Schwarze Jule wieder auf alten Gleisen?

  • Hallo Achim,

    ja, Forst kann in dieser Hinsicht als außergewöhnlich gelten. Natürlich ist seit der Einstellung viel veschwunden, aber nicht alles. Die erhalten Gleise stehen seit 2006 unter Denkmalschutz. Teilweise wurden und werden sie daher sogar bei Fahrbahnerneuerungen wieder eingebaut.

    Viele Grüße,

    Christian.

  • Hallo Christian,

    echt vorbildlich. Sonst wurden die Gleisanlagen ja schon zu DDR-Zeiten gern zur Schrottgewinnung herausgerissen, wobei im Straßenplanum eingelassene Gleise ja tatsächlich öfter mal länger überlebten. Aber dass sie sogar bei Straßenerneuerungen rekonstruiert wurden finde ich beispielhaft.

    Viele Grüße

  • Hallo in die Runde

    Als ich beim ersten Steampunktreffen vor 3 ? Jahren vor Ort war, hörte ich zum ersten Mal davon und habe mir die DVD dazu geholt.

    Ich habe 1975 in der Nachbarschaft gedient und war öffters in Forst mit einem Zil unterwegs, vor ca. 8 Jahren habe ich das erste Mal Gleisreste aus dem Asphalt gucken sehen und fragte mich warum ???

    Wenn man sich den geschichtlichen Gleisplan ansieht, hat man den Eindruck, dass jedes Haus in Forst einen Gleisanschluss hatte.

    Möge es gelingen. Alein mir fehlt der Glaube, Umwelt, Kohlebeschaffungund so weiter.....

    Max

    Max G

  • Aber dass sie sogar bei Straßenerneuerungen rekonstruiert wurden finde ich beispielhaft.

    Aus geschichtlicher Sicht durchaus nachvollziehbar.

    Aber! Für Fahrradfahrer wird die Nutzung des Rades in Forst vermutlich nicht einfacher. Da es bestimmt auch zahlreiche spitzwinklige Begegnungsmöglichkeiten gibt. Wie fast immer hat die Medaille also mal wieder zwei Seiten.

    Die jetzt visualisiert zu sehende Schauanlage macht aber schon einen sehr großzügigen Eindruck. Mal sehen wie es dann im Original wirkt und wie die riesig erscheinenden Ausstellunghallen (dauerhaft) mit Leben gefüllt werden.

    Gruß von Niels (jetzt wieder amüsiert die heutige Nummer-1-Diskussion verfolgend) :irre:

  • Hallo,

    Nicht ganz jedes Haus war angebunden, aber auf dem Höhepunkt sollen es unglaubliche 98 Gleisanschlüsse gewesen sein. Um das Jahr 1900 hatte Forst ca. 30.000 Einwohner und in 122 Fabriken mussten 145 Dampfkessel mit Kohle versorgt werden, der Hauptgrund für den Bau der Forster Stadteisenbahn. Es handelte sich um kein separates Industriegebiet, sondern in der gesamten Stadt wechselten sich Wohnhäuser mit Fabriken ab. 1919 war übrigens der Bau einer elektrischen Straßenbahn für den Personenverkehr und in Folge auch die Elektrifizierung der Stadteisenbahn geplant, welche in einem ersten Schritt in städtisches Eigentum überführt wurde. Die Wirtschaftskrise der 20er-Jahre verhinderte dann diese Pläne und es blieb bei den Kastendampfloks bis zum Ende 1965.

    Die Lok 36 wird zunächst mit zwei Rollböcken und zwei Güterwagen als rollfähiges Exponat ins neue Museum einziehen. Ob sie sich eines Tages wieder aus eigener Kraft bewegen kann, wird die Zeit zeigen und hängt auch vom künftigen überregionalen Interesse und regionalen Engagement ab. Im Moment werden aber bauliche Gegebenheiten geschaffen, welche für solche Zukunftsgedanken den nötigen Raum lassen. Ganz bewusst wird die Lok eben nicht "eingemauert", was auch hätte geschehen können.

    Rillenschienen gibt es in jeder Stadt mit Straßenbahnbetrieb. Die verblieben Gleisreste sind nur ein Bruchteil dessen, was einst vorhanden war, und früher wurde das Fahrrad in Forst auch schon rege genutzt. Besser wird es definitiv, denn nach der Neuverlegung einiger Gleisabschnitte sind die Schienen dort nun wieder bündig mit der Fahrbahndecke.

    Viele Grüße,

    Christian.

  • Richtig, es handelt sich um besagte Lok 36, Fabriknummer 2796, 1000 mm Spur, Gattung Bn2t, 100 PS. Gebaut 1893 von Krauss & Comp. in München, Zweigwerk am Südbahnhof, fabrikneu geliefert an die Localbahn-Aktiengesellschaft für die von ihr errichtete und betriebene Forster Stadteisenbahn. 1938 mit einem baugleichen Ersatzkessel von Krauss-Maffei ausgestattet, war die Lok bis mindestens 1963 im Einsatz. Vom Verkehrsmuseum Dresden zu Erhaltung ausgewählt, kam sie nach einer äußerlichen Aufarbeitung in Forst 1966 als Repräsentantin einer Dampfstraßenbahn ins VMD.

    2012, im Zuge der Auflösung des Ausstellungsbereichs Nahverkehr, konnte Forst die Maschine als Leihgabe zurückholen. Seitdem steht sie übergangsweise im Feuerwehrgerätehaus und es Begann die Suche nach einer dauerhaften Präsentationsmöglichkeit, die nun mit dem Brandenburgischen Textilmuseum gefunden wurde. 2016 konnte eine Kesseluntersuchung zur Ermittlung des Zustandes durchgeführt werden, der als gut befunden wurde. Da die, zunächst nach der Betriebseinstellung auch noch bewusst erhaltene Lok 1 (Baujahr 1922) leider keinen musealen Status bekam, sondern Mitte der 1970er-Jahre doch im Schrott landete, ist die No. 36 heute die letzte, vorhandene "Jule".

  • Hallo in die Runde,

    vieles ist in diesem Beitragsfaden schon richtigerweise notiert worden. Es fehlen nur noch aktuellere Bilder zur Illustration. "Da kann Ihnen geholfen werden!"

    Bei einem Bahnhofsfest in Ortrand kam ich durch einen dort angebotenen Kalender mit Motiven von Fotoshootings in allseits bekannten Dresdner Ringlokschuppen erstmals mit dem Thema "Steampunk" in Kontakt. Auf den fotografierten Bildern finden sich ganz nebenbei solche Ziffernfolgen wie 03 001 (in DRG Messing), 55 669 (in DR Spitzziffern) oder 24 004 und 62 015 (in DIN-Schrift ohne Kontrollziffer)!

    Im Beitrag wird weiter oben schon auf das "Steamrose Zeitreise Festival zu Forst (Lausitz)" verwiesen wo das Thema Steampunk öffentlich gelebt wird. Eben dafür war ich als Chauffeur um Unterstüzung gebeten worden. Und so traf ich am 03.09.2022 völlig überraschend in Forst auf die "Schwarze Jule" die sich im Rahmen dieses Festivals im Feuerwehrdepot an der Hochstraße bzw. am Pestalozziplatz präsentierte. Verbunden war das Ganze mit Werbung für das im Wiederaufbau bzw. in der Sanierung befindliche Textilmuseum Forst.

    Doch nun zu meinen Bildern ...

    Blick über den Pestalozziplatz in Forst mit dem Feuerwehrdepot


    Nun weiter mit meinen Bildern von der "Jule"

    Viel Freude beim Betrachten wünscht

    Matthias



  • Matthias, vielen Dank für die schöne Fotoreihe!

    Die Jule unterscheidet sich in verschiedenen Details von der Laura, siehe z. B. das Wellendach. Auch hat die Laura keine Triebwerksklappen und eine andere Steuerungsbauart. Ganz besonders hervorzuheben ist jedoch, dass sich die Jule (Lok 36) noch nahezu im Originalzustand befindet. Da sie keine DR-Lok war, hat sie auch nie ein Raw gesehen, die komplette Instandhaltung erfolgte in der Werkstatt der Stadteisenbahn. Kessel, Armaturen und Aufbauten entsprechen noch der ursprünglichen Konstruktion, dagegen wurde bei der Laura schon viel verändert Sie besaß ja bekanntlich seit 1958 einen Jung-Kessel, der von einer ganz anderen Lok stammte und in Meiningen bei der letzten HU nachgebaut wurde. Aber die Laura ist auch seit 136 Jahren fast ununterbrochen auf ihrer Stammstrecke im Einsatz und damit die älteste, betriebsfähige Schmalspurlok Deutschlands, was für die Qualität der Lokomotiven aus dem Hause Krauss sprechen sollte.

    Die Jule steht auf Flachschienen und wurde mit Hilfe eines Gabelstaplers vom Tieflader in das Feuerwehrgerätehaus geschoben. Dabei kamen weitere dieser tragbaren Flachschienen (ohne Schwellen) zur Anwendung, die danach wieder weggenommen wurden.

    Ankunft der Lok 36 am 27. Juli 2012 in Forst. Die mobilen Flachschienen sind zu sehen. Interessanterweise verliefen genau 90 Grad unter der Lok früher zwei parallele Meterspurgleise, denn in der Hochstraße befand sich früher eine Ausweiche der Stadteisenbahn. Im Asphalt ist die ehemalige Gleislage schwach erkennbar.