Die Alaunbahn Freienwalde

  • Hallo zusammen,

    ich möchte euch heute eine kleine Bahn am südlichen Rand des Oderbruchs vorstellen, die fast vergessen ist. Der Betrieb wurde vor über 100 Jahren eingestellt, aber aufgrund der fast schon spektakulären Trassierung lassen sich heute noch Überreste finden.

    Bei den Vorbereitungen für den Beitrag Die Feldbahn der Raths-Ziegelei in Bad Freienwalde bin ich auf Hinweise zu einer weiteren Bahn gestoßen. Die Recherche dazu gestaltete sich aber mehr als schwierig. Mit Ausnahme von Erwähnungen in Fledermaus-Fachmagazinen (ja, sowas gibts) und historischen Wanderführern konnte ich nur zwei uralte Ansichtskarten mit Bahnbezug finden. Viele Daten konnte ich leider nicht ausfindig machen, selbst genaue Angaben zur Betriebszeit, Spurweite oder möglichen Betriebsmitteln konnte ich nicht ermitteln.

    Die Alaunbahn Freienwalde

    Geschichte

    In den Bergen des Stadtwalds von Freienwalde (das „Bad“ kam erst 1925 dazu) wurden im 18. Jahrhundert Vorkommen von Alaunerz gefunden, dabei handelte es sich um salzhaltige Tonerden. Das Mineral wurde damals vorwiegend in Gerbereien und zur Herstellung von Textilfarbstoffen genutzt, fand aber auch bei der Herstellung von Medikamenten Verwendung. In einem Seitental entstand dazu das Alaunwerk, das seinerzeit das Monopol der Alaungewinnung in Preußen hatte.


    (1) Das ehem. Alaunwerk auf einer alten Ansichtskarte wurde dieser Zeit bereits als Ziegelei genutzt. Der Name Alaunwerk hat sich aber sogar bis in die heutige Zeit gehalten.

    Anfänglich wurde das Alaunerz in Stollen südlich des Teufelssees im oberen Hammerthal abgebaut, später dann auch in einer offenen Grube am Südrand des Sees. Um den Rohstoff zum Alaunwerk zu bringen, baute man eine etwa 1,2 km lange Transportbahn durch das schwierige bergige Gelände. Die Teufelsbrücke aus Holz überspannte mit einer Länge von etwa 70 m das Tal am Abfluss des Teufelssees.


    (2) Der Teufelssee mit der Teufelsbrücke. Rechts lagen die Gruben, nach links führte die Bahn durch den Tunnel zum Alaunwerk.

    Ein etwas über 230 m langer Tunnel durchquerte einen Bergrücken und schafft damit eine Verbindung zwischen dem oberen Hammertal und dem Alaunwerk im Nachbartal. Der Tunnel ist durchschnittlich 1 m breit und 1,70 m hoch und vollständig mit Ziegel mit halbrunden Tonnengewölbe ausgemauert.

    Nach Schließung des Alaunwerks 1862 wurden dort Ziegel produziert, die Grube wurde weiterhin zur Tongewinnung genutzt. Die Bahn wurde etwa um 1920 eingestellt. In einem Wanderführer von 1912 wird diese und die Teufelsbrücke noch erwähnt, in einer wissenschaftlichen Abhandlung über Fledermäuse im Tunnel von 1934 wird von der ehemaligen Alaunbahn gesprochen.

    Der Tunnel wurde 1968 zum Schutz der Fledermäuse vor illegalem Betreten gesichert. In den 1990er Jahren war der Tunnel noch begehbar, wie eine Aufnahme in einem Fledermaus-Fachmagazin zeigt. Obwohl das Bauwerk in der Denkmalliste des Landes Brandenburg steht, ist es vollständig dem Verfall preisgegeben. Im mittlerweile mehrfach modernisierten Ziegelwerk produzierte bis 2009 die Firma Wienerberger, heute ist das Gelände eine Brachfläche mit Ruinen.

    Spurensuche

    Am 29.03.2025 wanderte ich vom Teufelssee aus durch die Berge zur Alaunwerk-Siedlung (ehemalige Arbeitersiedlung) und hielt nach Relikten der seit über 100 Jahren verschwundenen Bahn Ausschau. Wer in der Natur mit offenen Augen steht, wird allerdings mehr erkennen, als das Kameraauge vermag. Daher versuche ich die Fotos bestmöglichst zu beschreiben.


    (3) Der Teufelssee. Ich stehe fast genau unter der ehemaligen Teufelsbrücke. Das Foto der alten Ansichtskarte ist etwa von dort entstanden, wo sich der Rastplatz im rechten Bilddrittel befindet. In den Hängen links von mir befanden sich einst die Untertageschächte und die Grube.


    (4) Das nördliche Widerlager der Teufelsbrücke. Mit ganz viel Phantasie erkennt man zwischen den Bäumen das südliche Widerlager. Sogar die alte Gleislage kann man noch erahnen.


    (5) Die Trasse der Bahn ist im Wald noch deutlich zu erkennen. Vereinzelt findet man noch völlig vermoderte Schwellen. Hinten am Ende kam dann die Teufelsbrücke.


    (6) Blick in die Gegenrichtung. Etwa in Bildmitte befindet sich ein Rechtsbogen, danach ist der Damm schwach zu erkennen, der dann am rechten Bildrand in einen Einschnitt zum Tunnel führt. Was dem menschlichen Auge in 3D regelrecht ins Auge springt, ist auf einem Foto in 2D leider schwerer zu erkennen. Im Geländemodell des Geoportals Brandenburg ist ehemalige Bahntrasse übrigens sehr deutlich sichtbar.


    (7) Blick aus einer etwas seitlicheren Perspektive: vorn der Bahndamm, dann der Rechtsbogen und der folgende Einschnitt zum Tunnel.


    (8) Blick aus der anderen Richtung vom Hang: Der Bahndamm verläuft diagonal durchs Bild. Seitlich links hinter mir der Einschnitt mit dem anschließenden Tunnelportal.


    (9) Das südliche Tunnelportal ist mittlerweile über die Hälfte verschüttet und zwischen umgekippten Bäumen kaum noch zu finden. Der Tunnel dient aber immer noch als Winterquartier für Fledermäuse.


    (10) Hier soll bis vor etwa 20 Jahren das nördliche Tunnelportal sichtbar gewesen sein. Trotz genauer Geo-Koordinaten konnte ich es nicht finden. Erst eine vorbeikommende "Ureinwohnerin" zeigte mir diese Stelle und erzählte davon, wie sie früher dort spielten. Mittlerweile ist es leider komplett verschüttet.

    Der weitere Verlauf der Bahn ist aufgrund der späteren Nutzung des Geländes durch Ziegeleien nicht mehr nachvollziehbar.

    Ich hoffe, ich habe euch mit den "Waldfotos" nicht all zu sehr gelangweilt. Mir war der Beitrag wichtig, um diese doch sehr ungewöhnliche Bahn vor dem endgültigem Vergessen zu bewahren.

    Viele Grüße
    Toralf