Schneckenräder für Modellgetriebe

  • Hallo zusammen,

    ich weiß nicht genau, obs hier rein passt in die Diskussion (wenn nicht verschiebe ich es halt). (Beitrag wurde verschoben)

    Bei der Konstruktion eines Getriebes gibt's ja fast immer irgendwo ein Schneckengetriebe als erste Stufe. Und hier kann man auch schon ziemlich viel falsch machen. Zum einen scheint ein Kardinalfehler zu sein, für Schnecke und Schneckenrad Messing zu verwenden - was selbst Großserienhersteller tun und was früher oder später zum "fressen" führt. Stahl / Messing oder in Kombination mit Kunststoff ist dagegen OK.



    Die andere Frage: Schnecken bieten viele an (Weinert, Tramfabriek, ...) ABER: Wer hat die dazu passenden schräg verzahnten Schneckenräder? Ich habe da bisher keine Adresse außer Höhn: Da gibt es Schnecke und Schneckenrad mit Modul 0,4 - aber in einer Ausführung, die wahrscheinlich eher für Hochlast gedacht ist. Das Schneckenrad ist sehr breit (2mm + Nabe!) braucht mit Nabe sehr viel Platz - viel zu breit für einen H0e Getriebeblock.

    Daher die Frage: Woher bekommt man schräg verzahnte passende Schneckenräder für Modellgetriebe?

    Oder: Ist es "OK", wenn man "normale" gerade verzahnte Zahnräder verwendet? Der Verdacht, dass alle Selbstbauer das so machen liegt nahe, da es ja anscheinend keine Schneckenräder zu kaufen gibt (zumindest bei den üblichen Verdächtigen).

    Beispiel - Schnecke und dazu passendes schräg verzahntes Schneckenrad in grau:

    Viele Grüße, Matthias

    Einmal editiert, zuletzt von MatthiasL (19. Januar 2025 um 11:09)

  • Hallo Matthias!

    Bei Lemo-Solar gibt es eine große Anzahl an Zahnrädern mit und ohne Bund. Weiterhin auch Schnecken mit dazugehörigen Schneckenrädern. Allerdings nur in Messing. Das sollte aber eigentlich kein Problem (ich habe einen Antrieb mit ausschließlich aus Messing gefertigten Zahnrädern über mehrere Stunden ununterbrochen in Betrieb) darstellen, wenn die entsprechenden Einbaumaße eingehalten werden. Die Hauptursache für Schäden an Schnecke oder Schneckenrad sind Lage- oder Winkelfehler. Latürnich ist eine Paarung unterschiedlicher Werkstoffe günstiger.

    Eine Paarung von Schnecken mit geradverzahnten Schnecken ist nicht sinnvoll. Durch die Steigung der Schnecke werden die Außenkanten der Schneckenräder stärker abgenutzt. Zudem entstehen hier deutlich größere Reibungsverluste. Ein Schneckentrieb hat auf Grund der Reibung an den Zahnflanken ohnehin einen recht neuen Wirkungsgrad.


    Viele Grüße Christian

  • Vielen Dank! Ich frage mich dann, wieso die wichtigen Modellbahn Lieferanten wie Weinert und Co dann nur Schnecken aber keine passenden Schneckenräder anbieten. Wie ist denn da die Idee dahinter? Da passt doch dann nix zusammen! Außerdem passt nicht jede Schnecke zu jedem Schneckenrad. Der Grad der Schrägverzahnung hängt ja noch vom Teilkreis (Durchmesser) der Schnecke ab und von der Anzahl der Gänge der Schnecke. Ok die Schnecken haben alle nur einen Gang, aber vom Teilkreis hängt's auf alle Fälle ab.
    Ms auf Ms würde ich bei Schneckenrad/Schnecke nie einplanen. Ich habe nur übles darüber gehört!

  • Hallo Matthias,

    Wichtig bei einem Schneckengetriebe ist das saubere "Kämmen" der Teilkreise. Dazu muss der Modul stimmen. Kleine Schneckenräder werden üblicherweise 20° schräg verzahnt. Im Normalfall werden Schnecken rechtsgängig und die dazugehörigen Schneckenräder rechts geneigt gefertigt. Bei links verzahnten Schnecken- Getrieben kehrt sich die Drehrichtung um.

    Wenn man es genau nimmt- muß für jeden Schneckendurchmesser der Winkel des Schneckenrades berechnet werden. Nur so lassen sich die reibenden Flächen optimieren. In der Praxis werden aber für unsere Zwecke nur 20° verzahnte Räder gefertigt.

    Bei Lemo-Solar (hatte ich oben schon erwähnt) werden ausschließlich schräg verzahnte Schneckenräder geliefert.

    Bei verschiedenen Anbietern werden "normale" geradverzahnte Zahnräder als Schneckenräder angeboten oder verwendet. Wenn diese recht schmal sind- ist es recht unerheblich. Es verschieben sich lediglich die Reibungsflächen von der Mitte der Zahnflanken an deren Außenkanten. Dabei reiben die jeweils diagonal gegenüber liegenden Kanten der Zähne an der Verzahnung der Schnecke. Bei ungenügender Schmierung werden sich diese stärker abnutzen- so daß nach entsprechender Laufzeit ebenfalls ein schräg verzahntes Schneckenrad entsteht. Allerdings wird auch hier die Verzahnung der Schnecke stärker beansprucht.

    Ich habe es bei alten Lokomotivmodellen, deren Schnecken aus Messing und die Schneckenräder aus Hartgewebe bestanden, erlebt, daß die Verzahnung der Schnecke derart abgenutzt war, daß deren Verzahnung in der Mitte nur noch hauchdünn war.

    Die Idee hinter geradverzahnten Schneckenrädern ist der Aufwand der Fertigung. Ein geradverzahntes Rad kann problemlos konventionell (oder CNC) gefertigt werden. Mit einem entsprechenden Fräser wird der Zahn gefräst, das Rad bewegt sich um die Teilung weiter und der nächste Zahn wird gefräst... Dabei muß bei einem Modulfräser die Elvolventenform geschliffen werden. Bei einem Satzfräser (mehrere gleiche Fräser mit dem geraden Abstand der Teilung hintereinander) oder einem Profilfräser (das Ganze in einem Werkzeug) reicht die Trapezform des Zahnes. Durch das Weiterdrehen des Rades entsteht die Elvolventenform. Genauso verhält es sich beim Stoßen von Zahnrädern. Hier wird entweder mit einem Einzahn oder einem Kammartigen Werkzeug (mit Trapezform des Zahnes) gestoßen. Beim Einzahn wird der Zahn aus dem Vollen gestoßen, während beim "Kamm" ein Zahn aus dem Vollen, und die danebenliegenden Zähne teilweise gestoßen werden. Durch das Weiterdrehen entsteht auch hier die korrekte Zahnform.

    Bei den hier beschriebenen Fertigungsmethoden bewegt sich das Werkzeug auf einer linearen Bahn (ein Fräser wird sich natürlich zusätzlich drehen), lediglich das Werkstück rotiert jeweils um den x- ten Teil der Zähnezahl pro Arbeitsgang.

    Ähnlich verhält es sich bei der Fertigung von Spritzguß- Werkzeugen für Zahnräder, nur daß die Zähne "negativ" gefertigt werden.

    Bei einem schrägverzahnten Zahnrad wird das Zahnrad um die Neigung der Verzahnung schräg gestellt. Theoretisch muß nun das Werkzeug einen Bogen beschreiben, damit der Zahngrund überall die gleiche Tiefe aufweist. In der Praxis wird hier aber die Toleranz des Zahngrundes in Kauf genommen, damit das Werkzeug ebenfalls auf einer geradlinigen Bahn geführt werden kann.

    Wie allerdings die Spritzguß-Werkzeuge für schrägverzahnte Räder gefertigt werden, entzieht sich meiner Kenntnis. Roco verwendet aber schrägverzahnte Räder aus Spritzguß.

    Die Anzahl der Gänge einer Schnecke wirkt sich lediglich auf die Drehzahl des getriebenen Rades aus. Bei einem Gang beträgt die Drehzahl 10/1 bei zehn Zähnen des getriebenen Rades. Bei zwei Gängen sind es 5 Umdrehungen der Schnecke- das heißt- die Drehzahl des getriebenen Rades hat sich verdoppelt. Bei der Geometrie des Getriebes ändert sich nur die Schnecke- hier werden zwei Gänge mit der gleichen Steigung um den Betrag der Steigung versetzt gefertigt. Anfang und Ende der Gänge liegen sich jeweils gegenüber.

    Verschiedene Hersteller verwenden bei Ihren Modellen zweigängige Schnecken (Piko) Beim Austausch durch eine eingängige Schnecke wird sich die Geschwindigkeit halbieren. Leider gibt es keine Austauschschnecken für die entsprechenden Modelle (mehr).

    Für die erste Stufe eines Getriebes kann unter Umständen auch auf die Schnecken- Stufenräder der Großserienhersteller zurückgegriffen werden (auf die Idee bin ich jetzt beim Schreiben des Beitrages gekommen). Hier muß lediglich der Modul und die Zähnezahl (und die Breite) der Räder bekannt sein. Die Zahnräder lassen sich dann als Ersatzteil bestellen. Bei Piko sind die Ersatzteil- Blätter problemlos im Netz einsehbar.

    Bei größeren Schneckenrädern werden die Außendurchmesser hohl gedreht, damit die Zahnspitzen des Schneckenrades im Zahngrund der Schnecke reiben.

    Ich hoffe, meine Ausführungen waren einigermaßen hilfreich. Anderenfalls einfach fragen.


    Viele Grüße Christian

  • Obwohl meine neueren Modelle schräg verzahnte Schneckenräder besitzen, habe ich noch Fahrzeuge, die vor mehr als 20 Jahren gebaut wurden und mit der sehr glatten Fleischmann-Schnecke und relativ dünnen gerade verzahnten Schneckenrädern ausgerüstet waren. Ich habe mir die spaßeshalber heute mal mit dem Mikroskop angesehen und praktisch keine Abriebspuren erkennen können. Es sind allerdings "Bimmelbahnloks", die keine 20 beleuchteten Schnellzugwagen auf einer 5% Steigung schleppen müssen.
    Gruß
    Henner

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für die vielen Infos! Der Beitrag von Christian ersetzt ja schon fast ein Maschninenbaustudium.

    Ich habe mir mal die Teile von Lemo-Solar angeschaut: Leider nur Modul 0,3 - ich wollte eigentlich lieber alles 0,4 bauen, weil ich denke, dass man da etwas größere Toleranzen hätte. Ich habe Getriebeteile alter Lilliput H0e Loks - da ist auch alles 0,4 - zumindest die "normalen" Zahnräder. Schnecke und Schneckenräder besitze ich leider nicht, dachte aber dass das dann auch 0,4 sein sollte ...
    Und ja dann ist es so, wie ich dachte: schmale geradverzahnte Zahnräder werden wohl in vielen Fällen auch als Schneckenräder verwendet. Das muss dann wohl auch die "Idee" hinter dem Angebot an Getriebeteilen von Tramfabriek, Weinert, etc sein.

    Die Höhn-Schneckenräder sind übrigens in 0,4 und haben und sind aufwändig schräg + rund gefräst - also der Form der Schnecke perfekt angepasst! Mal überlegen, was ich mit der Info jetzt anfange. Wichtig wäre mir auch, dass die Teile langfristig lieferbar sind und keine Eintagsfliegen, wo man einmal und nie wieder ran kommt.
    Vielleicht nehme ich auch für die Erstversuche einfach mal ein schmales geradverzahntes Rad ...
    Eine Bekannte von mir druckt auch sehr erfolgreich kommerziell Zahnräder für Fußpedale die hochbelastet sind im Modul 0,5. Wenn das eine Option wäre, könnte ich mir die Zahnräder auch leicht selbst konstruieren. Mal sehen ...

    VG, Matthias

  • Modul 0,3 für ein Schneckenrad ist kein Problem. Du bekommst eine höhere Untersetzung bei gleichem Durchmesser und die Einstellung Schnecke/Schneckenrad lässt sich einfach und genau mit Beilagen meistern. Ich berechne das allerdings und bearbeite die Teile mit meiner kleinen CNC-Fräse, die auf 1/100mm genau arbeitet.
    Wenn Du selbst Zahnräder konstruieren willst, es gibt ein preisgünstiges Programm "Woodgears.ca". Ist zwar in erster Linie für Zahnräder aus Holz gedacht, generiert aber auch "normale" Zahnräder. Wir haben das Programm verwendet, um die (nicht-Standard-) Zahnräder meiner Echtdampfzahnradlok zu generieren.
    Gruß
    Henner

  • Hmm ich weiß nicht genau, wie du das mit den Beilage meinst. Ich würde das Getriebe auch am liebsten CNC fräsen, bin aber nicht im Besitz einer Fräse. Die Idee war auch mal testweise ein Getriebe zu drucken.
    Wenn man etwas konstruiert und dann fräsen lässt, dann ist mir das "Lehrgeld" bisschen zu viel. Ich könnte mir denken, dass das Fräsen lassen nicht gerade preiswert ist und wenn's dann für die Tonne war ist das Geld verbrannt.

    So sah mein erster Getriebe-Gehäuse Entwurf aus:

    Der Motor (Tramfabriek) sollte am Motorschild mit 1,2 mm Schrauben befestigt werden. Allerdings ist die Form wahrscheinlich für ein Erstlingswerk und generell zum Fräsen sehr wahrscheinlich viel zu kompliziert geraten. Deshalb will ich noch mal mit einem einfacheren Entwurf ins Rennen gehen. Eventuell auch teilbar oder aus mehreren Schichten aus MS Platten .... mal sehen

    Achso: als Toleranz zwischen den Teilkreisen hatte ich 0,07 mm zugegeben. Wahrscheinlich würde ich aber letztlich 0,1 nehmen. Wie sind da so Eure Erfahrungen?

  • Fusion360 hat auch ein gutes Plugin zur Konstruktion von Zahnrädern. Zum probieren und konstruieren sicherlich gut. Beim Resin kann ich Fast Mecha von Sirayatech empfehlen... aber das haut preislich auch ganz schön rein.