Als der Muni fusskrank wurde

  • Hallo
    1999 hatte ich ein Erlebnis, das mich einige graue Haare kostete.
    Es soll vielleicht dem Einen oder Andern aufzeigen, was passieren kann, (nicht muss!) wenn man sich der Dampflok widmet.

    Zuerst zur Vorgeschichte.
    Ein Freund von mir kaufte 1981 eine Dampflok. Die hatte er auf der A 1 bei Fahrweid auf dem Gelände der Firma Richi jeweils kurz gesehen. Er rekognoszierte und fand die Lok dann auch.
    Sie war 8 Jahre lang auf einem Stück Gleis gestanden und rostete vor sich hin. Alles war noch vorhanden und der Kessel, den er mit dem Kesselschmied der SBB von der HW Biel mittels Ultraschall prüfte, war sogar noch auf dem Neumass: Man hatte seinerzeit 1 mm dickeres Blech genommen, das bis 1981 um den einen Millimeter abgerostet war.
    Die Feuerbüchse aus Kupfer, mit Kuprodur vorgeschuht, war ebenfalls noch in gutem Zustand. Lediglich die Rohre mussten erneuert werden.

    Von 1982 bis 1986 erfolgte die Revision, mit totaler Zerlegung der Lok. Dabei kamen dann einige unangenehme Details zum Vorschein: So war der vordere Stossbalken ca. 5 mm kürzer als die erste Rahmenversteifung. Somit machte der Rahmen im Bereich der Zylinder ein «S». Die Zylinder waren mit roher Gewalt angeschraubt, standen unter Spannung und waren gerissen. Also mussten sie weg und in einer Spezialfirma geschweisst werden. Da Urs bei Sulzer im Grossdieselbau arbeitete, kannte er eine Firma, die solche Graugusstücke schweissen konnte. Da dies bei 800°C geschah, musste nachher auch der ganze Block wieder nachbearbeitet, und die Zylinder mit Unterlagen spannungsfrei montiert werden. Trotz allen Unkenrufen, hat die Schweissung bis heute gehalten.

    Am 14. Januar 1986 war es dann soweit, dass die Lok wieder unter Dampf war:

    Damals waren wir sehr glücklich:

    Urs hatte übrigens die Lok mit Gegendruckbremse ausgerüstet, damit sie auch auf der Südostbahn, mit ihren 50%o Gefällen, alleine verkehren konnte.
    Die wirklichen Probleme begannen erst nachher: Da die Lok im Krieg ausgebombt wurde hatte man bei der Reparatur Teile der Schwesterlok verbaut. Auf alle Fälle fanden wir dann heraus, dass die Triebzapfen der Räder Winkelfehler bis 2,5 mm hatten. Also mussten die Zapfen ausgepresst und durch exzentrische ersetzt werden. Dies machte übrigens die Werkstätte der RhB in Landquart. Erst nachher lief die Lok einwandfrei.

    Hier eine Beschreibung der Lok:
    http://muni-dampflok.ch/PDF/Muni-1.pdf
    Nun gut. Mit der Zeit kam ich viel als Heizer auf der Lok zum Einsatz. Zuerst als Urs die Lok der Südostbahn vermieten konnte für Bauzüge auf den Steilrampen und nachher auf der Sihltalbahn und dann auf der Südostbahn. Auch dort wieselten wir fröhlich auf 50 Promillen rum.

    Ein Stimmungsbild auf der Flachstrecke zwischen Altmatt und Rothenturm im Führerstand aufgenommen:

    (Auf der Steilstrecke hat der Heizer anders zu tun!)

    1999 zeichnete sich ab, dass das Extrazuggeschäft auf der Südostbahn rückläufig war. Nun suchte Urs ein neues Tätigkeitsfeld und fand es in Bodio, wo wir auf den weitläufigen Gleisanlagen der Monteforno verkehren konnten.
    Also, Überfuhr von Samstagern nach Bodio. Das sollte am Sonntagabend dem 15 August geschehen. Mit Ankunft am Montag dem 16. August um ca. 03.00 Uhr in Bodio.
    Vorgesehen war, bis Erstfeld mit eigener Kraft und dann über den Hügel geschleppt. Mit dabei war der Güterwagen von Urs in dem die Ersatzteile und Weiteres lagerte.

    Bis Altmatt gings steil bergauf. Vor dem Gefälle, bei der Sporthaltestelle Biberegg, hielten wir kurz an und kontrollierten das Wasser, bevor wir in das 50 %o Gefälle einfuhren.
    Nun kam, wie es Urs ausdrückte, «das goldene Handgelenk» zum Zug: Nach dem Umsteuern und Einrichten der Gegendruckbremse, konnte die Geschwindigkeit mit Leichtigkeit mit dem Drosselventil reguliert und gehalten werden. Ich als Heizer bediente dann die Wassereinspritzung zum kühlen.

    In Arth Goldau fassten wir dann Wasser. Nun begann die Überlandfahrt nach Erstfeld. «Nun wirds gemütlich» dachte ich mir. Denn die 40 km bis Erstfeld waren flach und nachher ging es elektrisch.

    Ein typischer Fall von Hastegedacht:
    Wir bekamen einen Piloten von den SBB gestellt, denn in Goldau endete unsere Streckenkenntnis. Bis Brunnen war alles eitel Freude. Vor der Einfahrt in den Seetunnel habe ich noch gespiesen (wir haben nur Injektoren) und der Wasserstand war im Glas etwa 15 cm hoch.
    Es sind Klinger Wasserstände verbaut, die das Ablesen des Wasserstandes nur von hinten erlaubten:
    Hier gut zu sehen:

    Die schrägen Klötze sind die Wasserstandskörper.

    Dann Einfahrt in das rechte Seegleis (das mit den kürzeren Tunnels). Nun war man schon nicht mehr so frisch. Da gab es eine wunderbare Einrichtung um sich zu entspannen:
    Die Griffstange am Führerhaus lief in eine Kugel aus, und die war genau richtig um das Kinn abzustützen. Man sah auf die Strecke ein Ohr war im Führerstand und man konnte die müden Beine entspannen.
    Nun, plötzlich wurde das Gesicht nass. Ungewöhnlich: Denn das Wasser kam von vorne. Es war ja im Tunnel, dunkel und man fuhr mit 45 km/h.

    Immerhin sah ich, dass das Wasser aus dem Einfüllstutzen kam.

    Der mit dem massiven Griff.

    Damminomal!
    Der Injektorhahn offen! Die Injektorhahnen hatten die eklige Tendenz, wenn die Stopfbüchse nicht genügend angezogen war, sich durch das Gerüttel zu lockern und plötzlich aufzugehen. Daher mussten die Stopfbüchsen ziemlich stramm angezogen sein, so dass der Stössel Widerstand hatte.
    Das weitere Problem war, dass der saugende Injektor, wenn ganz offen, das Schlabberventil verschloss. Das sollte erlauben auch wärmeres Wasser zu fördern. Hat aber den Nachteil, dass wenn der Injektor abschlägt, Dampf in die Wasserkästen gedrückt wird.
    http://dlok.dgeg.de/img_files/dampfstrahlpumpe-saugende.jpg
    Genau dies vermutete ich. Ein Blick zum Anstellventil belehrte mich, dass dies nicht der Fall war.

    Unterdessen fuhr der Urs, der Pilot pilotierte und ich überlegte rasend schnell was der Fehler war.

    Griff zum Injektor: Die Reguliernadel gezogen und eine Stange Dampf kam aus dem Schlabberrohr.
    Also kams von der anderen Seite: Rückschlagventil am Speisekopf undicht!

    Hm ok! Dann raus aus dem Tunnel und das Ventil von Hand schliessen!

    Aaber!
    Ein paar Wochen vorher habe ich mich mit einem Heizer der Dampfgruppe Zürich unterhalten. Und wir stellten fest, dass innerhalb des Kessels ein Rohr vom Speisekopf nach unten ging. Somit der Kessel leergesaugt werden könnte.
    Dieses Gespräch fiel mir wieder ein! Ein Schritt zur Mitte: Wasserstand (Klinger!) kontrollieren. Sch...! Noch 5 cm Wasser! Gut, der Wasserstand war so angebracht, dass das Wasser erst bei 10cm Überdeckung der Feuerbüchse gesehen wird. Trotzdem: Handeln war nötig!

    Zuruf an Urs: «Fahr zum Tunnel raus und halte an!» Gottseidank ist der Tunnel breit genug, so dass ich aussen, den Kohlekasten entlang auf den Umlauf kam.
    Am Speisekopf schloss ich das Handrad.

    Inzwischen war die Aufregung im Führerstand gross
    Das Ganze geschah im 1128 Meter langen Axenbergtunnel. Somit ist der oben beschriebene Ablauf, in längstens 2 Minuten geschehen.

    Urs erzählte mir später, dass er auch gemerkt hatte, dass etwas nicht in Ordnung sei, aber da ich nicht reagiert hätte, sei für ihn alles in Ordnung gewesen.
    Urs fuhr aus dem Tunnel. Dort brachten wir den Injektor wieder soweit zum fördern. Das Wasser war recht warm geworden, einerseits durch den Dampfeintrag vom Injektor andererseits durch die Abwärme der Zylinder zum Wasserkastenrahmen.

    Da es Sonntagabend war, war auch kein Güterverkehr unterwegs, so dass wir wenigstens keine Züge aufhielten. Wir kamen mit dem Piloten überein, dass wir bis Flüelen fahren konnten und dort Wasser fassten. Dies wurde vom Betrieb auch genehmigt, Die Vorspannmaschine würde nach Flüelen entgegengeschickt.

    In Flüelen Wasser fassen und warten. Finde du mal in einem unbekannten Bahnhof im Dunkeln einen Hydranten. Nun seither weiss ich, wo er ist :)

    Wir hatten genug Zeit um den Speisekopf zu öffnen. Es war nichts im Ventilkörper verklemmt und er Körper lief ohne Probleme. Auch nachher hat das Rückschlagventil im Speisekopf nie wieder Probleme bereitet.

    Das war der Bösewicht:
    Blick in den Speisekopf:

    Und der Ventilkörper:

    Nach Ankunft der Vorspannmaschine gings nun weiter. In Erstfeld nochmals Halt, Schmieren und Wasser fassen. Das immer noch warme Wasser hatte ich während der Fahrt abgelassen. So hatten wir wieder kaltes Wasser im Tank.

    Nun waren wir auf der Bergstrecke hinter der Re 4/4 II und nichts konnte mehr passieren.

    Dachten wir!
    Es ging genau bis zum Spurwechsel bei der Firma Schmelzmetall in Gurtnellen: Hauptschalter aus und Schnellbremsung! Sicherheitssteuerung an der Vorspannmaschine defekt. Und wir hielten am ungünstigsten Punkt: Die Weiche im Nebengleise war ausgebaut und wurde ersetzt. Daher war an dieser Stelle nur Einspurbetrieb. Der Bau hat ganz schön gestaunt ab uns! Nun, der Halt war von kurzer Dauer: Die Sicherheitssteuerung wurde ausgeschaltet und weiter ging es.

    In Göschenen Schmieren und Kontrolle. Auf meiner Seite war das mittlere Achslager warm. Etwa 50 Grad. Wir kamen überein, in Airolo, wo wir durchfahren sollten, anzuhalten und das Lager zu kontrollieren. Dies geschah auch. Das Lager war kühler.

    Also weiter. In den Kehrtunnel der Dazio Grande bemerkten wir, dass das Lager zu heiss war. Aussteigen konnten wir nicht, da die Tunnel zu eng waren. Auf unser Pfeifsignal wurde die Geschwindigkeit auf 20km/h vermindert und wir hielten ausserhalb des Tunnels. Urs und ich kümmerten und um das Lager, das wir mit Heissdampföl abschmierten und der Führer nahm Kontakt mit der Leitstelle auf. Bescheid: erst in Lavorgo können wir raus. Faido sei unbesetzt. So geschah es auch.

    In Lavorgo kühlten wir eine Stunde lang das Lager mit einem Gartenschlauch. Wir liessen ihn nur ganz schwach laufen, denn das Lager musste langsam gekühlt werden. Trotzdem bekam ich einen Gutsch heisses Oel aufs Handgelenk. Ein paar Tropfen Wasser waren in den Behälter der Oberschmierung gespritzt und das heisse Öl spitzte raus. Die Narbe sieht man heute noch.

    Wir hatten höllisch Respekt vor der zweiten Talstufe, der Biaschina, wo nochmals zwei Kehrtunnels zu durchfahren waren. Inzwischen war uns nämlich klar, was passiert war: Die mittlere Achse hatte ein wenig zu knappes Spiel in den Lagern. Bisher wurde dies nie bemerkt, weil die Kurven, die drückten kurz waren und sich das Lager immer wieder abkühlen konnte. Die langen, ununterbrochenen kilometerlangen Kurven in den Kehren brachten nun das Lager zum Erwärmen. Auf der Steigung ging das noch, denn das Lager wurde nur warm, aber auf der Talfahrt kam noch die elektrische Bremse der Vorspannmaschine dazu, die die Lok noch weiter aus der Gleismitte drückten. Da der Muni Ringfederpuffer und die Re 4/4 II wegen dem Bremsbetrieb auf der Gotthardlinie auch harte Puffer hatte, wurde der Muni einseitig belastet.
    Später haben wir dann erfahren, dass die SBB mit der B ¾ die gleichen Probleme hatten, wenn auch nicht so krass.
    Nun, nach etwa 1 ½ Stunden fuhren wir dann endlich weiter. Wider Erwarten, kam es zu keinen Problemen mehr.
    Endlich waren wir in Bodio. Nun aufs Montefornowerk und die Lok abrüsten. Todmüde fuhr ich dann noch 4 Stunden nach Hause.

    Soweit die Vorgeschichte.
    Am nächsten Wochenende war ich wieder in Bodio. Die Frage war nun, was hat das Lager für einen Schaden genommen.
    Da die Lok auf einem Betongleis stand, konnten wir nicht von Untern rankommen.

    Von Oben sah es erstmal nicht so schlimm aus:


    Rot das Rad, Schwarz der Rahmen

    Beim Abtasten kam dann aber das zum Vorschein:

    Das ist geschmolzenes Lagermetall. Nun war der Fall klar: Das Lager musste raus, und wenn wir viel Pech hatten, auch die Achse.

    Nun, der Muni stand ja auf einem Betongleis und eine Grube war nirgends.

    Aber Urs, als begnadeter Mechaniker wuchs an seinen Aufgaben.
    An Pfingsten 2000 haben wir zu zweit das Problem angepackt.
    Die Lok wurde so viel als möglich erleichtert. Alle Vorräte entfernt und alles Wasser wurde abgelassen.

    Das Triebwerk abbauen:

    Dann die Lok heben.
    Wir hatten lediglich das Deutschlandgerät, eine Schlittenwinde, um die Lok zu heben.
    Die hatte ich seinerzeit im Depot Rorschach vor dem Verschrotten ergattert und sie zierte bis Anhin den Muni:
    Hier 2 Stück an einer türkischen Lok:

    Die Säule mit der Hebespindel konnte auf dem Schlitten mit einer zweiten Spindel seitlich verschoben werden.

    Da wir nur eine Winde hatten, mussten wir die Lok nach dem Wiegesystem heben: Eine Seite heben, abstützen, Winde umsetzen, zweite Seite heben.

    Heben:

    Abstützen:

    Durch die Elastizität des Holzes ging natürlich immer ein Teil des Hubes flöten.

    Nach 10 cm heben konnte man dann mit Mühe und Not unter dem Bremsgestänge durchkriechen,

    und die Ansaugleitung zum Injektor abmontieren. Die wäre der Achse im Weg gewesen.

    Achslagersteg entfernen.

    Nachdem die Lok so hoch angehoben war, dass die Federn entspannt waren musste der Federbolzen in der Mitte rausgezogen und die Feder abgesenkt werden. Urs gab mir mit einem Beisser von aussen Hilfe. Er hob die Feder damit an, dass der Bolzen vom Gewicht entlastet war.

    Hier die eingebaute Feder rechts.


    Es musste nur die Feder unter dem defekten Lager ausgehängt werden. Die andere konnte Gottseidank drinbleiben. Man darf nicht vergessen: Alles war schmierig, schwer und der Raum sehr beengt. Sich in eine geeignete Stellung zu bringen, um etwas bequem zu heben, war nicht möglich. Alles musste mit Kraft gemacht werden.

    Dann wieder hervorkriechen und die Lok weiter heben.
    Das Nächste war der Kloben an dem die Feder hing. Dieser war mit einem zentralen Bolzen mit der Achskiste verbunden. Auf dem Bild oben, im Spickel des dreieckigen Bremsgestängefängers zu sehen.
    Dann noch weiter heben, bis das Achslagerunterteil ausgebaut werden kann. Das ist auch durch 2 Bolzen längs der Achskiste gehalten.
    Alles in Allem eine elegante Lösung: Die Bolzen brauchen keine Sicherung, denn sie stehen bei abgesenkter Lok an den Gleitplatten an.

    Nun war der Achsspiegel sichtbar. Grosse Erleichterung: Die Achse hatte zwar ein paar Längsrillen, aber nicht rauh. Da habe ich bei den Ae 3/6 I schon wesentlich Schlimmeres gesehen.

    Nun die Achskiste gehoben und endlich sah man die Lagerschale:

    Zinnsoldaten!

    Und die Achse, nach Ausbau der Lagerschale:

    Anscheinend war die Reibstelle am Bund der Achse und nicht auf der Radseite. Dort zeigt die Farbe keine Beschädigung.

    Nach dem Ausbau, Begutachtung der Lagerschale:



    Und des Schmierposters:

    Fazit: Lagerschale neu ausgiessen, Achse egalisieren und Schmierpolster ersetzen.
    Um die Achse sauber zu schleifen musste die Lok noch höher gehoben werden. Mit der Wiegemethode, da waren wir uns einig, dauert das ewig. Urs hat in einem Schrottplatz in Frankreich ähnliche Winden gesehen. Er versprach diese zu beschaffen. Die Lagerschale nahm er mit und goss sie bei sich in Frankreich aus.

    14 Tage später trafen wir uns wieder.

    Die Lagerschale sauber ausgegossen und ausgedreht:

    Das Schmierpolster neu:

    Zuerst wurde die Lok noch mehr gehoben. Mit 3 Winden ging das relativ einfach:

    Dann wurde die Achskiste gehoben und mehrfach gesichert:

    Und die Achse poliert:

    Einschaben der Lagerschale:

    So sah übrigens der ganze Arbeitsplatz aus:

    Nochmals das revidierte Lager:

    Das Unterteil mit dem Oelvorrat und dem Schmierpolster, sowie den Filzdichtungen.
    Oben die tragende Lagerschale. Der Ring soll die Achse symbolisieren.
    Das Ganze ist in die massive Achskiste eingebaut, die an den Gleitbahnen der Achslagerausschnitte geführt ist.

    Nun gings Schlag auf Schlag.
    Mit René Fedier hatten wir einen tüchtigen Helfer bekommen.

    René beim Montieren des Schmierpolsters:

    Nach und nach wurde alles wieder zusammengebaut und die Lok komplettiert.
    Leider kamen hier die Fotos zu kurz.
    Man muss sich bewusst sein, dass man sich zwingen muss, bei so einer Arbeit auch Fotos zu machen. Jedesmal die Hände reinigen und die Kamera am richtigen Ort zu haben, die Schwierigkeiten der Belichtung (1999!) zu meistern. Und auch das Verständnis von Urs, war vorhanden. Auch das ist nicht selbstverständlich.

    Ja einen Tag später konnten wir die Lok dann anheizen
    Glücklich waren wir alle, dass die Reparatur fertig war:

    Das Lager hat bis heute gehalten.
    2002 wurde die Lok nach Etzwilen verschoben und fuhr demzufolge wieder über den Gotthard. Probleme traten keine mehr auf.

    Was blieb?
    Die Erinnerung: An eine Fahrt, die mich altern liess. Dass man sich nie sicher fühlen sollte. Dass man auch unter widrigsten Umständen etwas durchziehen kann und dass Kameradschaft und gegenseitiges Helfen ans Ziel führt.

    Ich habe wahrscheinlich in diesen Tagen mehr gelernt, als in meiner ganzen Lehrzeit.

    Es bleibt auch die Erinnerung an einfachste Lebensumstände. Ein Dach und eine Schaumgummiunterlage waren alles:

    Waschen? Ja am Gartenschlauch in der Halle. Wer weiss, wie man nach einem Tag unter der Lok aussah, kann nachvollziehen was das bedeutet.

    Gruss Guru

    2 Mal editiert, zuletzt von guru61 (30. August 2016 um 17:50)

  • Ein toller Bericht! Alte Technik benötigt Improvisationskunst und viel Leidenschaft. Das wurde hier wieder einmal beispielhaft gezeigt. :spos:

    Mit freundlichen Grüßen!
    Jan Hübner

  • Hallo Guru,

    tja Heißläufer, Zinnsoldaten, Dampflokachse ausbauen, Lager ausgießen usw., alles bekannt und auch schon gemacht. Aber unter diesen Bedingungen? Respekt, ganz großen Respekt!!!

    Da kamen ja viele Probleme zusammen. Alles an einem Tag? Man glaubt es kaum, wobei das technisch alles nicht ungewöhnlich ist. Man muss sich nur zu helfen wissen. Achslager mit Wasser kühlen? Ich habe meinen Azubis davon immer dringend abgeraten. Man sollte mit Härte und Sprödigkeit nicht leichtfertig umgehen. Heißdampföl ist die beste Lösung, sich da noch irgendwie zu retten.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Zitat

    Original von dampfachim
    Hallo Guru,
    Achslager mit Wasser kühlen? Ich habe meinen Azubis davon immer dringend abgeraten. Man sollte mit Härte und Sprödigkeit nicht leichtfertig umgehen. Heißdampföl ist die beste Lösung, sich da noch irgendwie zu retten.

    Viele Grüße

    Dampfachim

    Ja, das waren wir uns bewusst. Drum dauerte das auch über eine Stunde. Nicht mit dem vollen Strahl, sondern nicht mehr als ein Rinnsal. Auch nicht auf das Lager selber, sondern auf die Mitte des Rades. Sozusagen des Zentrum kühlen. Das mussten wir dem Führer der Vorspannlok zuerst klarmachen, der selbstlos mithalf. Drum zuerst das Wasser im Oel.
    Was soll man machen, morgens um 3 Uhr an einer internationalen Transitstrecke, wo der Verkehr wieder am anrollen ist? Wir hatten genau dieses Zeitfenster und sonst wären wir liegengeblieben. Mit allen Kosten, die das zurückfahren der Vorspannlok, mit der Wiederanreise einer neuen am Tag nachher usw. Nur schon der Lokführer kostete 120 Franken die Stunde.
    Wir haben uns das schon ganz schön überlegt. Stahl härtet übrigens erst, wenn eine gewisse Temperatur überschritten ist und mit einer gewissen Geschwindigkeit abgekühlt wird. Die 723 Grad, die der Stahl braucht um vom Kubisch Raumzentrierten zum Kubisch Flächenzentrierten Gefüge über zu gehen haben wir bei Weitem nicht erreicht. Da wäre die Achse glühend gewesen.. Erst dann ist aber eine Härtung möglich.

    Die grösste Gefahr wären Spannungsrisse gewesen. Aber darum das langsame Abkühlen.

    Gruss Guru

    Einmal editiert, zuletzt von guru61 (30. August 2016 um 19:07)

  • Hallo Guru,

    ich glaube Dir gern, dass Ihr Euch darüber gründlich Gedanken gemacht habt. Ihr wolltet ja auch noch länger etwas von Eurem Schmuckstück haben. Ich wollte auch eigentlich nur klarstellen, dass es nicht üblich und ggf. schädlich ist, mit Wasser zu kühlen. Es gibt hier im Forum viele unerfahrene Eisenbahnfreunde, die ansonsten ein völlig falsches Bild vom Thema Heißläufer bekommen.
    Zu dem Thema gab es vor einigen Tagen einen netten Beitrag bei DSO. Genau so sollte man es nicht machen: http://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?17,7905745

    Aber den Eisenbahnern war es damals unmittelbar vor dem Ende der Dampflok egal.


    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo
    Ja, das Bild habe ich auch gesehen. Aber ehrlich, ich glaube die Erklärung nicht so recht. Ein Stangenlager so zu kühlen, wäre wohl eine Verschwendung von Wasser. Ich würde eher sagen, dass der Strahl auf die Stopfbüchsen oder das Lineal des Kreuzkopfs gerichtet ist.
    Ich glaube nicht alles, was die Eisenbahnfreunde so sagen. Manches ist zufällig gehörtes, ausgeschmückt und weitergegeben, an andere die das gleichermaßen machen.

    Im Kindergarten machten wir mal ein Experiment: Wir sassen alle im Vollkreis. Die Kindergärtnerin flüsterte dem Kind rechts etwas ins Ohr. Das musste er dann weitergeben, in dem er es seinem Nachbarn flüsterte. Es kam nie das bei der Kindergärtnerin links an, was rechts abgeschickt wurde. :D

    Gruss Guru

  • Hallo Guru,

    es ist doch eigentlich egal, was da gekühlt wurde. So macht man es jedenfalls nicht. Außerdem riskiert man ja auch weitere Lagerschäden durch das eingedrungene Wasser.

    Klar, die Eisenbahnfreunde bringen gern mal etwas durcheinander. Außerdem ist das so lange her, dass die Erinnerung verblasst.

    Viele Grüße

    Dampfachim