Eine längst vergessene Schmalspurbahn- die „Hermanicka“ von Frydlant nach Hermanice (Teil 2)

  • Hallo,

    heute möchte ich mit dem zweiten Teil über die "Hermanicka" fortfahren. Anschließend an den ersten Teil geht es von Hermsdorf Haltepunkt weiter zum Spitzkehrenbahnhof Dittersbach. Dort wird "gewendet" und es geht weiter in Richtung Kunnersdorf. Viel Spaß beim Betrachten der Bilder ;)

    Zweigleisgiger Abschnitt

    Bevor wir uns dem Bahnhof Dittersbach und somit dem ca. 1 km langen zweigleisigen Streckenabschnitt nähern, quert die Bahn aus Richtung Hermsdorf die Landstraße Kunnersdorf-Dittersbach. Hier wurden die Schienen damals nur überteert, sodass sich sogar Gleisreste finden lassen.

    In stetiger Steigung nähert sich der Hermsdorfer Streckenast den Gleisen nach Friedland. Die Steigung des Hermsdorfer Streckenastes war recht beträchtlich, sodass die nach dem Krieg aus sechs sächsischen Rollwagen gebildeten Schotterzüge stets in Dittersbach getrennt wurden. Sodann fuhr man mit drei (leeren) Rollwagen nach Hermsdorf Haltepunkt, belud die Wagen und fuhr wieder zurück nach Dittersbach. Dort wurde abgekuppelt und der zweite leere Zugteil ebenfalls zur Beladung in Hermsdorf gebracht. Nach dem dieser wieder beladen zurückkehrte, wurden beide Zugteile in Dittersbach wieder vereinigt und es ging weiter nach Friedland. Blick zurück Richtung Hermsdorf kurz vor der Zusammenführung der beiden Streckenteile.

    Es ist geschafft! Hier begann einst der zweigleisige Abschnitt. Von links kommt die Strecke aus Hermsdorf heran, während sich rechts die Strecke nach Kunnersdorf-Friedland befindet.

    Zweigleisiger Abschnitt mit Blickrichtung Dittersbach.

    In einem Bogen näherten sich die beiden Strecken dem Spitzkehrenbahnhof Dittersbach. Ein engagierter Bewohner hat wenige 100 m der zweigleisigen Strecke wiederaufgebaut und museal erhalten. Bei unserem Besuch kamen wir sogar zufällig mit ihm ins Gespräch. So zeigte er uns ein Originalfoto von der Probefahrt der neuen vierachsigen Personenwagen.

    Auch der Bereich des Bahnüberganges wurde restauriert und macht einen sehr hübschen Eindruck. Man beachte die Jahreszahl 1900 am Durchlass!

    Spitzkehrenbahnhof Dittersbach

    Die Fabrik des Industriellen Preibisch einem großen Befürworter der Bahn führte u.a. zu der komplizierten Lösung der Anbindung Dittersbachs durch einen Spitzkehrenbahnhof. Anderweitig wäre der Anschluss dieser Ortschaft aufgrund des Vorhandenseins von mehreren gut 400 m hohen Anhöhen nur schwer möglich gewesen. Der Fabrikant Preibisch errichtete ein sehr großes massives Lagerhaus an der Station Dittersbach. Per Kran wurden hier die Güter von der 750 mm Schmalspurbahn auf eine Industriebahn der Spurweite 600 mm umgeladen. Das massive Lagerhaus, die in unmittelbarer Bahnhofsnähe liegende sog. "Preibisch-Arbeitersiedlung" und die Fabrik blieben erhalten.

    Blick auf den Bahnhof Dittersbach. Das kleine Gebäude im Vordergrund diente einst der Streckenunterhaltung. Dahinter befindet sich das ehemalige Bahnhofsgebäude. Dieses war bis in die 1940er Jahre nur einflügelig (baugleich mit Kunnersdorf) wurden dann aber erweitert. Irgendwo auf dem Vorplatz verliefen die Feldbahngleise vom Lagerhaus nach rechts Richtung Fabrik.

    Das Bahnhofsgebäude aus der Nähe. Nach dem Verfall in den 80er/90er Jahren gehört es mittlerweile einem Privatmann. Durch die durchgeführte Wärmedämmung und die recht knallige Farbgebung hat das Gebäude leider etwas von seinem "Bahntypischen Charme" verloren. Allerdings überwiegt die Freude, dass das Gebäude nicht wie in Hermsdorf zerfällt. Der Bahnhof verfügte bis 1964 über drei Gleise und über die stattliche Anzahl von sieben Weichen, die das Befahren der Gleise aus allen Richtungen erlaubten. Hier ein Link zur Situation. Nach dem Wegfall des Güterverkehrs wurde der Bahnhof aller Gütergleise beraubt, sodass nur noch drei Weichen verblieben.

    Wir haben nun "gewendet" und den Bahnhof in Richtung Kunnersdorf-Friedland verlassen. Nach Passieren des zweigleisigen Abschnitts, verläuft "unsere" Strecke schnurgerade weiter nach Kunnersdorf. Dabei wurde dieses Brückenbauwerk passiert. Interessant ist, das ein Widerlager noch 1972 also nicht einmal vier Jahre vor Betriebseinstellung saniert wurde.

    Bahnhof Kunnersdorf

    Nach passieren der Brücke verläuft die Strecke oberhalb eines Hanges und biegt mit einer annähernden 90 Grad-Kurve nach rechts in Richtung Kunnersdorf ab. Vor dem Bahnhof wird ein Einschnitt passiert. Diesen hat die Dorfjugend mittlerweile zu einer BMX-Strecke umgebaut.

    Das Bahnhofsgebäude von Kunnersdorf befindet sich ebenfalls in Privatbesitz, es konnte sich aber den den ursprünglichen Charme bewahren. Kunnersdorf verfügte über drei Weichen, ein Ladegleis und zwei Personengleise. Vom einstigen hölzernen Güterschuppen existieren nur noch die Fundamente und die steinerne Laderampe.

    Kurz hinter dem Bahnhof fanden sich sogar wieder ein paar erhaltengebliebene Gleisreste.

    Nach dem Bahnhof beginnt ein gerader auf einem Damm befindlicher Streckenabschnitt.

    Im Dammabschnitt wird auch diese erhaltene Brücke gequert. Dieser haben wir ein Denkmal durch Nachbau auf unserer TTe-Modulanlage gesetzt.

    Damit endet der zweite Teil des Bildberichtes über die "Hermanicka". Im abschließenden dritten Teil geht es dann vorrangig um den Bahnhof Frydlant und das Depo. Ich hoffe der Bildbericht hat euch gefallen ;)

    Viele Grüße Martin

    __________________________________________________________________________

    Mein Feldbahn-Blog

  • Ein wirklich sehr interessanter Bericht.
    Da erhebt sich für mich die Frage an einen offensichtlich extrem Ortskundigen:
    Gibt es in Friedland "um zu" ein Hotel / eine Pension, die für eine Gruppe interessierter Reisender für diese Region inklusive Abstecher zur Zoje zu empfehlen ist?
    Wäre glatt mal ein Ziel für die Vereinausfahrt...

    JU

  • Hallo,

    @ JU65 Ich bin zwar was die Schmalspurbahn angeht extrem ortskundig, aber was Hotels/Pensionen angeht muss ich leider passen. Vielleicht wäre es aber auch eine Möglichkeit sich in Zittau einzuquartieren und dann mit dem Auto/Rad etc. nach Tschechien zu reisen. Mit dem Auto sind es vielleicht 25 Minuten dann ist man in Kunnersdorf. Ab dort bietet sich dann eine Bahnwanderung an. Für Eisenbahnfans wäre natürlich auch eine Zugfahrt von Zittau nach Liberec und von da weiter nach Frydlant eine Möglichkeit. Dann könnte man in Frydlant dem Museum einen Besuch abstatten und von dort aus die Strecke bewandern. Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.

    Viele Grüße Martin

    __________________________________________________________________________

    Mein Feldbahn-Blog