Als allererstes: Ich möchte mich nicht an den teilweise sehr unsachlichen Diskussionen zum Unfallhergang beteiligen! Da das anstehende Rechtsverfahren noch läuft, sind allesöffentlichen Vermutungen und wir sollten hier auch die Klärung den vom Gericht berufenen Sachverständigen überlassen.
Für mich ist daher wichtig das hier nur gezeigt werden soll, das die Lok 20 nicht unwiederbringbar verlohren ist, auch wenn ich hier an dieser Stelle keine Aussagen zu den zu erwartenden Kosten machen kann und will und vor allem wer das nun schlussendlich bezahlen muss...
Betrachten wir es daher so, wie ein unabhängiger Sachverständiger diese Lok zu Beginn einmal umgehend untersucht, um erste Schätzungen zu dem zu erwarteten Instandsetzungsaufwand zu machen. Dieses ist immer dann nötig, wenn eine solche umfangreiche Instandsetzung im genauen technologischen Ablauf detailiert geplant und abgewogen werden muss. Schon dem Laien fallen hier im Vorbeigehen eine vielzahl von Schäden auf die auf eine enorme Kraftverteilung im Zeitpunkt des unmittelbaren Anstosses schließen lassen. Auch wenn diese gleich erkennbaren Schäden am Umlauf und Führerhaus groß erscheinen, ist hier die nähere Untersuchung des äußerlichen Fahrzeugrahmens ausschlaggebend für die Höhe des Schadens und vor allem ob sich eine Reparatur überhaupt lohnt. Das klingt zwar im ersten Moment etwas mackaber, aber jeder Sachvertändige ob für Straßen- oder Schienenfahrzeuge fällt im Nachherein ein Urteil über den Wiederaufbau oder den wirtschaftlichen Totalschaden. Die vorgefunden Schäden am Rahmen lassen aber nach augescheinlicher Prüfung den ersten Schluss zu, das keine irreparablen Verwerfungen des Rahmens vorliegen. Genaueres kann man aber erst hundertprozentig bei der Vermessung des Rahmens ausschließen. Dazu muss hier in diesem Fall die Lok vollständig demontiert werden, aber das hat aber eher mit den zusätzlichen Schäden an der Kesselbefestigungen zu tun. Im Normalfalle würde hier auch ein Ausachsen der Lok reichen.
Die Kontruktion der Zug-und Stoßvorrichtung an der Rahmenstirnseite hat hierbei die Aufprallkraft bei dessen unmittelbarer Zerstörung lelativ gleichmäßig an den Rahmen weitergegeben. Die sonst üblichen Verwerfungen im Bereich zwischen Rahmenstirnseite und dem vorderen Kesselträger als ersten Festpunkt blieben so weitgehend aus.
Der Rahmen wurde somit relativ gleichmäßig nach Hinten verschoben wobei jedoch alle mit dem Rahmen fest verbundenen Träger die Kraft an das schwächere Material weitergaben. Daher die umfangreichen Verwerfung des Umlaufes.
Aufgrund der Massenträgheit machte jedoch der schwere Kessel diese Bewegung nicht so schnell mit und riss aus dessen vorderen Festpunkt vollständig ab und wurde nach vorn verschoben. Dampflokkessel sind bauartbedingt meist nur im vorderen Teil fest mit dem Rahmen verbunden. Durch die Längenausdehnung des Kesselmaterials sind die weiteren Befestigungen längenverschiebbar ausgeführt. Diese beiten daher keinen Halt für das im Unfall nach vorn bewegende Kesselgewicht. Das Abreissen der Bolzen zeigt deutlich welche Kräfte hier im Falles Aufpralls gewirkt haben und entlasteten den vorderen Teil des Rahmens zusätzlich. Schäden im Bereich der Dampfeinströmrohre lassen sich jedoch erst nach der Demontage des zerknitterten Verleidungsbleches und nach Blick in die Rauchkammer ermitteln. Die hinteren Kesselauflagen sind vollständig aus der Führungsgleitbahn gerutscht.
Der in den Medien ziemlich specktakulär wirkende Dampfaustritt aus dem Kessel wurde durch das Reißen des Abschlammerflansches verursacht. Hierbei trat unkontrolliert heißes Wasser mit vollem Kesseldruck aus, das sich zusätzlich durch den schlagartigen Druckabfall in Dampf umwandelte. Dieser Schaden ist für den Kessel relativ harmlos zu betrachten, wenn das Lokpersonal noch in der Lage gewesen sein mag das Feuer sofort danach auszuwerfen.
Weitaus schwer wiegender sind die Schäden am Tender der Lok20 zu betrachten. Der sich nach hinten verschiebende Rahmen gibt die Kräfte des Aufpralls an den leichten Tender weiter, der wiederum verucht diese Bewegung nach hinten an dem hierbei laufenden Packwagen weiterzugeben. Durch die im Gegensatz zur Scharfenberkupplung starre Mittelpufferkupplung begünstigte das sogenannte "Aufsteigen" des Tenders. Dieser schob sich somit auf den Rahmen des nachfolgden Packwagens und verkeilte sich auf dessen Bühne. Das Kippen des Tenderoberteils bewirkte zusätzlich eine Kraftableitung auf des Führerhaus. Zu dem verformte sich der Kohlenaufsatz, der wie ein Hohlkörper aufgeweitet wurde. Das wasserführende Unterteil des Tenders ist hingegen durch die inneren Verstrebungen und Schwallbleche relativ stabil und damit intakt geblieben.
Durch das Aufsteigen des Tenders wurden die massiven Zugstangen verbogen und die Stirnseite des Tenderrahmens verformt. Dem Nachgeben des Tenders ist es daher auch zu verdanken, das es zu keiner größeren Beschädigung des hinteren Lokrahmens gab.
Das Führerhaus jedoch kollabierte zwischen den sich nach hinten verzogenen Umlauf und dem nach vorn eindringenden Tenderoberteil. Allein der geringen Aufprallgeschwindigkeit ist es daher zu verdanken, das Personal den notwenigen "Überlebensraum" behalten konnte. Angesichts der eingetretenen Schäden für Material und den Reisenden ist es gerade für mich wichtig, das im Falle des Falls auch an das beteiligte Personal gedacht werden muss.
Ich habe bewusst versucht, hier nicht emotional die Folgen des Unfalles zu bewerten. Ich weiss aus meiner ehrenamtlichen Arbeit selbst, was es auch für mich heissen würde, innerhalb von wenigen Minuten seinen Traum zerstört zu sehen. Für mich ist es wichtig, das man aus den gemachten Fehlern lernt, ohne gleich mit dem Finger auf die beteiligten Personen zu zeigen. Ich finde, es ist dem enormen Elan des MBB eV. zu verdanken, daß die Lok20 wieder in Deutschland zum Einsatz kam und daher hoffe ich neben der Entschädiung der Verletzten, auf eine schnelle finnanzielle Lösung diese Lok wieder einsatzfähig herzurichten.
EDIT: Bildgröße angepasst