Hallo liebe Eisenbahnfreunde,
zur Zeit ist es in Anbetracht des Gedenktages 9. November „in“ sich zu erinnern, was vor 20 Jahren usw…
Erinnert sei im Zusammenhang mit dem 9. November übrigens auch noch an zwei weitere Daten.
9. November 1918 = Kaiser Wilhelm II wird entmachtet ( nach Hinweis aus DSO, Vielen Dank )
9. November 1938 = „Reichskristallnacht“ also der Progrom gegen jüdische Einrichtungen im gesamten Deutschen Reich.
Das wird im Hinblick auf den Tag vor 20 Jahren zur Zeit leider immer wieder vergessen.
Aber keine Angst. Jetzt wird es nicht politisch. Es geht auch nicht um den November 1989, sondern wir gehen noch weiter zurück.
Im Oktober 1985 hatte ich als 15 jähriger Schüler noch einmal Herbstferien, die ich nutzte, um meine Verwandtschaft in Dresden zu besuchen.
Ein guter Bekannter aus dem dortigen Wohnhaus hat einen genauso eisenbahninteressierten Sohn, mit dem ich mich schnell anfreundete.
Lieber Holger, falls Du hier mitliest, viele liebe Grüße.
Ich hatte meinen Fotoapparat mitgebracht. Ein russisches Wunderwerk, schlicht eine Fehlkonstruktion. Das Ding hieß Wilia und ich hatte es zur Einsegnung geschenkt bekommen. Ein wenig fotografieren konnte man damit, aber…
Die Optik wies deutliche Abschattungen und Randunschärfen auf und war alles andere als gut und scharf. Die Brennweite lag bei 45 mm oder so, also leicht Weitwinkel.
Der Apparat folgte der guten alten Schätzmethode. Entfernung und Belichtung mussten von Hand eingestellt werden. Einen Belichtungsmesser nannte ich noch nicht mein Eigen. Wenigstens lernte ich die Gesetze der Optik etwas beherrschen. Die Tiefenschärfe wurde mein „bester Freund“.
So waren knackscharfe Fotos bei mäßigem Licht wirklich Glückssache. Ich lernte mit diesen Unzulänglichkeiten leidlich umzugehen. Auch der empfindliche Filmtransport, der nach ca. 20 Bildern muckte, war einigermaßen beherrschbar.
Für die heutige Jugend ist das im Zeitalter der Digitalfotografie wohl kaum zu glauben. Wir hatten keinerlei Automatik, nicht einmal Autofocus.
Am ersten Abend machte ich mit Holger einen Schlachtplan. Holger hatte gerade den restlichen Güterverkehr zwischen Wolkenstein und Niederschmiedeberg für sich entdeckt. Ich war aber eher an Quantität interessiert und so eher für 4 fahrende IV K in Mügeln zu begeistern. Ein schwerer Fehler, wie sich später erweisen sollte.
Die Preßnitztalbahn hätte wohl noch einen weiteren Besuch verdient gehabt.
Also wurde jeweils ein Abstecher zum „Wilden Robert“, zur „Lößnitzgrundbahn“ und zur „Weißeritztalbahn“ geplant.
Die Fotoausbeute, vor allem bei der „Lößnitzgrundbahn“, war nicht berauschend. Zumindest für heutige Ansprüche genügen die Bilder wohl kaum, aber seht selbst:
Nach der Ankunft in Oschatz mit dem Regelspurzug wurde sogleich der abfahrbereite Güterzug mit 99 1542 ins Auge gefasst. 99 1542, die eigentlich für ihr geknittertes Nummernschild an der Rauchkammertür bekannt war, hat hier ein gemaltes Exemplar, dass bei bestimmten Blickwinkeln kaum lesbar war. Die Bremsleine der Heberlein-Seilzugbremse ist eingefädelt und der Zug bereit für die Bremsprobe. Auf das Signal zum Vorrücken scheint der Lokführer zu warten.
Kurze Zeit später setzt sich der Zug bimmelnd und pfeifend in Bewegung und passiert das kleine Stellwerk an der Bahnhofsausfahrt. Hätte ich doch das Signal mit ins Bild genommen…
Im Hintergrund wartet Holger auf mich. Wir wollten noch einen Blick auf die Bahnhofsanlagen wagen.
Weit hinten ruht sich die Rangierlok aus. Es ist an diesem Tag die 99 1584, die mit dem letzten Güterzug aus Mügeln gekommen war und 99 1542 ersetzt hatte.
Dichter ran trauten wir uns nicht. So musste ein Blick über die Gleise hinüber reichen. Bei 45 mm Brennweite ist natürlich noch viel Gedöns drumrum auf dem Bild.
Nach einem Fußmarsch nach Mügeln trafen wir dort u.a. auch auf 99 1608, die wohl gerade mit einem Zug aus Kemmlitz eingetroffen war. Unterwegs war uns noch 99 1564, die vierte Planlok an diesem Tag begegnet. Von dieser Lok gelang mir aber kein brauchbares Foto an diesem Tag.
Ortswechsel.
In Radeburg steht ein Personenzug nach Radebeul Ost abfahrbereit. Wegen des dürftigen Lichts, hatte ich einen NP 27 eingespult, eine Filmsorte mit der ich noch jahrelang überhaupt nicht klarkommen sollte. Entweder die Fotos waren, trotz der höheren Empfindlichkeit, noch immer unterbelichtet. Meine Schätzungen und die komische Tabelle auf dem Beipackzettel schienen immer zu versagen. Oder die Fotos waren so flau, so dass sie erst heute mit der Bildbearbeitung einigermaßen vorzeigbar werden.
Die Experimente mit hartem oder extra hartem Fotopapier im heimischen Fotolabor konnten mich nie befriedigen.
Das Foto der 99 1781 am Zug nach Radebeul bekomme ich aber auch heute nicht wirklich hin.
Wie üblich, hat die 99 1781 hinten kein Nummernschild, sondern die in Radebeul immer tief angebrachte dritte Lampe. Das war nötig, damit man beim Bekohlen nicht die Lampe mit dem Kohlenhunt zerdrückte.
Irgendwie schien mich dieses „Leuchtmittel“ an der 99 1781 zu interessieren. Sei es drum. Ich zeige es Euch mal spaßenshalber.
In die Kategorie Papierkorb gehört eigentlich dieses Bildnis der zweiten Planlok 99 1793 an diesem Tag.
Alles in allem. Ein erster Eindruck von der Traditionsbahn, aber ohne Traditionsbetrieb. Zu Hause nach der Entwicklung der Negative stand fest. Der Tag war fotografisch gesehen ein Reinfall. Da musste ich wieder hin. Allein um mal ein paar ordentliche Bilder zu bekommen.
Es geht flau weiter, aber es wird wieder besser.
In Freital Hainsberg zieht sich 99 1786, die wohl den Rangierdienst besorgte, in die Einsatzstelle zurück. Fällt Euch was auf???
Nicht die Lampensammlung an der Rückseite ist gemeint.
Auch 99 1746 kurvte auf dem Bahnhof umher. Die war aber fototechnisch in so ungünstiger Position, dass ich sie hier nicht vor die Linse bekam.
Eine ganz hübsche Dame tauchte nun auf der Bildfläche auf. 99 1791 trieb sich auch ziemlich überall herum. Sogar zu uns nach Rügen hat sie es geschafft. In Zittau wurde sie eingesetzt, in Othal und Radebeul. Früher war sie auch in Thum zu Hause. Hier in Hainsberg war sie aber sehr hübsch herausgeputzt.
99 1791 wurde „meine“ Lok des Tages. Ich konnte ja nicht ahnen, dass es 1991 mal meine Planlok für 3 Monate werden sollte.
Kurz vor unserer Abfahrt ins Gebirge tauchte aber noch 99 1776 mit einem Güterzug auf. Fotos habe ich davon aber keine ordentlichen.
In Seifersdorf stand ein Aufenthalt im Fahrplan, natürlich für eine Zugkreuzung. 99 1791 pfeift kräftig, damit die Kollegen auf der Gegenseite auch etwas hören können.
Lang – Kurz – Lang. Das heißt auch heute noch „Kommen“.
Es kam 99 1773, deren Rückansicht ich gar nicht ins Bild bekam. Das Negativ habe ich gar nicht gescannt.
Ankunft in Kipsdorf. Achim knurrte der Magen uns so trieb es ihn auf die Suche nach etwas essbarem. Ich kannte mich dort überhaupt nicht aus, so dass ich auch hoffte, dass unsere 99 womöglich am Bahnsteig ihren Durst stillen würde. Das tat sie aber nicht, sondern entschwand in Windeseile in Richtung Freital. Aha, da unten muß irgendwo der Lokschuppen sein. Ich bekam irgendwas von Kanal und reparieren oder Nachstellen mit. Das rief der Heizer irgend jemanden zu. Ich weiß natürlich nicht mehr, worum es ging.
Rechtzeitig zur Abfahrt war die 99 1791 aber wieder da. Der Fahrdienstleiter hängt wie üblich außenbords.
Warum der Heizer für die Talfahrt noch so doll aufgelegt hatte…
In Obercarsdorf wartete 99 1746 mit einem GmP auf uns. 99 1746 war eigentlich keine waschechte Hainsberger Lok. Erst ein Jahr vorher war sie aus Zittau umgesetzt worden. Sie hat sich gut eingewöhnt und ist ja nach wie vor im Hainsberger Lokschuppen zu finden.
Hoffen wir, dass sie auch bald wieder durch Obercarsdorf dampft.
Alle Fotos: Achim Rickelt, Oktober 1985
Weitere Besuche bei den gezeigten Bahnen sollten folgen, von denen ich Euch ja bei Gelegenheit mal berichten kann.
Viele Grüße
Dampf – Achim Rickelt