Auf den Spuren einer längst vergessenen Schmalspurbahn...

  • Die Schmalspurbahn Klingenberg-Colmnitz - Frauenstein

    Hallo Eisenbahnfreunde,

    am vergangenen Montag bot sich die Möglichkeit an, die ehemalige Schmalspurbahn von Frauenstein aus nach Klingenberg-C. abzuwandern. Die Wanderung erfolgte größtenteils auf der noch vorhandenen Trasse im oberen Abschnitt bis Pretzschendorf. Ab diesem Ort ist die ehemalige Bahntrasse jedoch überbaut oder privat genutzt. Im Verlauf der Reststrecke bis Obercolmnitz muss man auf die Dorfstraße ausweichen. Das letzte Stück führte über den Bhf Colmnitz (Strecke Ober-Dittmannsdorf-Klingenberg-C.) zum Endbahnhof Klingenberg über ein Feld.

    Die zum Wilsdruffer Schmalspurnetz gehörende Strecke wurde am 14.September 1898 eröffnet und war 19,7 km lang. Es gab einige Besonderheiten: So war der Bahnhof Frauenstein mit 654 m üNN der höchst gelegene Bahnhof eines Schmalspurnetzes; die Güter wurden bis zuletzt in Klingenberg-Colmnitz von der "Großbahn" zur "Kleinbahn" umgeladen, weil man den "Huckepackverkehr" mit Rollwagen im Gegensatz zu anderen Schmalspurbahnen nicht einführte. Die Bahn fuhr durch stille Dörfer und die reizvolle Landschaft des Osterzgebirges, abseits der großen Magistralen und Städte.
    Bis dann das AUS kam - ein Unfall besiegelte im Jahre 1971 das Ende der Schmalspurbahn, nachdem schon seit den 60er Jahren nichts mehr für die Unterhaltung getan wurde.
    Gleise wurden demontiert, Bahntrassen sind zugewachsen, die alten Bahnhöfe liegen größtenteils im Dornröschenschlaf und ein Prinz, der sie wachküßt, ist nicht in Sicht.



    Streckenkarte von 1902

    Das EG Frauenstein


    Das EG Frauenstein


    alter Gw-Wagenkasten am Turmberg


    Streckenführung bei Burkersdorf, im Hintergrund der Turmberg


    Empfangsgebäude von Burkersdorf


    ehem. Anschlussgleis Fa. Böhme, Burkersdorf


    Trassenverlauf Richtung Burkersdorf


    zwischen Burkersdorf und Oberbobrizsch


    Das Bahnhofsplanum von Oberbobritzsch


    Stahlträgerbrücke bei Oberbobritzsch über den Holzbach


    Trasse vor Friedersdorf, im Hintergrund der ehem. Bf (links)


    Emfangsgebäude und Freiabtritt Friedersdorf, im Hintergrund das Beamtenwohnhaus


    Steigung vor Pretzschendorf


    alte Stahlschwelle vor Pretzschendorf


    Bf Pretzschendorf


    Brücke in Pretzschendorf


    Hp Nieder-Pretzschendorf


    Bahnhofsgelände von Obercolmnitz


    noch erkennbar - die Trasse zwischen Obercolmnitz und Klingenberg-C. (Baumreihe)


    die ehem. Schmalspurseite des Bf Klingenberg-Colmnitz


    der Kohlenschuppen steht noch


    trostloser Anblick vom EG in Klingenberg-Colmnitz

    Über sieben Jahrzehnte gehörte die Eisenbahn zu den Menschen und zur Landschaft in der Region. Eine falsche Verkehrspolitik, die bis heute einseitig auf das Auto und den Straßenverkehr fixiert ist, führte schließlich 1971 zur Einstellung der Bahnlinie.

    In diesem Sinne...


    Gruß Daniel (aus der Agentur in Löthain)
    Heimatverein Käbschütztal e. V.

    Gruß Daniel

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    2 Mal editiert, zuletzt von 99 600 (22. September 2013 um 21:45)

  • ...auch ne Art an die Bahn zu erinnern. Wobei Das nicht unbedingt mein Ding ist. Ich schmöker da lieber in Büchern als mich mit der traurigen Wirklichkeit zu befassen.

    Dennoch habe ich mit interesse gesehen welche Relikte noch vorhanden sind. Schade dass man gerade bei der Bahn ab Wolkenstein so brachial vorgegangen ist. Nicht auszudenken, wenn statt Fahrradweg die Bahn noch bis ins Tal führen würde.

    Danke fürs Erwandern und Zeigen. Zum Glück bei grauem Licht, das passt zur Situation.

    Tschüss

    Kai

  • Eisenbahnarchäologie ist immer wieder spannend. Bei meiner Tour vor 13 Jahren war neben dem Wagengerippe am Turmberg auch noch eine alte Laderampe zu erkennen. Wird der Eg von Frauenstein noch immer als Kindergarten genutzt?
    Viele Grüße
    Ludger

  • Hallo Ludger,

    ja, die Rampe existiert noch. Es muss wohl damals dort ein Anschlussgleis gelegen haben, aber wie lange es genutzt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Das Empfangsgebäude von Frauenstein ist wohl derzeit in Privathand. Auch sind dort wieder einige Utensilien aus vergangenen Bahnzeiten angebracht wurden, wie z. B. die Bahnhofsuhr. Ich denke mal, dass das Gebäude wohnlich genutzt wird. Ein Gleisrest im Bahnhofsbereich kam inzwischen auch wieder zum Vorschein...


    Eine angebrachte Tafel zur Erinnerung der Bahn
    am Empfangsgebäude Frauenstein


    ...noch eine Tafel am Denkmal im Wald am Turmberg


    Viele Grüße Daniel (aus der Agentur in Löthain)
    Heimatverein Käbschütztal e. V.

    Gruß Daniel

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  • Hallo,

    die Wagenreste stammen von keinem Gw, sondern von einem Pwg. Im SSB-Wagenbuch kann man lesen:

    - gebaut 1908 in den Eigenen Werkstätten der K.Sächs.Sts.E.B.
    - sächs. Nr. 1436 K
    - DRG-Nummer ab 1927: Dresden K2002
    - DRB-Nummer ab 1938: 2002 Dre
    - DR-Nummer ab 1950: 7.2002

    danach um 1950: a, WK Rottenunterkunft an Linie Klingenberg-C. – Frauenstein, Reste vorhanden ...

    Viele Grüße

    André

  • Hallo Daniel,

    mit dem Sichten Deiner Bilder warst du wesentlich schneller als ich. Meine schlummern noch immer auf der Festplatte. :zwink:

    Hallo André,

    vielen Dank für die Aufklärung zum Wagenkasten (-fragment). Daniel und ich haben schon während der Wanderung gerätselt, was es für ein "Gw" sein könnte und wie er dorthin gekommen ist.

    Hallo Ludger,

    erstaunlicherweise hat sich entlang der KF-Linie ziemlich vieles erhalten. Bei anderen Bahnen, die in etwa zur gleichen Zeit stillgelegt wurden, findet man wesentlich weniger Relikte. Sicherlich mag dies auch der Abgeschiedenheit der Bahntrasse im oberen Verlauf geschuldet sein. Selbst zwischen der Wohnbebauung in Pretzschendorf und Colmnitz kann man noch etliches entdecken. Sogar die Prellsteine der zahlreichen Wegübergänge sind oftmals inmitten der Grundstücke der Anwohner vorzufinden.

    Viele Grüße
    Alex

  • Hallo Daniel,

    sehr, sehr schöne Bilder einer ehemaligen Bimmelbahn mit offensichtlich noch relativ vielen erkennbaren Eisenbahnrelikten. Besonders die erhaltenen Bahnhofsbauten haben es mir angetan. Deine Fotos machen "Appetit" auf eine Streckenbegehung!
    Ich würde mir mehr solche Berichte von Wanderungen auf ehemaligen Bahntrassen hier im Forum wünschen.

    Danke fürs Zeigen!

    Gruß Tobias

  • Hallo!

    Ich bin neu in diesem Forum, wie man unschwer erkennen kann. Ich stieß auf diesen Photobericht und musste mich daraufhin gleich anmelden, da ich aus dem kleinen Örtchen Friedersdorf stamme und noch gerne ein paar Dinge zu dieser Strecke erzählen, bzw sagen möchte.

    Was der User 99 600 bereits vollkommen richtig beschrieb, ist die Schmalspurstrecke vor mittlerweile etwas mehr als 46 Jahren (also 1971) eingestellt worden. Allerdings war das nicht das erste Zugunglück, da bereits '69 oder '70 (da will ich mich jetzt nicht so festlegen) schon einmal ein Zug von den Gleisen kippte aufgrund der mangelhaften Wartung des Ober- und Unterbaus. Doch nach dem zweiten Unglück, von dem ich definitiv weiß, dass da die 99 715 umkippte (Profilbild), wurde die strecke komplett eingestampft, bzw. stillgelegt. Zur 650 Jahrfeier von Friedersdorf im Jahre 2010 glaube ich in einer Ausstellung über die Bimmelbahn gelesen zu haben, dass in den 60er Jahren die Wartungsarbeiten von Seitens der Reichsbahn eingestellt wurden. Warum kann ich nicht so genau sagen, aber ich könnte mir vorstellen, dass man in der zuständigen Direktion die Strecke für nicht rentabel (?!) hielt. Bald nach dem Unglück '71 baute man die Strecke ab, ließ als Erinnerung zwischen Pretzschendorf und Oberbobritzsch einbetonierte Gleisstücken zurück, welche aufrecht etwa 300 mm aus dem Boden ragen oder mittlerweile durch Wurzelwachstum oder andere Witterungs- und Umweltbedingungen umgekippt und überwachsen sind. Zwischen Oberbobritzsch und Frauenstein blieb lediglich der Bahndamm zurück, zugewuchert oder als Forst- und Landwirtschaftlich genutzter Weg. Zwischen Pretzschendorf und Klingenberg-Colmnitz ist leider Gottes, wie man schon erwähnte, vieles privat genutzt oder von der Landwirtschaft umgepflügt worden. Man erkennt nur noch Bruchteile des ehem. Unterbaus.

    Ich habe am 29. sowie am 30.12.17 einen kleinen Ausflug zum restlichen Bahndamm zwischen Friedersdorf und Oberbobritzsch gemacht. Es sind einige schöne Bilder entstanden (einige folgen auch noch), doch machte sich auch etwas Trauer in mir breit, denn die beiden momentan noch erhaltenen Stahlbrücken (nebenbei eine wunderschöne Nietkonstruktion, wie ich finde :zwink: ) sind bald Geschichte und das wahrscheinlich für immer. Es soll an dieser Stelle unter Nutzung des Bahndammes (so glaube ich hat es die Gemeinde Bobritzsch nach der Flut 2002 geplant) ein Rückhaltebecken entstehen. Im Fakt: da wo jetzt noch ein Stück Geschichte steht, wird bald eine Hochwasserschutzmaßnahme Einzug halten. Ich will nicht sagen, das es nicht nötig wäre nach diesem Jahrhunderthochwasser, nicht das mich jemand falsch versteht.


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    1: Bf Friedersdorf b. Frauenstein mit Blick von Bahnhofsstraße
    2: Die erste Brücke in Richtung Oberbobritzsch, mit Absperrung
    3: Die zweite Brücke in Richtung Oberbobritzsch die zum Abriss bestimmt ist
    4: Hier verläuft sich der Bahndamm erstmal, links im Bild der Brennstoffhandel Wetzel, in dessen Innenhof noch das Originalpflaster vom ehem. Bf. Oberbobritzsch liegt. Ich bin nicht hinein gegangen, das die Sichtbedingungen immer schlechter wurden.

    Zum Schluss noch ein paar kurze Worte an Daniel: Die Laderampe am Turmberg wurde meines Wissens nach nur für den Bau der Strecke genutzt. Dort wurde der Schotter für die gesamte Strecke abgebaut und nach Fertigstellung der selbigen logischerweise nicht mehr genutzt.

    In diesem Sinne noch einen angenehmen Abend und wenn es Fragen gibt kläre ich sie natürlich gerne! :zwink:


    Mit freundlichen Grüßen Paul

  • Hallo 99 600,

    Zitat:

    "Gleise wurden demontiert, Bahntrassen sind zugewachsen, die alten Bahnhöfe liegen größtenteils im Dornröschenschlaf und ein Prinz, der sie wachküßt, ist nicht in Sicht."

    Warum sollte auch ein Prinz eine Bahnstrecke wachküssen, für die kein effiktiver Bedarf mehr besteht? :gruebel:

    Die alten Bahnhöfe liegen nicht in einem Dornröschenschlaf, sondern haben in der Post-Eisenbahnära eine Nachnutzung erhalten.
    Die vorhandenen steuerzahlenden Prinzen küssen mit teilweise bitterem Beigeschmack schon jene dampfbetriebenen
    Schmalspurstrecken, die unter dem Vorwand eines angeblichen SPNV in Wirklichkeit nichts anderes sind als steuersubventionierte Touristikbahnen. Aber das ist vmtl. eine Erkenntnis, die 95 % der hier Mitlesenden empört zurückweisen werden. Sei`s drum.


    Du forderst doch hoffentlich nicht den Wiederaufbau der x-ten Schmalspurbahn im Bereich Erzgebirge / Dresden, oder? :sorry:

    Grüße

    -railfox-

  • Die alten Bahnhöfe liegen nicht in einem Dornröschenschlaf, sondern haben in der Post-Eisenbahnära eine Nachnutzung erhalten.

    Zwei mögliche Interpretationen: Entweder du meinst mit Nachnutzung die Nutzung als Denkmal oder du meinst anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten. Leider muss ich beides verneinen... Ich kann die bezeichnung Denkmal z.B. beim Friedersdorfer Bf nicht bestätigen. Das war einst das Ziel zur 100 Jahrfeier der Strecke, alle Bahnhöfe zu Denkmälern zu machen und zu erneuern. Wurde auch überall gemacht. Doch an den meisten Haltestellen kann man nur noch verottetes Holz und eingeschmissene Scheiben sowie abbröckelnden Putz sehen. AUSGENOMMEN: Frauenstein (Wird Wohnräumlich genutzt, glaube ich), Pretzschendorf (Jugendclub), Niederpretzschendorf (wird oder wurde (entzieht sich meinem Wissen) von der Gemeinde gepflegt). Also sind es Burkersdorf, Oberbobritzsch (kein EG mehr vorhanden), Friedersdorf, Obercolmnitz und Klingenberg-Colmnitz die vollkommen verkommen und vernachlässigt werden.

    Um den Wiederaufbau möchte ich mich hier nicht streiten, denn man sollte konstruktiv diskutieren, damit auch was dabei auch etwas raus kommt, oder? :zwink: Aber wenigstens ein bisschen Erinnerung darf ja wohl an die Sträucher-Berta bleiben, oder? :zwink:

    Viele Grüße


    Paul