[HU] Warten auf Godot

  • Hallo Tristan,

    ich habe mal nachgeschaut und wie es oft ist, wirft dies noch mehr Fragen auf. Wieso? Natürlich habe ich mich zunächst der ersten von Dir genannten Wagennummer angenommen. Nun gibt es in Ungarn keine Wagen der Bauart 'O'. Offene Güterwagen in Ungarn haben die Bauartbezeichnung 'J'. Dort findet sich auch die Nummer 13501 unter Bauart 'Ja', wovon es insgesamt 23 Wagen gab. Jedoch wurden diese 1941 allesamt bei O&K für Bahnen in Siebenbürgen gebaut. Siebenbürgen gehörte ehemals zu Ungarn und wurde nach dem Vertrag von Trianon an Rumänien übergeben. Während des Zweiten Weltkrieges wurde es im Jahre 1940 nach dem 'Zweiten Wiener Schiedsspruch' zu Teilen (Nordsiebenbürgen) an Ungarn zurückübertragen, weil in diesem Teil die Ungarn die Bevölkerungsmehrheit stellten. Im Jahr 1944 kam es wieder an Rumänien zurück. Auch heute noch sorgen die Szekler, eine ungarische Bevölkerungsgruppe, die in ihrem Landstrich in Siebenbürgen die Bevölkerungsmehrheit stellt, für regelmäßige Verstimmungen zwischen Ungarn und Rumänien. Gleiches gilt für die Südslowakei, also nördlich der Donau. In einigen mir dort bekannten Orten (ist ja bloß ein paar Kilometer von Tata entfernt) stellen die Ungarn einen Bevölkerungsanteil von über 95 Prozent. Aus diesem Grund wird in Ungarn auch heute noch der Vertrag von Trianon, welcher nur unter Protest unterzeichnet wurde, auch von offizieller Seite häufig in Zweifel gezogen. (An dieser Stelle ein Hinweis: Diese Anmerkungen sind wertungsfrei zu verstehen!) So, dies war ein wenig Geschichte, neben der eigentlichen Wagengeschichte ... fehlt noch ein Bild des ominösen Wagens zum Vergleich. Natürlich wegen Urheberrecht als Link:

    Ja 13505

    Hier erschöpfen sich leider meine Kenntnisse, die wohl eher für noch mehr Verwirrung sorgen dürften. :rolleyes:

    Gruß, René

  • Hallo,

    der nächste Bahnhof Jakabszállás wird in Streckenkilometer 16 erreicht. Wären nicht die mit Brettern vernagelten Fenster, könnte man meinen, jeden Augenblick trifft ein Zug im Bahnhof ein. Hier strahlt noch die echte Schmalspuratmosphäre, wozu natürlich auch abgestellte Wagen und Wasserkran beitragen.

    Gruß, René

  • ... und hier noch eine Ansicht aus anderem Blickwinkel. Während ich die Bilder machte, war man um das Bahnhofsgebäude herum gerade eifrig mit Gras mähen beschäftigt.

    Am nachfolgenden Bahnhof Bugacpuszta bin ich nicht gewesen, sondern dann erst wieder in Bugac, bis wohin die Strecke für einen späteren möglichen Touristikverkehr frei von allzu wuchernder Vegetation gehalten wird.

    Gruß, René

  • Hallo,

    in der Nähe von Bugac befindet sich nicht nur die berühmte Puszta-Landschaft, sondern auch eine bedeutende archäologische Stätte des frühen Ungarntums. Hier wurden die Reste einer riesigen Doppelklosteranlage (Pétermonostor) ausgegraben, deren Ursprünge bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurückreichen. Die Mönche wurden ehemals von den Mongolen vertrieben (1241) und Teile des Klosters wurden später als Baumaterialien auf Anweisung des ungarischen Königs zur Wiederbesiedlung des Gebietes genutzt. Im 16. Jahrhundert wurde die Gegend von den Türken vollständig verwüstet.

    In Bugac soll ein geschichtliches Informationszentrum entstehen, in welchem auch archäologische Fundstücke aus der Árpád-Zeit ausgestellt werden sollen.

    (Großfürst Árpád führte die Magyaren vor etwa 1100 Jahren zur Landnahme in das Karpatenbecken)

    Im Rahmen einer Feierstunde mit parlamentarischen Vetretern in Bugac betonten die Anwesenden, dass zum Konzept der touristischen Erschließung der Region die Schmalspurbahn von Kecskemét nach Bugac ein wichtiger Bestandteil ist.

    Eine Anmerkung meinerseits: In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass die romantische Verklärung der Geschichte um Großfürst Árpád momentan in Ungarn eine Hochkonjunktur erfährt. Somit könnte die Erschließung dieser Region für den geschichtlichen Tourismus tatsächlich eine Chance für die Wiederinbetriebnahme der Schmalspurbahn sein.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (23. Mai 2016 um 22:19)

  • Hallo René,

    vielen Dank für deine Ausführungen.
    Der Wagen auf deinem verlinktem Foto ist leider eine andere Bauart, dessen Bauweise mehr an österreichische Typen erinnert. Selbst die Drehgestelle sind, mal abgesehen vom Rungenwagen, bei den 2 offenen zugelaufenen Güterwagen keine Fachwerkdrehgestelle. Sie entsprechen beide mehr der PKP- Bauart.
    Da muss ich wohl weiterforschen.
    Woher genau stammt denn das alte Wagenfoto zu deinem Link? Habe zwar die auf dem Foto angegebene Seite besucht, aber dieses und erhoffte weitere historische Wagenfotos nicht gefunden.
    Du hast eine PM!

    Danke und viele Grüße

    Tristan

  • Hallo Tristan,

    ich habe Dir eine PN zurückgesendet. Ich werde versuchen, zu helfen, um der Lösung des Problems vielleicht etwas näher zu kommen.

    Gruß, René

  • Hallo,

    bei DSO hat ein User freundlicherweise einige Bilder aus dem Jahre 1988 als Antwort auf meinen Beitrag eingestellt. Da die Bilder absolut sehenswert sind, möchte ich hier den Link setzen:

    Kecskemét 1988

    Gruß, René

  • Hallo,

    in Streckenkilometer 28 folgt der Bahnhof Bugac, dessen Empfangsgebäude baugleich mit dem in Jakabszállás ist. Hier zunächst ein Blick in Richtung Bahnhofseinfahrt aus Richtung Kecskemét. Während der Streckenverlauf von Kecskemét bis Jakabszállás immer parallel zur Straße verläuft, entfernt sich dann die Strecke bis Bugac von der Straße und führt durch wunderschöne Natur.

    Hier ein Bild der typischen Pumpen an den Bahnhöfen, welche auch zum Flair der Kecskeméter Schmalspurbahn beitragen.

    Von der Bahnhofseinfahrt aus Richtung Kiskunmajsa folgt noch ein Blick über das Bahnhofsgelände. Im Vordergrund befindet sich der Lagerschuppen eines ehemaligen Bahnanschließers.

    Hiermit endet meine fotografische Berichterstattung über diesen Streckenabschnitt. Im Juli werde ich versuchen, weitere Bilder der Schmalspurbahn machen zu können. Ich werde mich jedoch auf den Abschnitt nach Bugac beschränken, da die Gesamtlänge des Netzes in der Entfernung vom Aufenthaltsort in seiner Ausdehnung für eine fotografische Dokumentation zu großzügig bemessen ist. Wie gesagt: Ich reise mit Familie ... und gerade meine Tochter interessieren verkrautete Bahnanlagen nur in geringem Maße. ;)

    Wenige hundert Meter vom Bahnhof Bugac entfernt, befindet sich eine Csárda, welche gleichzeitig als Besucherinformationszentrum für die Besucher des Nationalparkes der Puszta fungiert. Bei unserem Besuch hatte sich die Sonne versteckt, was für Bilder von Bahnanlagen nicht verkehrt war, da ich keine Rücksicht auf Schattenbildung nehmen musste. Für Landschaftsfotografie eignete sich das Wetter jedoch nicht. Deshalb stellvertretend nur diese Aufnahme: Hier findet man noch großflächig die typische flache Steppenlandschaft.

    Vielen Dank für das bisherige Interesse. Sobald ich Neuigkeiten in Erfahrung bringe, werde ich sie hier veröffentlichen.

    Gruß, René

    3 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (28. Mai 2016 um 11:41)

  • Hallo,

    in Streckenkilometer 31 folgt dann der Bahnhof Bugac felsö (früher Bugacmonostor). Dessen Bahnhofsgebäude ist baugleich mit Jakabszállás und Bugac. Von diesem Bahnhof führt ein Naturerlebnispfad direkt in das Teilgebiet Bugacpuszta des Nationalparkes und er würde sich somit als idealer Endpunkt für Touristenzüge anbieten.

    Dieser Bahnhof war auch ehemals von betrieblicher Bedeutung, denn hier zweigte eine mehrere Kilometer lange Zweigstrecke nach Alsómonostor ab, deren Streckenverlauf auf nachfolgendem Bild erkennbar ist.


    (Quelle: vasutfilm.znet)

    Weitere Informationen zu dieser Zweigstrecke werde ich noch übersetzen und hier einstellen.

    Der Weg in den Nationalpark wird als 'Wacholderweg' bezeichnet und er verfügt über mehrere Schautafeln, bis man am Gestüt eintrifft.

    Genau in der Mitte zwischen Donau und Theiss liegt die Bugacpuszta, das größte von Flugsand bedeckte Gebiet in Mitteleuropa. Dieses Gebiet ist bereits am Ende des Pleistozäns durch Sandanhäufungen von einem alten Donau-Flusslauf entstanden. Besonders zu erwähnen ist der einzigartige Wacholder-Urwald der bereits 1979 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt wurde. Die Nationalparkverwaltung setzt sich in diesem Teilgebiet nicht nur für den Schutz der Natur ein, sondern auch für den Erhalt der alten typischen Landnutzungsformen. So finden sich hier die Halbblutpferde, Graurinder, Mangalicaschweine und Zackelschafe. Diese werden hier als „Gendatenbank“ sowie zur Nutzung auf dem 11.000 ha großen Pusztagebiet gehalten.

    Die kalkreiche, vielfältige Sandoberfläche bietet wertvoller Pflanzenwelt ein Zuhause. Charakteristisch für diese Landschaft sind z.B Herbst-Zeitlose, Schwertlilie, roter Vogelhelm, Nelke und Astragal. Aber auch ihre Insektenwelt ist sehr reich. Kuriosität bedeutet das alleinige Vorkommen des sägebeinigen Grashüpfers. Die Fauna ist auch aus internationaler Sicht wegen des Vorkommens des gefährdeten Wiesenotter sehr bedeutend. Das häufigste Säugetier ist aber das Waldkaninchen.

    Das Gebiet wird durch einige Naturerlebnispfade, Beobachtungswarten und Aussichtstürme für den Besucher erschlossen. Doch nicht nur Wanderer kommen auf ihre Kosten. Die Bugacpuszta wird für den Besucher vor allem mit Pferdekutschen erschlossen.

    Gruß, René

    3 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (28. Mai 2016 um 18:55)

  • Hallo,

    hier noch ein paar Worte zur der von Bugac felsö ausgehenden Zweiglinie. Sie diente dem Anschluss einer Ziegelei. Zunächst war sie nur dem Güterverkehr vorbehalten. Ab 1938 wurde an einigen Wochentagen ein spärlicher Personenverkehr eingeführt. Auf der Karte im vorherigen Beitrag von 1968 sind die Stationen eingezeichnet. Wie lange es Personenverkehr auf der Strecke gab, ist mir nicht bekannt. Einem Bericht zufolge, verkehrten im Jahr 1992 die letzten Güterzüge.

    km 0 - Bugacmonostor (heute Bugac felsö) - Bahnhof
    km 2 - Mononostori fütöházi kiterö - Haltepunkt
    km 3 - Felegyházi-út - Haltepunkt
    km 7 - Alsómonostori téglaégetö (Ziegelei) - Bahnhof

    Wie man anhand der Karte ebenso sehen kann, führte die Strecke durch sehr waldreiches Gebiet. Heutzutage sind nur noch wenige Relikte zu entdecken.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (29. Mai 2016 um 11:15)