Hallo liebe Schmalspurfreunde,
zur Zeit in diesem Forum geführte Diskussionen zur alten Preßnitztalbahn https://bimmelbahn-forum.de/wbb13/60/threa…adid=11040&sid= veranlassten mich, meine eigenen Aufnahmen dieser Strecke auch einmal wieder zu betrachten. Ich war damals nur ein einziges Mal, nämlich am 20.7.1986 im Preßnitztal unterwegs und habe leider gar nicht so viele und schon gar nicht besonders tolle Fotos mitgebracht. Anfang 2008 zeigte ich sie im alten Forum schon der Bimmelbahngemeinde, die damals wohl noch deutlich kleiner war. Weil ein Link ins alte Forum sinnlos wäre, alle Bilder sind seit langer Zeit verschwunden, habe ich das Thema nochmals geringfügig (wirklich nur geringfügig) aufbereitet und die Fotos neu hochgeladen. Der Text stellt also meinen Erkenntnisstand von 2008 dar und das habe ich ganz bewusst nicht verändert.
Viel Spaß also mit meinen Eindrücken der alten Preßnitztalbahn auf technisch und motivlich unvollkommenen Fotos aus dem Jahr 1986.
Euer Dampfachim
Hallo liebe Schmalspurfans,
zur Zeit scheint das Thema Preßnitztalbahn ja hoch im Kurs zu stehen. Ich hatte ja schon länger versprochen, meine wenigen Fotos aus der letzten Betriebszeit im Preßnitztal hier einmal zum Besten zu geben.
Ich sehe das als Ergänzung zu den wunderschönen Beiträgen der letzten Zeit.
Die Sommerferien 1986 begannen bei mir mit 100 Jahre Molli. Wenige Tage später machte ich mich auf den Weg zur Verwandtschaft in Dresden und Neustadt / Sachs.
So hatte ich günstige Bedingungen, fast alle noch aktiven Schmalspurbahnen in Sachsen zu besuchen.
Mit meinem Freund Holger machte ich mich am Sonntag, dem 20. Juli 1986 auf den Weg ins Preßnitztal. Die bekannte Schmalspurbahn Wolkenstein – Jöhstadt hatte schon fast ausgedient in diesem Sommer. Im Januar 1984 endete der Betrieb zwischen Niederschmiedeberg und Jöhstadt. Bis September 1984 verkehrten die Personenzüge noch von Wolkenstein nach Niederschmiedeberg. Dann gab es nur noch Güterzüge von Wolkenstein zur Bedienung des Kühlschrankwerks in Niederschmiedeberg, dem größten Frachtkunden der Bahn.
Von Dresden verkehrte morgens ein Bus bis Annaberg-Buchholz, der für uns ein wunderbarer Anreiseweg nach Wolkenstein war. Dort am Bahnhof angekommen, war kaum Zeit für eine größere Bestandsaufnahme. Der Schmalspurzug war nicht da, also los ging der Fußmarsch nach Niederschmiedeberg. Zunächst schlugen wir einen Bogen um Schönbrunn, um später die Regelspur zu unterqueren. Ich hatte schon Angst, dass uns der rückkehrende Schmalspurzug entgangen war, Holger konnte mich aber beruhigen. Aus einiger Entfernung konnte nun ein „stinknormaler“ Personenzug in Richtung Flöha auf Film gebannt werden.
Eine unerkannt gebliebene V 100 schleppt einen Personenzug nach Flöha.
Wo war aber der Schmalspurzug. Der müsste ja den gleichen Weg nehmen. Dieser Streckenteil war ja dreischienig ausgeführt.
Ein Pfad führte uns an die Strecke zurück und schon bog die klappernde Rollwagenschlange um die „Ecke“. Vorn schepperte das Gewerk der 99 1606, dahinter mehrere Rollwagen und ein Packwagen in dem offenbar schon Feierabendstimmung herrschte. Alle saßen an einem Tisch und spielten Skat.
Da war er, der erwartete Güterzug der Preßnitztalbahn. Das Dreischienengleis vor Wolkenstein markiert die letzten Kilometer des Zuges, bevor er in die Gütergleise des Bf. Wolkenstein einschwenkt.
Das Schauspiel war nach kurzer Zeit vorbei und wir machten uns beruhigt auf den Weg ins Preßnitztal.
Die Talstraße war zu dieser Zeit für Straßenbauarbeiten gesperrt, so dass wir in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit wandern konnten. Schon bald erblickte ich die Streckenführung der Bimmelbahn, wie ich sie bisher nur aus den Bildbänden von Günter Feuereissen und von Postkarten kannte. In ständiger Schlängelbewegung wurde fortwährend das Flüsschen gekreuzt. Immer sahen die Brücken gleich aus. Ein runder Pfeiler im Flussbett trug zwei Blechträger ohne Geländer. Um es kurz zu machen, die Unterwegsstationen Streckewalde und Großrückerswalde wurden von uns nicht weiter beachtet. Das Ziel hieß Niederschmiedeberg, dort wollten wir auf den zweiten Zug warten.
Ab Großrückerswalde war die Straße nicht mehr gesperrt und es begegneten uns auch einige LKW, die offenbar mit Kühlschränken im Bauch auf dem Weg waren.
Niederschmiedeberg war nun schon bald erreicht. Der Zug war noch nicht zu hören, so konnte erst einmal das Bahnhofsgelände in Augenschein genommen werden. Zunächst fielen mir einige beladene Rollwagen auf, die grüne Werkswagen des VEB DKK Scharfenstein, BT. Niederschmiedeberg trugen. Auch ein Einheitspackwagen war noch vorhanden.
Der Bahnhof war eigentlich weniger interessant. Weiter hinten befand sich aber die Wagenübergabestelle ( Wüst ) für das DKK, die aus zwei Gleisen bestand, wovon eines mit beladenen Rollfahrzeugen besetzt war. Das Gleis verschwand nach Überquerung der Preßnitz im Werksgelände. Dort glaube ich mich an weitere Wagen und eine Diesellok ( V 10 C ) erinnern zu können, die mich aber gar nicht weiter interessierte.
Das Läutewerk des Bahnübergangs ermahnte uns, unsere Erkundung zu unterbrechen.
99 1606 überquert den Bahnübergang an der Einfahrt des Bf. Niederschmiedeberg. Rechts daneben, die Gaststätte, in der sich die Eisenbahner gleich stärken werden.
99 1606 ist kaum zum Stehen gekommen, schon treibt der Hunger den Lokführer an den Mittagstisch.
99 1606 schleppte eine neue Rollwagenschlange in den Bahnhof, kam am Wasserkran zum Stehen und das Personal verschwand erst einmal zum Dorfkrug. Aha, es war Mittagszeit. Wir fanden nun genug Zeit, sowohl die Lok, als auch die Anlagen weiter in Augenschein zu nehmen. Es wirkte schon alles sehr morbide und ein Eisenbahner, der offenbar früher aufgegessen hatte, erzählte uns, dass die Abbauzüge schon länger Steinbach erreicht hatten. Heute war aber kein Abbauzug auf der Strecke. Allerdings wären vor kurzem Berliner Draisinenfreunde auf dem Abschnitt Niederschmiedeberg – Oberschmiedeberg unterwegs gewesen.
Der Kollege machte keinen Hehl daraus, dass die Bahn den Winter nicht mehr erleben würde. Irgendwie hatte ich einen Kloß im Hals bei dem Gedanken. Leider hatte ich zu wenig Filmmaterial im Gepäck und musste etwas haushalten.
Die 99 begann zügig mit dem Rangiergeschäft, nahm auch noch etwas Wasser und machte sich bald wieder bereit für die Rückfahrt.
Die Wagenschlange musste auf das Streckengleis in Richtung Jöhstadt gezogen werden, um die Rollfahrzeuge in die Anschlussbahn zu drücken.
Neue Ladung an der Kupplung hat die IV K flink ihren Zug für die Rückfahrt zusammen gestellt.
Der Durst der Lok ließ sich am kleinen Wasserkran in Niederschmiedeberg stillen.
Rechts sind die Rollwagen mit den erwähnten Werkwagen zu erkennen, während die 99 umsetzt.
Der Bahnübergang ist abgesperrt, vorbei am gerade noch sichtbaren Einheitspackwagen 974-374, wird 99 1606 gleich wieder den Zug bespannen.
Der Kupplungskopf steckt auf der Scharfenbergkupplung. Der Eisenbahner kuppelt den schweren Kuppelbaum an und verbindet die Luftschläuche. Nach der Bremsprobe geht es talwärts, dem Feierabend entgegen.
Das überaus freundliche und aufgeschlossene Personal bot uns an, dass wir den Rückweg nach Wolkenstein im Packwagen absolvieren könnten. Meine erste und letzte Fahrt auf der Preßnitztalbahn war ein leider viel zu kurzes Erlebnis. Die Rollwagenschlange rumpelte also zu Tal. Im Packwagen herrschte eine gelöste Stimmung. Der Zugführer und die beiden Rangierer holten ihr Tischchen wieder in die Mitte und begannen die nächste Partie Skat. Ich versuchte, die Dialoge der Erzgebirgler zu verstehen, unmöglich.
Eine kurzweilige Fahrt bei herrlichem Wetter endete am „Halt“ zeigendem Signal vor der Abzweigstelle. Für mich völlig unverständlich, dort stand ein nagelneues Lichtsignal, der alte Signalmast lag daneben im Gestrüpp. Viel später las ich die Zusammenhänge um diese Signale. Nach dem obligatorischen Zugmeldegespräch bekam das Züglein Ersatzsignal Zs 1 und konnte seine Fahrt fortsetzen. Nun scherten wir nach Überqueren der Zschopau in das Regelspurgleis ein. Für mich damals ein Novum. Kurz vor Wolkenstein wechselte die Wagenschlange im Gleis die Seite und der Zug verabschiedete sich nach links von der Regelspur. Im Güterteil der Schmalspurbahn kamen wir dann zum Stehen und verabschiedeten uns von der Zugmannschaft.
Im Güterteil rangiert 99 1606 die Rollwagen an die Rollwagengrube.
Mein Standpunkt befand sich im tiefer gelegenen Normalspurbahnhof.
Auf der anderen Seite der Normalspurgleise erblickte ich den Lokschuppen, sorry Heizhaus, der kleinen Bahn.
Die Bahnsteige der Schmalspur waren schon entfernt und neben dem Lokschuppen endete die Preßnitztalbahn. In der Nähe war die 99 1585 im Freien abgestellt. Sie hatte offenbar schon länger keinen Zug mehr gezogen. Der kuriose Schneepflug mit dem Begleiterwagen erregte meine Aufmerksamkeit.
99 1585 hatte offenbar hier schon ausgedient. Am Rand abgestellt wartete diese Lok auf bessere Zeiten. Sie sollte später in Mügeln wieder zum Einsatz kommen.
Der urige Schneepflug mit dem Begleiterwagen, von dessen teilverkleideter Bühne ( hinten, leider nicht sichtbar ) die Pflugschar bedient werden konnte.
Die Bekohlungsanlage mit den Kipploren und dem Förderband war ganz in der Nähe. Dort fand sich nun bald unsere 99 1606 ein und wurde für den nächsten Tag mit Brennstoff versorgt. Für heute standen keine Fahrten mehr auf dem Programm.
99 1606 wird mit einem Förderband und den für Wolkenstein typischen Loren bekohlt.
Auch heruntergesfallene Stückchen werden noch gebraucht. Die Lokbeleuchtung an der Rückseite der 99 hatte schon bessere Tage erlebt.
Nun kann die Meyer-Lok wieder vorfahren um auf dem rechten Gleis das Heizhaus anzusteuern. Der botanische Garten lässt nichts gutes mehr erwarten.
Tausendfach fotografiert, erreicht unsere Lok das Heizhaus zur wohlverdienten Nachtruhe. Der rechte Schuppenstand wurde übrigens ständig zum Ausbessern des Wagenparks genutzt.
Im Schuppen verschwunden ist 99 1606 an diesem Nachmittag. Das Bild ist für uns gleichzeitig das Abschiedsbild in diesem Beitrag.
Alle Fotos, Achim Rickelt 20. 7.1986
Am Heizhaus hatte sich inzwischen ein weiterer Eisenbahner eingefunden, der die Lok hier offenbar in der Nacht betreuen sollte. Er half dem Lokpersonal beim Abschlussdienst und ließ uns gern noch etwas fotografieren, bevor die Lok ins Haus rollte. Im Halbdunkel des Schuppens konnte ich noch die 99 1582 entdecken, die als Reservelok fungierte und kalt auf ihre nächsten Einsätze wartete. Rechts hatten zwei Rollwagen zur Reparatur Platz gefunden.
Die Erlebnisse hier im Preßnitztal, die freundlichen Eisenbahner und die Atmosphäre dieser todgeweihten Bahn hatten mich fasziniert. Leider habe ich keinen zweiten Besuch im Preßnitztal mehr geschafft. Wenig später sandte ich einige Fotos dieses Tages an die Redaktion des „Modelleisenbahner“, die postwendend zurück kamen, mit dem Hinweis, aufgrund der Lage um die Bahn sei es ( politisch ) nicht im Interesse der Zeitschrift, einen Bericht über den Restbetrieb zu veröffentlichen.
Im November 1986 endete der Güterverkehr nach Niederschmiedeberg dann wirklich. Mein Freund Holger hat dann im Dezember 1986 sogar noch die Verladung der 99 1561 hier erlebt.
Wer ahnte damals schon, dass es im Preßnitztal wieder IV K – Dampf geben sollte. In diesem Sinne wünsche ich den Preßnitztalbahnern, dass ihnen nie der Dampf ausgehen wird.
Viele Grüße
Dampf – Achim Rickelt