen.

    Bei den Radscheiben wurde zusätzlich zur Verklebung noch ein Nut eingestochen und in den Achsen ein Mitnehmerzapfen eingesetzt (ähnlich einer Keilnut). Gemäß der Normen für 5"-Spur mußten die Radscheiben in Summe 6mm nach aussen gesetzt werden.

    Bevor die Drehgestelle wieder zusammengebaut wurden habe ich noch die Achslager getauscht. Hier waren Nadellager eingesetzt, welche in Verbindung mit einer ungehärteten Welle nicht dauerhaft funktioniert hätten (Die Welle läuft ein und führt zur Zerstörung des Lagers. Den Fehler hatte ich bei meiner Shay begangen und daraus gelernt). Die Lager wurden also ausgepreßt und durch wartungsfreie IGUS Gleitstofflager ersetzt.

    Nach dem Umspuren ging es dann direkt an die Nachbildung der Bremsanlage. Diese wurde nicht nur wegen der Optik, sondern überwiegend der Funktion nachgebildet. Die Traversen zur Aufnahme der Bremsschuhe wurden aus Buchenholz gefertigt.

    Die Bremsschuhe selbst sind aus PA12 3D-gedruckt. Diese Konstruktion hat sich bereits seit Jahren an meinen Wagen bewährt, die ebenfalls allesamt mit funktionsfähigen Handbremsanlagen ausgestattet sind.

    Nach dem Anfertigen der Hängeeisen aus 2x6mm Flacheisen konnte eine erste Stellprobe ausgeführt werden.

    Für die obere Aufhängung der Bremsanlage wurden passende Lager benötigt. Hierzu wurde ein passendes Stück Rundmaterial mit Silberlot an ein Flacheisen gelötet, dieser "Strang" anschließend gebohrt...

    ... und dann mittels Sägeblatt in die einzelnen Teile gesägt. Diese Vorgehensweise erleichtert die Herstellung solcher Kleinteile bedeutend.

    Damit konnten die Bremstraversen an den Drehgestellen montiert werden.

    Das obige Bild zeigt deutlich den optischen Unterschied mit und ohne der Bremsanlage.

    Was nun noch fehlte war das Gestänge zum Betätigen der Bremse. Wegen der zentral verlaufenden Antriebswelle wird das Gestänge über schräge Hebel verschränkt um nicht mit der Welle zu kollidieren. Am oberen Ende ist es wiederum wichtig möglichst nahe in der Mittelachse der Lok das weiterführende Zuggestänge anschließen zu können, damit sich bei Kurvenfahrt die Bremse nicht auf Grund der Hebellängen selbsttätig anlegt.

    Nach dem erfolgreichen Umbau konnten nun erstmals Rolltests des Fahrwerkes auf 5"-Gleis durchgeführt werden.

    Im kommenden Beitrag widmen wir uns dann dem Hauptrahmen der Lok.

    Grüße, Gerd

  • Moin Gerd,

    die Schrägverzahnung der Kegelräder sieht kompliziert und interessant aus - und kommt sicher daher, dass die Antriebswelle und die Achsen nicht in derselben Ebene liegen. Du schreibst, es gab sie mal bei Shapeways - waren das dann Metall-Druckteile?

    VG, Matthias

  • Hallo Matthias,

    da liegst du richtig. Durch die Schrägverzahnung können sich die Wellen kreuzen, da das kleinere Kegelrad auf einer Ebene über der anderen Welle befindet.

    Das Material hatte ich vergessen zu erwähnen: die Zahnräder sind natürlich in Metall gedruckt, genauer genommen wohl aus einer rostfreien Bronze-Stahl-Mischung. Genaueres war da bei Shapeways nicht heraus zu bekommen.
    Fakt ist, das Material ist sehr hart, rostfrei und sollte den Anforderungen lange Zeit stand halten.

    Grüße, Gerd

  • Sehr interessant, dass man die Teile genau genug drucken kann! Shapeways gibt für Metall ja eine deutlich größere Toleranz an als für Kunststoff Druck. Ich hätte mich das nicht getraut. Metalldruck ist teuer und man kann die Teile hinterher nur wegschmeißen, wenn's nicht passt.