Waldbahnen in Rumänien 1992, Teil 1

  • Guten Abend

    Nachdem 1989, zu Weihnachten, der einzige Diktator im Osten erschossen worden ist, reizte es mich schon, mal nach Rumänien zu gehen.

    Die Waldbahnen, von denen man so einiges hörte, hätte ich schon gerne gesehen.
    Nun war in der Person von Emil Scherrer bei der Firma Stöckli Reisen ein langjähriger Reiseleiter, den ich auch sonst kannte bereit, eine solche Reise durchzuführen.
    Emil hat, im Nebenjob schon seit den 70er Jahren Reisen in die Oststaaten durchgeführt. Seit er pensioniert ist, hat er das auch weitergeführt.
    Nun kurz und gut: Am 5. September 1992 flogen wir nach Bukarest.
    Dort dann die grosse Überraschung: Wir wurden mit einer deutschen Gruppe von F......-Reisen zusammengelegt.
    Man hat sich zusammengetan, um die Reise, trotz zu wenig Anmeldungen durchführen zu können.

    Diese Ausgangslage war nicht unbedingt glücklich zu nennen, weil die Deutsche Gruppe doch eine „Hardcore“ Eisenbahngruppe war, während wir Schweizer, bis auf zwei Welsche, durchaus auch andere Interessen hatten.

    Ein Berliner fiel mir schon von Anfang an auf, mit seinem lauthals vorgetragenen Ausspruch: „Für die Woche müssen 20 Mark genügen!“
    Ich hab mich insgeheim gefragt, was er dann mit dem gesparten Geld wohl macht. Immer in Anbetracht dessen, dass das hölzerne Hemd keine Taschen hat.

    Nun, nachdem die Deutschen eingeladen waren fuhren wir per Bus nach Brasov,. Dort Übernachten und beschnuppern.
    Am nächsten Morgen Sollten wir die Waldbahn Covasna - Commandau besuchen. Wir hatten dazu einen Sonderzug mit einer P8 ähnlichen Lok, einer rumänischen 230er, gemietet.

    Auch ein bisschen Beifang gabs:

    Eine Baureihe 40:

    Ein Diesel Baureihe 80:

    Eine unverwüstliche 060 DA:

    In Sfantu Gheorghe bogen wir auf eine Nebenlinie ab:

    Dort konnten wir ohne Hemmungen Fotohalte machen:

    Die Strecke hatte ihren Charme:

    Disziplin war nicht unbedingt die Stärke dieser Gruppe. Während wir gewöhnt waren, eine Fotolinie zu bilden, war sich dort jeder der Nächste. Gotteseidank macht es heute keinen Aufwand mehr, jemand rauszukopieren.
    So wie hier:

    In Covasna empfing uns die Rangierlok des Sägewerks::

    Nachher gings schmalspurig weiter:

    In geschmückten Wagen:

    Was dann schon die ersten Diskussionen ergab: Für die HC-Einsenbahnfans Mickyomouse, für die Andern einfach Ausdruck der Freude, derer, die den Zug bereitgestellt hatten.

    Vorbei an im Bau befindlichen Kirchen:

    Bis zur Seilbahn:

    Mit Pferdeantrieb:

    Eine Fahrt wurde simuliert. Es war Sonntag.

    Nachher gings bei strömendem Regen zu einem Restaurant, wo wir unter einem Verschlag üppig speisten:

    Der Herr mit dem Bart, 2. von rechts, mit dem schalkhaften Blick, war mein Zimmergenosse, Toni Reisacher.
    Toni war auch Führer im DVZO, und ich bin immer sehr gerne als Heizer bei ihm gefahren. Er war der einzige Führer, mit dem ich mich, ohne Worte verstand. Er sah vor der Abfahrt ins Feuer, sah mich an, und wusste, wie er fahren soll. Diese stillschweigende Zusammenarbeit habe ich so später nicht mehr erlebt.
    Was aber nicht hiess, dass er humorlos war. Als Appenzeller hatte er seinen Mutterwitz, der sich auch auf dem Führerstand manchmal bemerkbar machte.
    Grundsätzlich geht es bei mir während der Fahrt auf dem Führerstand immer Dienstlich zu. Gespräche über die Sportresultate etc. haben während der Fahrt nichts auf einem Führerstand verloren. Leider wird das nicht auf allen Museumsbahnen so durchgeführt.
    In meinen Augen ist das weder professionell, noch dient es der Sicherheit.

    Bei Toni war es aber so, dass er manchmal „Mönschenfleisch, Mönschenfleisch“ in den Bart grummelte. Als junger Heizer konnte man dann sicher sein, dass sich in Kürze eine schöne „Aussicht“ bot.

    Währenddessen wartete das Züglein geduldig auf der Strecke:

    Nachher gings dann wieder zurück:

    Und nun kam endlich wieder die Sonne hervor:

    In Covasna angekommen wieselte ich noch ein wenig auf dem weitläufigen Gelände der Sägerei umher.

    Heute ist nichts mehr vorhanden. Alles weg sagt Google Earth.

    Emil hat es sich derweil im Bahnhof gemütlich gemacht:

    Am nächsten Tag fuhren wir zur Waldbahn nach Tazlau.

    Die Bahn hatte nur noch 3 Jahre zu leben. Das wussten wir aber noch nicht zu diesem Zeitpunkt.

    Das Problem ist, heute, da die Bahnen abgebaut sind, kann man über den genauen Verlauf nur noch spekulieren. Wo genau jedes Bild aufgenommen wurde, ist nicht mehr anhand von Karten und Satellitenbildern nachzuvollziehen. Die Aufnahmeorte sind daher nur ungefähr.

    Die Landschaft war durchaus idyllisch:

    Der Packwagen selbstgestrickt:

    Und die Kühe leben manchmal gefährlich:

    Dann ging es in den Wald!
    Nun ist es so, dass die 100 ASA der damaligen Diafilme im Wald, im Schatten, bei bewölktem Wetter, nicht unbedingt zum optimalen Filmmaterial gehörten.
    Der 400 ASA Papierfilm von Kodak war ziemlich neu, und Diafilme für 400 asa gab es noch nicht.
    Somit litt die Qualität unter den langen Belichtungszeiten. Ich bitte das zu entschuldigen, wenn nicht jedes Bild gestochen scharf ist.

    Über diese Brücke musst du gehn:

    Wenn Du den Zug willst fahren sehn:

    Der Toni ist auch durchgestartet, im Hintergrund der Zug schon wartet:

    Er kommt mit Sausen und Gebraus:

    Das Ganze wurde mehrmals wiederholt, das einem kreative Änderung der Fotostandorte erlaubte:

    Im meiner Erinnerung waren aber nicht viele Kreative dabei.
    Dabei ist Zug und Landschaft doch eigentlich das Wahre! Die Loks kann ich ja auch heute noch im Museum abknipsen.

    Weiter hinten im Tal war dann Wasserfassen angesagt, mittels „Schlürfomat“

    Die ganze Installation von oben:

    Plötzlich kamen wir dann an eine Verzweigung. Hier war der Endpunkt unserer Reise erreicht.

    Nun war kreatives Rangieren angesagt:

    Die ganze Komposition wurde mittels eines Seiles auf das Abzweiggleis vorgezogen, bis die Weiche frei war, und dann konnte die Lok ans andere Ende des Zuges gelangen.

    Nachher auf der Rückfahrt war das Licht leider schon zu schlecht um im Wald noch gute Bilder zu schiessen.

    Lediglich Herr Cojucaru, der Repräsentant der Tourismusbehörde, wurde noch beim Verscheuchen von Pferden vom Gleis geknipst:

    Am nächsten Tag war die Verschiebung von Brasov nach Bistrica.

    Wir kamen am Mördersee entlang (Lacul Rosu), der durch einen Bergsturz ca. 1840 entstanden ist, Wald überflutet hat, und die Baumstrünke immer noch im Wasser sind:

    Im Hintergrund sieht man die Bäume noch im Wasser.

    In Bicaz sahen wir abgestellte und Teil-ausgeschlachtete Dampfloks:



    Hm, an dieser Lok war ja noch das Schild dran!

    Auf der Weiterreise kamen Monsieur Sch... de Biènne und ich auf die Schilder zu sprechen.
    Es wäre schade, wenn sie den Weg alles Eisens gehen würden.

    Monsieur Cojucaru wurde freundlich gefragt, ob es einen Weg gäbe die Schilder legal zu erhalten.
    Nun, auf alle Fälle sind sie gerettet worden:

    Teil zwei wird folgen.

    Gruss Guru

  • Per PN wurde ich von einem User gebeten, doch bitte meine eigenen Erfahrungen als Heizer auf der Dampflok im heimischen Gebirge nicht zu schildern, da sie zu kritisch angehaucht sind. Aus diesem Grund habe ich das ursprünglich hier zu findende Statement (als Vergleich zu einer Aussage aus dem wunderschönen Bericht hier) gelöscht.

    Danke und Gruß, René

    3 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (21. März 2016 um 04:43)

  • Hallo,

    danke für den interessanten Bericht und die persönlichen Begleittexte. :spos:

    Gruß, René

  • Zitat

    Original von rekok73
    Per PN wurde ich von einem User gebeten, doch bitte meine eigenen Erfahrungen als Heizer auf der Dampflok im heimischen Gebirge nicht zu schildern, da sie zu kritisch angehaucht sind. Aus diesem Grund habe ich das ursprünglich hier zu findende Statement (als Vergleich zu einer Aussage aus dem wunderschönen Bericht hier) gelöscht.

    Danke und Gruß, René

    Hmm, das hatten wir doch schon mal bis 1989.
    Aber enewe, ich gebe trotzdem Antwort:

    Meiner Auffassung nach schneidet sich ein Lokführer ins eigene Fleisch, wenn er den Heizer aussen vor lässt.
    Dass T.R. das Feuer selber beurteilen konnte, lag einfach daran, dass er in den 50er Jahren noch Gütezüge über den Bözberg geheizt hat. Heizen ist wie Velofahren: Man verlernt es nie.

    Wenn ich mir nicht sicher war, habe ich das immer den Führer wissen lassen. Im Gegensatz zum normalen Betrieb, dauert es einfach länger, bis sich Routine aufbaut.
    An Allen Strecken, die ich gefahren bin, das Waren Bauma - Hinwil, Südostbahn ab Samstagern und SZU, ab Giesshübel, Begann, ausser SZU in Richtung Langnau, jeweils gerade hinter dem Bahnhof die Steigung: Bauma- Hinwil mit 29%o und scharfer Kurve, Samstagern 50%o mit scharfer Kurve. Einzig die SZU war human.

    Mit unsern Nassdampfmaschinen, die übrigens fast immer an der Grenzlast, oder darüber hinaus liefen, konnte eine massvolle Anfahrt so viel bringen, dass man die halbe Minute Zeitverlust später problemlos wieder hineinholte.

    Man kam nicht in die Absteigende Spirale, wie ich es nenne: Das Feuer noch nicht auf Vollglut, Einfahrt in die Steigung, Brauchst mehr Dampf, Druck sinkt, brauchst noch mehr Dampf, Druck sinkt noch mehr, brauchst noch mehr Dampf usw.
    Wenn dann das Feuer auf Vollglut ist, holst du den Nachteil nicht mehr auf. Gerade bei Nassdampf.
    Im Gegensatz, fährt man vorsichtig an, so dass das Feuer auf Vollglut kommt. hast du nach spätestens 300 Meter steigenden Druck. In dem Moment kann man auch beschleunigen. Und Speisen (wir hatten nur Injektoren).

    Was aber nicht heisst, dass sich der Heizer ausruhen kann! Und der Fahrplan spielt natürlich auch eine Rolle.

    Gruss Guru