Pöbeltalbahn

  • Die Pöbeltalbahn wäre eine weitere sächs. Schmalspurbahn - wenn sie denn je gebaut worden wäre. Das bekannte Schmiedeberger Viadukt überspannt den Pöbelbach, Schmiedeberg wäre zum Trennungsbahnhof geworden, deshalb wohl auch das große Empfangsgebäude:

    Die Strecke sollte nach Moldau in Böhmen (heute Moldava) führen und hauptsächlich Kohletransporten aus dem Böhmischen Becken dienen. Der Erste Weltkrieg verhinderte den Bau. 1921 kam erneut Bewegung in das Projekt, jetzt aber nur noch als Anschlussbahn für den Transport von Baumaterial nach Schellerhau, wo ein Talsperrensystem entstehen sollte. Letztendlich wurde weder das Eine noch das Andere ausgeführt, 1926 wurde das Projekt Pöbeltalbahn endgültig ad acta gelegt. Im Sommer 2024 begab ich mich auf die Suche nach Überresten.

    Parallel zu den Gleisen der Weißeritztalbahn - dort wo heute Garagen stehen - lagen die ersten beiden Gleise der Pöbeltalbahn, die aber immer nur als Abstellgleise dienten und schließlich wieder rückgebaut wurden:

    An die geplante Strecke erinnert diese abgeschrägte Ecke an einem Wohnhaus (Profilfreiheit) an der Ausfahrt aus dem Bahnhof:

    Da die Strecke zum Teil trassiert wurde sind auch 100 Jahre später noch Relikte zu finden, wie zum Beispiel Stützmauern und die Widerlager einer Brücke im Schmiedeberger Ortsteil Niederpöbel:

    Auch ein kleines Stück Bahndamm mit befestigtem Unterbau blieb erhalten - und wenn man ein wenig "kratzt" kommt Schotter zum Vorschein. Begehbar ist die Trasse nicht, sie liegt größtenteils auf Privatgrund oder wurde von der Botanik zurückerobert:

    Weitere Relikte dürften spätestens dem Bau des Hochwasser-Rückhaltebeckens oberhalb von Niederpöbel zum Opfer gefallen sein.

    Im Bf Hermsdorf-Neurehefeld sollte die Pöbeltalbahn an die Regelspurstrecke Nossen - Freiberg - Moldau i.B. heranschwenken und parallel zu dieser oder als Dreischienengleis bis zum Grenzbahnhof Moldau i.B. führen:

    Wer hier mit dem Zug fahren will wird vegebens warten: 1948 wurde auf Befehl der Sowjets die Verbindung nach Tschechien gekappt und 1972 legte die DR die Strecke von hier bis Holzhau still:

    Auch auf der tschech. Seite sieht es nicht besser aus, das riesige Bahnhofsgebäude von Moldava v Krusnych Horach ruht im Dornröschenschlaf und nur die Ausdehnung des Gleisfeldes erinnert noch an die Bedeutung als Grenzbahnhof:

    Der Eisenbahnverkehr beschränkt sich heute auf Touristikfahrten, an Wochenenden und Feiertagen kommen Altbautriebwagen von Most über den "Böhmischen Semmerring" hier herauf:

  • Hallo von mir in die Runde,

    ich muss hier einfach mal mein Erstaunen kund tun, diese Fakten waren mir bisher völlig unbekannt! Danke, dass Du uns das (wenn auch leider ohne Namen) so gut rüber gebracht hast einschl. der "Beweis"-Fotos. Das Empfangsgebäude in Moldava erinnert mich stark an das in Bayrisch-Eisenstein...

    findet der Lindenauer

    Micha

  • Hallo RHS, danke für diesen Beitrag, ich liebe ja solche Spurensuchen. Aber (als guter Rat gemeint) Sommer ist wirklich die beschissenste Jahreszeit dafür. Außer viel hübsches Grün ist meist nichts brauchbares zu finden und auf den Fotos zu erkennen. Die Untersuchungsgruben in Schmiedeberg sind dir deswegen wahrscheinlich auch entgangen.

    Aber eine Frage muß ich noch fragen: Hab ich die Bilder und die Texte nicht erst kürzlich woanders gesehen und gelesen?

    Viele Grüße
    Toralf

  • Hallo,

    wer noch mehr über die "Pöbeltalbahn" wissen möchte, es gibt noch zwei große Artikel dazu. Erstaunlich das sie dann bis zum Bahnhof Hermsdorf- Rehefeld 300 Höhenmeter zu überwinden gehabt hätte (auf nur 17 km Streckenlänge).

    Relikte: (aus Wiki):

    "Vereinzelt sind noch Teile der Trasse im Gelände auszumachen. Von Schmiedeberg bis Niederpöbel existiert bis heute der fertiggestellte Bahndamm, und auch die Anlagen des Bahnhofes Niederpöbel sind deutlich als solche erkennbar. Nach einer Unterbrechung existiert ein weiterer stark zugewachsener trassierter Abschnitt beim projektierten Haltepunkt Wahlsmühle."

    Aber selbst WENN sie gebaut worden WÄRE, denke ich das sie auf jeden Fall bei den Kandidaten mit dabei gewesen wäre, die man zwischen 1945 und 1951 gleich zu gemacht und wieder abgebaut hätte.

    Streckenportrait:

    Sachsenschiene.de - Eisenbahnen in Sachsen

    und Wiki:

    Pöbeltalbahn – Wikipedia
    de.m.wikipedia.org

    Mfg TRO.

  • Hallo RHS, danke für diesen Beitrag, ich liebe ja solche Spurensuchen. Aber (als guter Rat gemeint) Sommer ist wirklich die beschissenste Jahreszeit dafür. Außer viel hübsches Grün ist meist nichts brauchbares zu finden und auf den Fotos zu erkennen. Die Untersuchungsgruben in Schmiedeberg sind dir deswegen wahrscheinlich auch entgangen.

    Aber eine Frage muß ich noch fragen: Hab ich die Bilder und die Texte nicht erst kürzlich woanders gesehen und gelesen?

    Viele Grüße
    Toralf

    Das ist durchaus möglich, wenn es bei YouTube war.

    Dort firmiere ich unter "Alteisentreiber"


    Gruß aus der Frankenmetropole

    Lutz

  • Hallo Leute.

    Ich habe mal wieder eine kleine Berichtigung von einer Sache, wo ich bis heute nich weiß, wo es her kommt.

    Das Streckenende wäre Hermsdorf-Rehefeld als Spurwechselbahnhof gewesen oder wäre direkt bis nach Moldava geführt wurden. Ein paralleles Gleis oder sogar ein Dreischienengleis ist betrieblich eher nicht notwendig gewesen. Der breitere Bahndamm ist auf den zweigleisigen Ausbau der Normalspurstrecke zurück zu führen. Habe mal eine Karte mit der möglichen Streckenführung beigefügt ( Buch " Die Weißeritztalbahn" Kenning Verlag von Prof. Hans-Christoph Thiel)


  • Hallo Lutz,

    auch von mir vielen Dank für die Erinnerung an dieses Projekt - und auch von mir der Hinweis, diese Tour das nächste Mal im Winterhalbjahr zu unternehmen. Dann entdeckst Du gerade in Schmiedeberg noch mehr Relikte.

    Zu Deinem Satz: "1948 wurde auf Befehl der Sowjets die Verbindung nach Tschechien gekappt" zwei Korrekturen und eine Frage:

    a) von Moldau in Richtung Sachsen fuhr auf der NM-Linie bereits am 7. Mai 1945 der letzte Zug - siehe z. B. den Wikipedia-Eintrag, wo steht:

    "Am 7. Mai 1945 um 17.30 Uhr verkehrte der letzte Zug von Moldau in Richtung Freiberg."

    Zwischen Mai 1945 und dem Entfernen der Schienen vor der Brücke über das Streckengleis ("Grenzbrücke") 1948 überquerte also kein Zug diese Grenze, weil das von den Tschechen nicht gewollt war.

    b) Stichwort Tschechen: Diese gründeten im Mai 1945 nicht die heutige Tschechische Republik, sondern die 1919/20 entstandene und 1938/39 zerschlagene Tschechoslowakei neu. Den Kunstbegriff "Tschechien" erfand ein tschechischer Politiker erst im Jahr 1993, nachdem sich die Slowaken von den Tschechen losgesagt hatten und ihr eigenes Land gegründet hatten.

    Den Begriff Tschechien für Vorgänge vor 1993 zu verwenden, ist historisch genauso falsch, als wenn ich 1971 gesagt hätte, 100 Jahre zuvor hätte sich in der DDR das Deutsche Kaiserreich gegründet oder Cäsar wäre der Mininisterpräsident von Italien gewesen!

    Das waren meine beiden Korrekturen. Nun die Frage: Wo hast Du gefunden, dass die Sowjets 1948 befohlen hätten, das Gleis vor der Brücke in Moldau entfernen zu lassen?

    Herzliche Grüße

    André

  • Servus, zum Tipp "Winterhalbjahr", dem steht mein "Bereisungsfahrzeug" entgegen, das ich - aus sicher nachvollziehbaren Gründen - nur besteige wenn's draußen warm ist:

    Zum Punkt "Verbindung auf Befehl der Sowjets 1948 gekappt": Das habe ich auf einer Infotafel am ehemaligen Bf Hermsdorf-Neurehefeld (heute ein Hotel) gelesen und als gegeben hingenommen - glaube ich zumindest.

    Zum Punkt "Tschechien": Es ist mir durchaus bekannt, dass nach dem Ende der Donaumonarchie zunächst die CSR und nach dem Zweiten Weltkrieg die CSSR entstand, glaube aber, dass mit dem Begriff "Tschechien" hinlänglich klar ist, was ich gemeint habe.

    Gruß aus der Frankenmetropole

    Lutz