Winterdampf auf der Rhätischen Bahn - 18./19. März 2017 (Teil 1)

  • Hallo
    Am letzten Wochendnde fand was statt, das gabs bisher seit langem nicht mehr:
    Ein Dampfzug mit 3 Maschinen über den Albula.
    Organisiert hat die Reise Steam Adventure Tours mit Fredy Landenberger.

    Ein kleiner Reisebericht:
    Die Fahrt begann schon stilgerecht in Zürich HB: Fredy hat uns eine Woche vorher mitgeteilt, dass auch ein Extrazug mit dem RBe 4/4 1405 und entsprechendem Wagenmaterial ab Zürich fahren würde. Den benutzten wir natürlich.
    Also:
    Zuerst musste der ICN raus:

    Nebenan noch der «Münchner»

    Auf der andern Seite waren die Italiener am Ausfahren:

    Auch der TGV zeigte sich:

    Und nun kam unser Zug:

    Der Steuerwagen ist von der ehemaligen Bodensee Toggenburgbahn und diente am Schluss dem Voralpenexpress.
    Man sieht: Unsere Väter waren gar nicht so dumm: Mit der VST IIId konnte man viele Triebfahrzeuge Schweizweit fern- und vielfachsteuern. So ist es heute möglich zwei Fahrzeuge zu steuern, die nie vorher in der aktiven Zeit zusammen waren: Der Prototyp RBe und der SOB Steuerwagen.
    Hier das gute Stück in der Halle des Zürcher HBs.


    Und etwa anderthalb Stunden später mit ca. 10 Minuten Verfrühung in Landquart. Der Zug hielt lediglich in Thalwil und Pfäffikon Schwyz für Anschlüsse aus Luzern und St. Gallen.
    Nachdem uns Fredy mitgeteilt hatte, dass er für die Rückfahrt eine Trasse vor den ICs bekommen hatte (Originalausspruch: «Ich ha müese tue wienen Sidian mit de SBB»), buchtenwir natürlich auch die Rückfahrt.
    Gleis, Spurweite und Traktionswechsel:

    Der Zug wurde mit den Loks G 4/5 107 und 108 bereitgestellt.
    Wer die Loks nicht kennt:
    Nummerierung:101–129
    Anzahl: 29
    Hersteller:SLM
    Baujahr(e):1904–1915
    Bauart: 1'D n2v (101–106)
    1'D h2 (107–129)
    Spurweite:1000 mm (Meterspur)
    Länge über Puffer:13.220 mm (101–104)
    13.970 mm (105–129)
    Höhe:3670 mm
    Breite:2550 mm
    Fester Radstand:2450 mm
    Gesamtradstand:6100 mm
    Radstand mit Tender:10.845 mm (101–104)
    11.320 mm (105–129)
    Dienstmasse mit Tender:58,9 t (101–104)
    67,3 t (105–106)
    67,5 t (107–122)
    68,5 t (123–128)
    69,7 t (129)
    Reibungsmasse:40,9 t (101–104)
    41,6 t (105–128)
    42,5 t (129)
    Höchstgeschwindigkeit:45 km/h
    Indizierte Leistung:440 PS (101–104)
    800 PS (105–129)
    Kuppelraddurchmesser:1050 mm
    Laufraddurchmesser vorn:700 mm
    Steuerungsart: Walschaerts
    Zylinderanzahl: 2
    Zylinderdurchmesser:440 mm (107–108)
    460 mm (109–129)
    HD-Zylinderdurchmesser:440 mm rechts (101–106)
    ND-Zylinderdurchmesser:660 mm links (101–106)
    Kolbenhub:580 mm
    Kessellänge:7346 mm
    Kesselüberdruck:13 at (101–104)
    14 at (105–106)
    12 at (107–129)
    Anzahl der Heizrohre:176 (101–104)
    196 (105–106)
    112 (107–129)
    Anzahl der Rauchrohre:18 (107–129)
    Heizrohrlänge:4000 mm
    Rostfläche:1,9 m² (101–104)
    2,1 m² (105–129)
    Strahlungsheizfläche:7,6 m² (101–104)
    8,4 m² (105–129)
    Überhitzerfläche:27,5 m² (107–129)
    Verdampfungsheizfläche:117,6 m² (101–104)
    131,4 m² (105–106)
    133,0 m² (107–129)
    Wasservorrat:5,0 m³ (101–104)
    9,8 m³ (105–122)
    10,0 m³ (123–129)
    Brennstoffvorrat:2,0 t (101–104)
    2,5 t (105–129)
    Bremse:Handspindelbremse, Saugluftbremse Bauart Hardy, Gegendruckbremse Bauart Riggenbach
    Interessant ist, dass zuerst Nassdampf Verbundmaschinen bestellt wurden. Der Vergleich der Leistungen spricht Bände!
    Hier übrigens ein Bild der Nassdampf 102:

    https://c1.staticflickr.com/3/2947/3351497…301eaa1d4_b.jpg

    Schmalspur, vor allem in alten Wagen, bedeutet Enge! Landenberger hat, wie immer an alles gedacht: Fast wichtiger als die drei Verpflegungswagen im Zug, war der Güterwagen mit dem Gepäck: Jeder konnte sein grosses Gepäck (man übernachtete ja in Samedan) in den Güterwagen bringen, der dann verschlossen wurde.
    Dann gings los: über Chur nach Thusis. In Bonaduz gab es eine Kreuzung. Zeit für ein Foto:

    In Thusis erwarteten wir die Heidi, G 3/4 , die auch pünktlich daherkam:

    Die wurde einrangiert und von nun an waren wir zu Dritt!

    Noch ein Detail der Gegendruckbremse:

    Ja, nach Thusis gings dann los durch die Tunnels der Schinschlucht. Wer jetzt nun meinte, das Zügli sein ja keine Last wurde schnell eines Besseren belehrt: Die Loks taten wie die Säue! In den Tunnels, aus Solidarität mit dem Lokpersonal blieben ein paar Unentwegte auf der Plattform, konnte man die Hand nicht mehr vor den Augen sehen. Dampfbad war noch der Vorname und das Peeling setzte auch ein. Wie wird das erst weiter oben sein: in den langen Kehrtunnels mit 10 Promille mehr Steigung? Ab Thusis steigts mit 25 Promillen und ab Filisur mit 35 Promillen.
    In Solis, nach den ersten langen Tunnels sah die Wagenfront dann so aus:

    Auch die Loks sahen aus, wie in der Kiesgrube gewälzt. Dafür waren die Tunneldecken gereinigt!
    In Surava dann Fotohalt:

    und in Bergün der Mittagshalt:

    Im Bild übrigens der Löschzug, der immer im Blockabstand hintennach fuhr.
    Beim Bahnmuseum Bergün stand auch die Feuerwehr bereit:

    Im späteren Nachmittag gings dann weiter:

    Die G 4/5 sind schon ordentlich eingestaubt!
    Nachher dann die Fahrt nach Preda. Wir verbrachten die im Barwagen mit Bier in der Hand und geschlossenen Türen. Es kam trotzdem noch eine ganz ordentliche Menge Dampf und Rauch durch die Ritzen hinein.
    In Preda war Nebel und dann wurde das Krokodil mit dem Löschwagen einfach vorgespannt! Durch den Albulatunnel darf man nicht mit Dampf alleine fahren (durch die Kehrtunnels in der Steigung aber schon!!). Ja pünktlich erreichten wir auch Sameden. Die Unentwegten trollten sich, das Manöver aufzunehmen, die andern bezogen das Hotel, um sich zu entrussen!
    Die 300 Personen des Dampfzuges hatten in Samedan eine zwischensaisonale Hochkonjunktur ausgelöst.
    Das Dorf war ausgebucht.
    Ein Video ist auf Youtube zu finden.

  • Gut geschlafen, mit schöner Aussicht, erwachten wir am Sonntag.

    Nach dem Frühstück zum Bahnhof:

    Ein verlängerter RhB Mirage kam daher.
    Weiter hinten dampfte es:

    Der Zug war nachts vollständig gereinigt worden, so dass man wieder ogne Russflecken einsteigen konnte. Da waren fleissige Helfer am Werk.
    Ankuppeln, Bremsprobe und dann gings mal nach Pontresina:

    Dort hatte der Club 1889 etwas ganz besonderes organisiert.
    Zuerst Umfahren:

    Und dann sah man so langsam was:

    Links die Bau und Unterhaltsabteilung:

    Der ganze Bahnhof belegt:



    Ich glaube, es gab noch nie so eine Ausstellung, und wird wahrscheinlich auch nie mehr eine geben!
    Dank Fredy Landenberger, dem Club 1889 und den RhB, dass sie dieses ermöglichten!
    Schrittweise wurde die Ausstellung wieder aufgelöst. Der Zug war ins Zwischengleis rangiert worden.

    Und wurde dann ins Erste verlegt.


    Wir bezogen dann die Wagen wieder und man fuhr in Richtung Zernez.
    Ein Detail:
    Im DFB Wagen war offensichtlich noch ein Schreiner von altem Schrot und Korn am Werk:

    Alle Schraubenschlitze senkrecht! (Damit das Wasser abläuft)
    Ein gemütliches Fährtchen:

    über den Inn:

    Bis Carolina, der Dienststation im Nirgendwo. Dort hatten wir Kreuzung. Der Löschzug kam auch an:

    und rangierte in unser Gleis:

    während im Durchfahrgleis das Signal schon auf ging:

    Und der Gegenzug kam:

    Das ging sozusagen „Schlegel à Wegge“ wie wir sagen.
    In Zernez dann rasches zurückgehen, denn die Heidi kam nach:


    Die Strecke macht einen 180° Bogen um Höhe zu gewinnen.
    Unser Zug wurde beiseite gestellt und dann ging man Mittagessen.
    Zwei Stunden später fuhr die Heidi wieder aus:

    und ich begab mich auf die Strecke. Ein schönes Streckenbild wollte ich doch haben, auch wenn ich mit einem Fahrplanzug nachkommen musste.
    Zuerst kam der Planzug:

    während im Hintergrund schon fleissig eingefeuert wird.
    Und dann gings los:

    Ein wunderschöner Zug.
    Fuhr um einen herum und verschwand dann um die Ecke:

    Nachher war Warten angesagt. 45 Minuten später gings dann mit dem Planzug wieder nach Samedan, wo ich noch rechtzeitig zur gestellten Doppeleinfahrt kam:

    Ja, hier endet der Bilderteil.
    Nachher kam das Krokodil an den Zug und man fuhr wieder bis nach Chur. Auf der Rückfahrt wurde es gemütlich, man glühte nach. Alle waren froh zwei solche Tage erlebt zu haben, und waren schön müde.
    In Chur, generalstabsmässig organisierte Gepäckverteilung (man hatte nur 10 Min. Umsteigezeit zum Extrazug nach Zürich). Alles klappte wunderbar. Wir fuhren vor dem IC ab und waren auch wieder pünktlich in Zürich.
    Im Rückblick waren es zwei tolle Tage. Je nach Vorlieben, konnte jeder was heraussuchen: Der Eine Fotografierte wie wild, der andere genoss das Fahrgefühl, der dritte hatte öfters Durst, der vierte freute sich, alte Kameraden zu treffen, der fünfte erfreute sich an den schön restaurierten Wagen und und und. Für mich war es stimmig: Ich hatte von Allem ein wenig. Und ganz besonders gefällt mir jeweils bei den Landenberger Reisen, dass sie berechenbar sind!Trotz dem Riesenaufwand, und dem zwischenschleusen im normalen Verkehr, klappte alles, fast auf die Minute pünktlich. Gewisse Dreikönigsfahrten könnten da eine Scheibe abschneiden.
    Alle Fotos und auch das Programm, sind hier zu finden:
    https://www.flickr.com/photos/r_walth…157681638688995
    Gruss Guru

  • Hallo
    Aufgrund einer Rückfrage habe ich mich noch ein wenig mit den G 4/5 herumgeschlagen.
    Ich musste tatsächlich wieder einmal die Bibel der Schweizer Dampfloks hervornehmen. Das Moserbuch: Der Dampfbetrieb der schweizerischen Eisenbahnen
    Denn die Eintragungen in der Wiki sind nicht ganz klar.
    Daher, aus urheberrechtlichen Gründen nur die Links, die Beschreibung dieser Lokserie:

    https://c2.staticflickr.com/4/3936/3359 ... de83_b.jpg
    https://c1.staticflickr.com/3/2805/3346 ... 52e5_b.jpg
    https://c2.staticflickr.com/4/3848/3320 ... 4c1e_b.jpg


    Nach der Beschreibung:
    Die erste Lieferung von 4 Stück war n2v und hatte 440 PS. Also die Nummern 101 - 104
    Die 105 und 106 hatten einen grösseren Kesel mit 14 statt 12 Atü und n2v Triebwerk.
    Ab 107 war ein Zwillingstriebwerk mit Heissdampfkessel und 12 Atü in Betrieb.
    Ab 109 wurde der Zylinderdurchmesser von 440 auf 460mm vergrössert.

    Man staune: Es gab offensichlich Züge von Chur mit nur einem Halt bis Samedan.
    Wobei ich aber nur einen saisonalen Zug (1. Juli bis 14. September) gefunden habe, der aber in Reichenau auch noch hielt:
    http://www.deutsches-kursbuch.de/1914/635a_hoch.htm

    Also die 107 und 108 sind zwei Einzelstücke, die von der Serie im Zylinderdurchmesser abweichen.