• Moin Achim,

    Zitat

    Original von dampfachim
    Eckventile und Nicolai-Schieber schließen sich ja aus. [...] Das ist einfach ab Lok 99... geändert worden. Die ersten wurden so und die letzten anders geliefert.


    Zu diesem Schluss bin ich dann ja auch gekommen. Das konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Die Gegendruckbremse liefert zudem einen stichhaltigen Beweis und zeigt, dass z. B. die 99 731, Baujahr 1928, für Stefan keine "Konkurrenz" zur 99 4011 sein kann.

    Zitat

    Der Einbau dieser lizensierten und sicher auch nicht ganz billigen Druckausgleichschieber in eine Splittergattung mit gerade einmal zwei Maschinen dürfte wohl allein auf Grund der abweichenden und nicht oft vorkommenden Abmaße für den Besteller ( KJI ) viel zu teuer gewesen sein.


    Das ist sicherlich der Grund, den ich gar nicht so vor Augen hatte. Die KJ I war zum Bestellzeitpunkt wohl alles andere als liquide. Allerdings sind die sechs Loks von O&K nun auch keine allzu große Stückzahl, und die Konstruktion geht ebenfalls auf einen "privaten" Besteller zurück (allerdings weiß ich nichts über dessen Finanzlage). Hinzu kommt, dass die Schieber damals noch neu waren und man über eine Bewährung auf längere Zeit noch nicht viel sagen konnte. Ob ich da die Lizenz bezahlt hätte?

    Eine Frage hätte ich aber noch zu den Müller-Schiebern. Irgendwo meine ich gelesen zu haben, dass diese vom Grundprinzip den Nicolai-Schiebern ähnlich sein sollen (ich nehme an, ebenfalls zweigeteilte Schieberkörper). Weißt Du etwas über deren Funktionsweise? Immerhin waren sie bei der DB das, was für die Reichsbahn die Trofimow-Schieber waren, wenngleich auch heute noch ehemalige "Westloks" bei Gelegenheit mit letzteren ausgerüstet werden.

    Viele Grüße
    Hendrik

  • Moin Gulliver,

    wenn Du nichts dagegen hast, dass ich Dir antworte: Nein, es gab keine zehn Vorgänger, lediglich eine 99 4001. Laut Wikipedia trug diese ihre Nummer allerdings nur ganz kurze Zeit. Dennoch gehörte die ursprünglich österreichische Lok, nach dem zweiten Weltkrieg im "Reichsbahngebiet" verlieben, einer anderen Baureihe an als die Mansfelder Vierkuppler. Darum wählte man bei der wohlgemerkt fiktiven Einordnung in das DR-Nummernschema von 1950 die nächste freie Zehnergruppe, wie bei Schmalspurbaureihen aufgrund der hohen Artenvielfalt üblich (anstelle der Hunderter bei der Regelspur, darum heißt es auch 03.10, aber 99.465, obwohl die Loks beider Baureihen sechsstellige Betriebsnummern tragen).
    Die "40" vorneweg erklärt sich nach ebenjenem Plan durch "4" für 750 mm Spurweite und "0" für 10 Mp Achslast.

    Viele Grüße
    Hendrik

    P.S.: Die MBB-Lok 10 war kurzzeitig mal unter der Nummer 99 4010 als Gastlok beim Öchsle unterwegs, also sozusagen "semi-legal". Üblicherweise beginnt man innerhalb einer Baureihe natürlich mit einer 1 als letzter Ziffer. Es passte allerdings gut mit der MBB-Betriebsnummer.

  • Hallo Hendrik,

    Müllerschieber sind eine Weiterentwicklung der Karl-Schulz-Schieber, bei denen aber nicht geteilte Schieberkörper wie bei den Vorgängern eingebaut wurden.
    Vielmehr schließt der einstömende Dampf im Inneren des Schieberkörpers Deckel und so nimmt der Schieber seine Funktion auf.
    Im drucklosen Zustand offenen diese Deckel ohne Federn selbsttätig und geben den Luftstrom zum Ausgleich frei.
    So eingehend habe ich mich mit dieser Schieberbauart aber noch nicht beschäftigt, so daß ich nicht jedes Detail erklären kann. Bedient werden sie aber wie Karl-Schulz-Schieber.

    Richtig. Das war der Haus- und Hofschieber der Bundesbahn. Aber auch die ersten DR-Neubauloks bekamen Müllerschieber.

    @Gulliver: Entschuldige bitte. Das war jetzt keine Absicht.

    Die Nummer lässt sich folgendermaßen herleiten.

    99 ist klar.

    4xxx Loks mit der 1 und der 4 hinter der 99 hatten 750 mm Spurweite. Die 4 wurde dabei für Loks verwendet, die von irgend welchen Privat- oder Kleinbahnen übernommen wurden. ( Mansfelder Bergwerksbahn )

    Die 0 steht für 10 t Achslast

    11: Man versuchte, verschiedenen Bauarten unterschiedliche Zehnergruppen zuzuteilen. Dabei wurde logischerweise immer mit 1 begonnen.

    Eine 99 4001 gab es nach dem zweiten Weltkrieg kurzzeitig in Mügeln ( Beutelok ).

    Entsprechend beginnt die folgende freie Gruppe mit 99 4011.


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    Deine oben genannten Argumente zum Thema Lack sind für mich vollkommen einleuchtend. Ich wollte auch nicht die 99 4011 zum Thema einer Grundsatzdebatte machen. Der neuzeitliche Spiegeleffekt kann eine ganz simple Ursache haben. Die Bestimmungen zur Verarbeitung von Lack sind sehr streng und ändern sich ständig. Eventuell verwendet das Dampflokwerk Farblacke, die abschließend mit einem Klarlack versiegelt werden müssen. Das könnte zu einem ähnlichen Effekt führen, wie wenn man Glas und Silber zusammen bringt. Aber das sind laienhafte Spekulationen.


    Viel spannender sind die ausführlichen Beiträge zum Thema Druckausgleichkolbenschiebern. Vielen Dank für die interessanten Ausführungen.

    Gruß
    John

  • Hallo Hendrik und Achim,

    danke für Eure Informationen. Leider habe ich eben vergessen, meine Antwort zu speichern. Da ich schon wieder 'rausgeflogen war, war der Text weg.

    Nur noch soviel: 1931 war Weltwirtschaftskrise. Die Loks 6 - 9 hat man trotz knapper Kassen beschafft, weil man den Betrieb auf der Bergwerksbahn rationeller und sparsamer gestalten wollte. Das hat man auch geschafft.

    Fernthermometer habe ich bei unseren Loks nicht mehr erlebt. Ich wollte aber darauf hinweisen, dass das bei der 99 4011 / Lok 7 nicht prinzipiell Neues ist.

    Beste Grüße,

    Stefan

  • Hallo Achim,

    vielen Dank für die Erklärung. Mich würde natürlich mal interessieren, ob die 99 4652 immer noch oder wieder über Müller-Schieber verfügt. Die Nicki fährt ja mit Trofimow-Schiebern herum, aber stammen die von der Frank S alias 99 4652 oder wurden sie neu angefertigt? Wo ich am Samstag die Zylinder mal ganz aus der Nähe und ohne Verkleidung betrachten konnte, kam mir diese Frage in den Sinn.

    Viele Grüße
    Hendrik

  • Hallo Hendrik,

    da waren wir lange auch nicht sicher. 1993 gab es ja die Legende, daß 99 4652 ihre Trofimow-Schieber der Nicki+Frank S. spenden musste, die ja bis dahin noch mit Müller-Schiebern unterwegs gewesen war.
    An 99 4652 hat niemand nachgesehen, warum auch.

    Dem war aber offenbar nicht so, wie sich kürzlich bei der Demontage der 99 4652 zeigte. Nicki+Frank S. hat offenbar völlig neue Schieber bekommen und 99 4652 ihre schon in den 60ern in Görlitz eingebauten Trofimow-Schieber behalten.

    Beweisfoto anbei:

    Auch wenn das Foto nicht aller erste Sahne ist, so erkennt man aber doch den linken Trofimow-Schieber der 99 4652, der einstweilen abgelegt wurde. Keine Angst. Das Ding muß ohnehin noch gründlich aufgearbeitet werden und verträgt ein paar Schrammen in diesem Zustand ganz gut. Ein gebrochener Schieberring liegt gleich daneben.


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    danke vielmals für diese erschöpfende Antwort! Ein weiteres Rätsel um diese Lok ist gelöst. ;) Auch neu für mich ist, dass die Lok die Trofimow-Schieber offenbar schon zu Nordstreckenzeiten erhalten hat. Ob das wohl auch für ihre Schwestern galt?

    Sehr interessant auch das Beweisbild. Wie niedlich doch der Schieber im Vergleich zur Schiene oder auch zum Trofimow-Schieber der 41 144 (Bild bei Wikipedia) wirkt...

    Hoffen wir, dass er an der 99 4652 schon bald wieder für ein (bei den kleinen Maschinen ja eher dezentes) Klacken sorgen darf!

    Viele Grüße
    Hendrik

  • Hallo Hendrik,

    daß die drei HF 110 C Mitte der 60er Trofimow-Schieber bekamen, ist keine neue Erkenntnis. Das genaue Datum müsste man zumindest für 99 4652 anhand des Betriebsbuches herausbekommen. Fotos helfen da leider nicht weiter, weil die Müllerschieber bekanntlich auch äußerlich nicht erkennbar sind.

    Die Größe der Schieber ist natürlich mit einer Regelspurlok nicht vergleichbar. Die Funktionsweise ist aber identisch.
    Allerdings haben die Trofimow-Schieber der Bauart Görlitz ( die der Schmalspurloks ) keine Führungs- und Überströmnuten und auch keinen inneren Dichtring ( wie auf den Fotos des Schiebers der 41 erkennbar ). Statt dessen ist die Schieberstange im mittleren Bereich etwas geschwächt, so daß zum Überströmen des nötigen Dampfes ( für ein Dampfpolster beim Aufschlagen des losen auf den festen Schieberkörper ) ein Ringspalt entsteht.
    Gegen Verdrehen sind diese kleinen Schieber nicht gesichert, was aber in der Praxis keine Rolle spielen dürfte, weil die Schieberringe ohnehin in ihren angestammten kleinen Riefen bleiben dürften und sich freiwillig wohl nicht verdrehen würden.


    Viele Grüße

    Dampfachim