09.07.1994 - Noch einmal grosser Bahnhof in Friedland/Meckl. (m. 38B)

  • Liebe BiBaForianer,


    eine 91er mit Donnerbüchsen geht doch als Bimmelbahn durch, oder?! Parallel zu einem Nachbarforum daher auch bei Euch nun dieser Beitrag...

    Da ich mich gern an Jahrestage hänge und sowohl die Mecklenburgischen Weiten als auch Beiträge von mir in letzter Zeit deutlich unterrepräsentiert waren, sei’s nun also `mal wieder drum… Erschreckende 20 Jahre ist es inzwischen her, dass die Stadt Friedland in Mecklenburg ihr 750. Jubiläum feierlich beging und aus diesem Anlass auch ein Sonder-Reisezugverkehr von Neubrandenburg aus als Fahrmöglichkeit für nicht motorisierte Festbesucher angeboten wurde.

    Der Personenverkehr zwischen Neubrandenburg und Friedland/M. war zu diesem Zeitpunkt bereits etwa ein halbes Jahr eingestellt, am 14. Januar 1994 fuhr hier der letzte Personenzug, in den Bildbeschreibungen später mehr dazu. Da die Nebenbahnstrecke nach Friedland/M. die Hauptbahn Stralsund-Berlin auf einer Brücke überquert hatte, die zuwenig lichte Höhe für die geplante Elektrifizierung bot, entledigte man sich im Zuge der Streckenelektrifizierung einfach dieser Brücke und des schwächlichen Personenverkehrs gleich mit. Über das Neubrandenburger Industriegelände war und ist es dennoch möglich, Friedland/M. auf dem Schienenwege weiterhin zu erreichen, allerdings ist hierbei in der Neubrandenburger Vorstadt eine „Hürde“ in Form einer Spitzkehre zu nehmen. Güterverkehr gibt es meines Wissens nach hier bis heute, sogar planmäßig.

    Der Vater meines Freundes und Studienkumpels Carlo war wesentlich an der Organisation des Friedländer Jubelfestes beteiligt und so redeten wir ihm völlig „uneigennützig“ ein, dass zu einem solchen selbstverständlich ein dampfgeführter Personenzug und ein Bahnhofsfest gehören. Wider Erwarten war er von der Idee recht angetan und machte sich ans organisatorische Werk.

    Mittelbar hatten wir somit einen gewissen Einfluss auf die Fahrzeug-Auswahl. Reko-52er und -Wagen hatten wir oft genug fotografiert. Es reifte also der Gedanke, einen nebenbahntypischen Donnerbüchsenzug mit einer Länderbahn-Tenderlokomotive verkehren zu lassen. Langsam kristallisierte sich dann heraus, dass es auf den Veltener Traditionszug und die Schweriner 91 134 hinauslaufen würde. Die sterbende DR machte es ihm nicht gerade leicht, aber Carlos Vater meisterte zahlreiche Hürden und brachte es mit seiner Beharrlichkeit tatsächlich zustande, dass wir den gewünschten Sonderzug, der gut gefüllt unterwegs war, erleben durften.

    Die Fototour wurde nebenher im Auto absolviert, um möglichst viele Fotos „einzusacken“. Als Neubrandenburger kannte Carlo jeden Feldweg der Umgegend und wusste ziemlich genau, wo sich ein Bild an der gut 25 km langen Strecke nach Friedland/M. lohnen könnte, ein „Schlachtplan“ war auf Basis des Fahrplans vorab entstanden, auch hier half rechtzeitiges Insiderwissen. Die Bahnverfolgung war jedoch auf diesem Streckenabschnitt nicht ganz leicht, da es kaum parallele Straßen und viele zu durchquerende kleine Ortschaften gab. Eine rüde Fahrweise war für die Zugverfolgung vonnöten. Leider ist mein 1994er Kalender mit den Aufzeichnungen zu den Aufnahmeorten abhanden gekommen, in Vorbereitung dieses Beitrages mußte ich ganz schön im Gehirnkasten wühlen, bekam aber mit den heutigen elektronischen Helferlein fast alles wieder geordnet.

    Genug geschwafelt, vom 03. bis 10. Juli 1994 kam es also zu „Festspielen“ in Friedland/M., am Sonnabend, den 09. Juli waren wir wegen der Sonderzüge dabei. Da uns die „Regie“ einen sehr fotogenen Nebenbahnzug und bestes Wetter beschert hatte, kamen wir auf den Gedanken, zwischen den Endpunkten der Strecke motivlich nach dem Motto „Eisenbahn in der Landschaft“ vorzugehen, denn die Fahrzeuge selbst waren ja altbekannt. Die Lok lief mit der Rauchkammer voraus nach Friedland/M. und Tender voraus nach Neubrandenburg.

    Die folgenden Fotos sind geographisch nach Streckenkilometrierung geordnet. Sollte eine Ortsangabe nicht richtig sein, würde ich mich über eine Korrektur von Streckenkennern freuen. An einigen Stellen war ich mir -wie gesagt- nicht mehr sicher. Angaben zu Streckenverlauf und Geschichte erspare ich mir und Euch hier weitgehend, denn ein Streckenkenner bin ich keineswegs. Jedoch hätte die Bahn, die als Neubrandenburg-Friedländer Eisenbahn (NFE) gegründet worden war, kurz nach dem Friedländer Stadtjubiläum noch 1994 ihren 110. Geburtstag begehen können.

    Nun denn, auf ins Bahngetümmel, den Neubrandenburger Hauptbahnhof, der auch schon mit Fahrdraht überspannt war, spare ich gleich ´mal aus…


    Bild 1: Die Bebauung fällt hier leider nicht so besonders schön aus und mag so gar nicht zum Zug passen, ist aber Neubrandenburg-typisch. Von der dortigen Südstraße aus fällt der Blick entlang der Bahnstrecke auf das Neubaugebiet Datzeberg, rechts am Hang haben es sich ein paar Laubenpieper gemütlich gemacht. Mit beachtlicher Qualmentwicklung und den typischen Naßdampf-Klängen schnaufte die 91 134 mit ihrem Sonderzug Friedland/M. entgegen.


    Bild 2: Am repräsentativen Empfangsgebäude von Neubrandenburg Ost mit seiner zum Dach passenden, schiefen Standard-Fernsprechbude der Reichsbahnbauart prangte ein Plakat, dass für das Stadtjubiläum im nahen Friedland/M. warb und Fahrplaninformationen enthielt.


    Bild 3: Die 91 134 aus Gebüsch und Froschperspektive zugleich in Neubrandenburg Ost. Lokführer Heilmann, der uns den Rücken zudreht, genießt inzwischen seinen Ruhestand, Heizer Sachse ist leider schon verstorben.


    Bild 4: Eigentlich „Off Topic“ habe ich hier das Fabrikschild der damals über 90-jährigen Maschine verewigt. Die inzwischen aus dem vorvorherigen Jahrhundert stammende Lokomotive ist eine ehemalige preußische T9.2 mit wechselvoller Geschichte. Noch zu Länderbahnzeiten geliefert, hatte sie nach Bildung der DRG die Bezeichnung 91 048 getragen, wurde aber 1929 an die Braunschweigische Landesbahn verkauft und kehrte von dort 1938 heim zur „alten“ Reichsbahn, erhielt aber die neue Betriebsnummer 91 134. Seit kurz nach Kriegsende war sie dann im wesentlichen in Schwerin beheimatet, im Jahre 1966 ausgemustert worden und danach lange kalte Museumslok. 1991 spendierte ihr die DR eine betriebsfähige Aufarbeitung. Die Lok ist seit Jahrzehnten bei den Mecklenburgischen Eisenbahnfreunden im ehemaligen Bw Schwerin untergebracht.


    Bild 5: Zurück zum Sonderzug nach Friedland: Dem schönen Zugschluss am Packwagen habe ich seinerzeit ebenfalls ein Foto gewidmet, obwohl ganz stilecht hier wohl Schluß-Laternen hingehört hätten. Immerhin hatte man aber die länglichen lackierten bzw. emaillierten Schluß-Scheiben genommen und nicht die schon allerorten verwendeten quadratischen reflektierenden Exemplare.


    Bild 6: Das letzte Dampflokfoto in Neubrandenburg Ost entstand im schon grenzwertigen Abendlicht und ist weder motivlich noch fotohandwerklich ein Traum. Aus dokumentarischen Gründen habe ich das Bild in der Präsentation belassen.


    Bild 7: Für die Rangierarbeiten im Neubrandenburger Industriegebiet war in diesen Tagen die 346 840 zuständig, hinter der sich die V60D mit der LEW-Fabriknummer 13832 verbirgt. Als 106 840 war sie knapp 21 Jahre zuvor, im November 1973, im Bw Neubrandenburg in Dienst gestellt worden. 10 Jahre nach diesem Foto musterte man die Lok in Rostock aus und verschrottete sie, sie fiel aber zuvor noch in den verkehrsroten Farbtopf.


    Bild 8: Ein weiteres Foto der Maschine machte ich am Zugschluß des Sonderzuges bei abendlichen Rangierarbeiten.


    Bild 9: In Richtung Friedland/M. fahrend haben wir die 91er mit ihrem Sonderzug hier kurz vor dem Haltepunkt Neuenkirchen fotografiert, ca. 10 Streckenkilometer liegen also hinter ihr.


    Bild 10: Hier nun der sehr fotogene Haltepunkt Neuenkirchen im weichen Abendlicht bei der Rückfahrt nach Neubrandenburg. So oder so ähnlich muss Kleinbahnromantik aussehen!


    Bild 11: Der Stavener Anschluss "Kiesgleis" rechts im Bild war dem Vernehmen nach erst in den 1980er Jahren entstanden, inzwischen war er schon nicht mehr in Betrieb. Der Stavener Bahnhof liegt etwas weiter vor in Blickrichtung.

    Am Bahnhof Staven bei Streckenkilometer 14 haben wir an jenem 09.07.1994 keine Aufnahmen gemacht, verfolgungstechnisch lag er einfach zu ungünstig. Hier muss eine Plandienst-Aufnahme aushelfen.


    Bild 12: Die Neubrandenburger 202 272, der man nach Umzeichnung ins DB-Schema statt der allseits üblichen Klebeziffern sogar richtige neue Lokschilder spendiert hatte, hielt hier mit ihrem abendlichen Nahverkehrszug auf dem Weg nach Friedland/M. im Bahnhof Staven. Da dieser beleuchtungstechnisch „tot“ war, mußten die Autoscheinwerfer die Szenerie etwas erhellen. Immerhin waren beide Bahnhofsgleise noch blankgefahren. Die sehr reviertreue Maschine gehörte neuerdings zum DB-Geschäftsbereich Traktion und war unter der Fabriknummer LEW 12554 im Jahre 1970 an die DR als 110 272 geliefert worden. Nach ihrem Umbau auf den leistungsstärkeren Motor kam sie als 112 272 ab dem Jahre 1982 vom Bw Neubrandenburg aus zum Einsatz. 1998 wurde sie in Neustrelitz ausgemustert und 1999 verschrottet.

    Zurück zum Dampfsonderzug, bei Roggenhagen entstanden gleich mehrere Bilder.


    Bild 13: In der Nähe der Bahnhofstraße entstand dieses Foto des in Richtung Friedland/M. fahrenden Zuges. Im Bildhintergrund rechts erkennt man die denkmalgeschützte Feldsteinkirche des Dorfes Roggenhagen. Inzwischen liegen gut 17 Streckenkilometer hinter dem Sonderzug.


    Bild 14: Der abendliche Zug in Richtung Neubrandenburg hat soeben den Wald hinter Friedland/M. verlassen und legt sich in der Kurve kurz vor Roggenhagen kräftig ins Zeug.


    Bild 15: Eine kleine Motiv-Spielerei am Übergang Bahnhofstraße Roggenhagen. Der Haltepunkt lag „jwd“ ca. 1,5 km vom Ort entfernt und war nur über den Knüppeldamm im Vordergrund zu erreichen.


    Bild 16 hat sich aus Plandienst-Zeiten dazwischengemogelt. Es zeigt eine meiner wenigen wirklich brauchbaren Diesel-Streckenaufnahmen, hier am Haltepunkt Pleetz mit einem in Richtung Neubrandenburg fahrenden Zug. Die Aufnahme ist am gleichen Tag wie Bild 12, kurz vor Einstellung des Reiseverkehrs, im Januar 1994 entstanden.


    Bild 17: Wirklich – ich weiß es nicht mehr genau! Meiner Erinnerung nach ist das „auf’m Acker“ hinter dem Hp Pleetz am Nordrand des gleichnamigen Ortes, ca. 5 km vor Friedland/M., wo wir offensichtlich diese gemütlich wiederkäuenden Kühe entdeckt und uns für einen Nachschuss vor dem Kornfeld entschieden hatten. Leider hatte ich wohl nicht richtig scharfgestellt. Wenn ich mir diese Aufnahme aus dem Kurzbericht des Eisenbahnclubs Neubrandenburg hier http://www.eisenbahnclub-neubrandenburg.de/bild.php?id=10…f_alten_Gleisen so ansehe, dann ist das offensichtlich die gleiche Stelle, nur eben 12 Jahre später und aus leicht geänderter Perspektive. Interessant, dass dort immernoch Kühe weideten, die gleichen werden es aber wohl nicht gewesen sein.


    Bild 18: Friedland/M. ist erreicht, aber das Streckenende noch nicht! Am Eingang von Friedland lag bzw. liegt immernoch ein recht langgezogenes Industrie- oder heute besser Gewerbegebiet. Dort gab es damals auch noch Reste eines Feldbahnanschlusses zum Fliesenwerk zu besichtigen, wovon ich allerdings keine Fotos anfertigte. Kurz vor dem Überqueren der Salower Chaussee haben wir die 91er hier sehr spitz von vorn „erlegt“, bis zum Endbahnhof wird sie von hier aus noch einen guten halben Kilometer zurücklegen müssen.


    Bild 19: Der 2-ständige Rechteck-Loksuppen von Friedland/M. liegt direkt neben dem Streckengleis im südöstlichen Bahnhofsbereich. Er war damals noch intakt und beherbergte eine Motordraisine, die sogar noch ans Tageslicht gezerrt wurde und zum Einsatz kam. Die 91er stürmte auf diesem Foto recht forsch aus dem Bahnhof in Richtung Neubrandenburg. Auf den Nachbargleisen sind Fahrzeuge zu erkennen. Rechts des Zuges ist ein Behelfskranwagen leider nur noch schlecht im Qualm auszumachen. Der Lokschuppen steht zwar heute noch, ist aber auf der hier sichtbaren Seite inzwischen eingestürzt.


    Bild 20: Betrachten wir uns die leider hier im Schatten liegende und im vorherigen Bild verqualmte Situation etwas näher, diesmal beim Kohlenladen! Die 91er links im Bild ist inzwischen hinlänglich bekannt und verkommt hier zum Statisten. Der eigentliche „Star“ des Fotos, der Behelfskranwagen „säuft“ im Schatten leider völlig ab. Es war ein Niederbordwagen, auf dem ein Kran aus der T174-Serie des WEIMAR-Werkes seinen Dienst tat, weil man dem Personal das Bekohlen von Hand wohl nicht zumuten wollte. Der E-Wagen rechts im Bild ersetzte den fehlenden Kohlenbunker.


    Bild 21: Hier habe ich die gleiche Situation noch einmal von der anderen Seite eingefangen.


    Bild 22: Ein nicht HiFo-konformes Vergleichsbild zu Bild 21 aus etwas anderer Perspektive mag man mir im Rahmen dieses Berichtes nachsehen. Es entstand im Juli 2013, also 19 Jahre nach Sonderfahrt, am Rande eines Familienausfluges. Es sieht alles noch sehr vollständig aus in Friedland! Es gibt etliche mecklenburgische Bahnhöfe, die schlimmer dran oder inzwischen gänzlich von der Landkarte getilgt sind, erst recht unter dem Blickwinkel, dass es hier schon fast eine Menschengeneration lang keinen Personenverkehr mehr gibt. Dem Vernehmen nach sollen immernoch regelmäßig Ganzzüge mit Düngemittel den Bahnhof Friedland/M. erreichen, die zunächst von der Wedler & Franz GbR (WFL) im Auftrag der Ostmecklenburgischen Eisenbahn GmbH (OME) bzw. späteren Ostseeland Verkehr GmbH (OLA) gefahren wurden, seit 2010 aber mit DB Schenker-Zugfahrzeugen unterwegs sind.


    Bild 23: Ich riskiere noch einen Verstoß gegen die HiFo-Regeln und obendrein noch ein Bildautoren-Wechsel! Mein Hobbyfreund Andreas war so nett, mir für diesen Beitrag ein paar Fotos vom aktuellen Güterverkehr nach Friedland/M. zukommen zu lassen. Auf Grund des hohen Wiedererkennungswertes habe ich diese Aufnahme vom Juni 2009 (ja, stimmt, auch schon wieder 5 Jahre her) ausgewählt, als die 346 852 der WFL mit ihrem Ganzzug aus Tds- und Tads-Selbstentladewagen um 180° geschwenkt zur vorherigen Aufnahme an etwa gleicher Stelle steht, erkennbar am Schwellenstapel. Nur wenige Schritte weiter in Blickrichtung waren die noch folgenden Bilder 26-29 entstanden. Hinter der Lok verbirgt sich die V60D mit der Fabriknummer LEW 13847, als 106 852 bei der DR im Jahre 1973 in Dienst gestellt. Foto: Andreas Görs, besten Dank an ihn an dieser Stelle dafür!


    Bild 24: Zurück ins Jahr 1994! Die 91er setzte sich frisch restauriert wieder an den am Empfangsgebäude stehenden Sonderzug. Die Organisatoren hatten -wie schon erwähnt- im Rahmen der Stadt-Feierlichkeiten auch noch einige museal erhaltene Dampfloks im Bahnhofsbereich zu einer kleinen Lokausstellung zusammenziehen lassen, die von Nachbardienststellen überführt worden waren, Bilder hiervon folgen noch. Hier konnte ich mir einen „Lokführerblick“ aus der 93er auf die herandampfende ältere und kleinere Lok- Schwester nicht verkneifen.


    Bild 25: Das herrliche, wenn auch schon etwas unvollständige Lademaß im Bahnhof Friedland/M. reizte mich motivlich und sollte zusammen mit der Dampflok unbedingt auf ein Foto. Es ist heute nicht mehr vorhanden. Links erkennt man noch einen abgestellten Skl der Bahnmeisterei.


    Bild 26: Hier sehen wir den Sonderzug abfahrbereit auf dem Bahnhof Friedland/M.. Da ist doch wieder so ein Mast mitten ins Bild...!


    Bild 27: Rückblick vom Rückblick, hier ist praktisch die gleiche Situation am Tage der Einstellung des Reiseverkehrs auf der Strecke zu sehen, nur eben aus etwas anderer Perspektive und bei deutlich schlechteren Lichtverhältnissen. Eine Abschiedstafel wurde für die Fotofreunde nur kurz auf dem Lokumlauf postiert. „Einstellung des Personenverkehrs Neubrandenburg Friedland 14.1.94“ stand darauf. Dass von diesem Ereignis tagsüber gerade viele Reisende Kenntnis nahmen, kann man nicht behaupten, einzig ein paar Kinder und wenige Fotografen waren im Bahnhofsbereich zugange. Die MPSB-Fahrzeuge links im Bild standen noch draußen, der Wetterschutz war abgetragen worden, um sie kurz darauf in eine neuerrichtete Halle am Bahnhofsvorplatz zu bringen, wo sie heute gut geschützt untergestellt sind.


    Bild 28: Wieder zurück zum Sommer-Sonderzug: Nur ein paar Schritte weiter nach links gegangen, konnte man die Reste der Mühle hinter dem Güterschuppen mit ins Bild bringen, wofür man allerdings den Zug abschneiden musste.


    Bild 29: Eine ähnliche Situation bei anderem Sonnenstand vom Hausbahnsteig aus gesehen machte es möglich, den alten MPSB-Speicher links mit ins Bild zu nehmen. Die Langbeinige mit dem kurzen Rock ist mir erst jetzt, 20 Jahre später, aufgefallen...


    Bild 30: Und nun rücken wir nochmals ein paar Meter weiter in Richtung Nordosten vor und befinden uns jetzt direkt vor dem Empfangsgebäude bei Streckenkilometer 25. Die 91er steht mit ihrem Sonderzug am Hausbahnsteig. Wie man im Vergleich zu Bild 27 sieht, ist das MPSB Denkmalgleis rechts im Vordergrund inzwischen leer.


    Bild 31: Entschuldigung, ich kann’s irgendwie nicht lassen, hier noch einmal eine Rück-Rückblende, da meine wenigen Friedland-Fotos zu Planzeiten einen eigenen Beitrag kaum rechtfertigen. Etwa die gleiche Situation wie im vorherigen Bild 30 ist hier ein halbes Jahr zuvor abgebildet. Auf Initiative der Eisenbahnfreunde Ueckertal aus Pasewalk war der letzte Reisezug nach Friedland und zurück verstärkt und zudem dampfbespannt. Die Resonanz war deutlich größer als tagsüber, etliche Leute wollten noch einmal per Bahn die Strecke bereisen. Die meines Wissens auch heute noch betriebsfähige 64er, im Jahre 1940 bei Orenstein & Koppel in Berlin gebaut, war nach dem letzten Weltkrieg bei der DB verblieben. Seit 1995 ist sie bei der Dampfbahn Fränkische Schweiz e.V. in Ebermannstadt in offenbar guten Händen. Der Eigentümer zum Zeitpunkt der Aufnahme ist mir entfallen, aber man hatte der Maschine für einige Sonderfahrten die fiktive Nummer nach dem 1970er DR-Schema „64 1491-6“ verpasst und am Führerhaus auch „Rbd Greifswald“- und “Bw Pasewalk“-Schilder angebracht, den Schriftzug „Deutsche Reichsbahn“ trug sie hingegen -jedenfalls bei dieser Tour- nicht. Und der für die DR-Loks typische Rauchkammer-Zentralverschluß, der mit einem tiefer angebrachten Front-Lokschild einherging, fehlte eben… Dafür hatte man mit Kreide den oft üblichen Abschiedsvers hinterlassen. Die Bahnhofsuhr verrät die sehr späte Stunde des Tages.

    Das war’s dann auch schon mit den Streckenaufnahmen. Kümmern wir uns nun wieder um die Sommer-Fotos, durchbrechen die bisher aufgebaute Foto-Abfolge nach Streckenkilometrierung, gehen ein paar Schritte zurück in Richtung Neubrandenburg und sehen uns, wie angekündigt, noch kurz die Maschinen der Lokausstellung an:


    Bild 32: Die nicht betriebsfähige DR-Museumslok 93 230, eine preußische T14 von UNION in Königsberg mit Baujahr 1917, war damals, wenn ich mich recht entsinne, noch im Lokschuppen von Ueckermünde untergebracht und paßte sehr gut zum Nebenbahnflair im Bahnhof Friedland/M.. Später hat es sie dann nach Dresden verschlagen. Heute ist sie, soweit ich weiß, als Dauerleihgabe des Dresdner Verkehrsmuseums im ehemaligen Bw von Gummersbach-Dieringhausen beim dortigen Eisenbahnmuseum in Pflege.


    Bild 33: Fast das Gleiche lässt sich von der 78 009 vermelden, einer preußischen T18 von VULCAN in Stettin aus dem Jahre 1912, die zusammen mit der 93er nach Dresden gelangte, eine Weile einträchtig mit ihr nebeneinander -wie zuvor schon bei der Rbd Greifswald- im Schuppen stand, dort aber verblieb und weiterhin im ehemaligen Bw Dresden-Altstadt museal betreut wird.


    Bild 34: Die Friedländer Motordraisine, anfangs noch im Lokschuppen stehend, nahm später aktiv am Bahnhofsfest teil, sie war mit „Deutsche Reichsbahn, Oberbauwerk Eberswalde, Außenstelle Friedland“ beschriftet und vom Motor eines Trabant 500 angetrieben. Einige Bahnhofsbesucher nutzten die Gelegenheit, im Schienen-Cabrio ein paar Meter chauffiert zu werden. Exakt betrachtet ist das ein von LKM Babelsberg entwickeltes Gleiskraftrad vom Typ 1, aus naheliegenden Gründen „Schienentrabi“ genannt. Leider weiß ich nicht, ob es das konkrete Teil noch gibt, es sind aber einige von diesen Dingern erhalten geblieben.

    Hier möchte ich mit dem Bericht über die Sonderfahrten und das Bahnhofsfest enden, habe aber noch ein paar Off-Topic-Bilder anzubieten, ich hoffe, Ihr haltet noch durch. Zunächst zwei Fotos mit nur mittelbarem Bahnbezug, sozusagen eine Momentaufnahme, ein Extrakt, aus dem mit hohem Aufwand auf die Beine gestellten Festumzug anlässlich des 750. Stadtjubiläums in Friedland/M..


    Bild 35: Mit Transparenten und Fototafeln wurde der lokalen Eisenbahntradition durchaus Würdigung zuteil. So lässt sich beispielsweise „Unser Bahnhof um 1890“, „Das Bahnhofgelände der MPSB“, „1892 - die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn wird gegründet“, „Fahrzeit Friedland-Neubrandenburg 3 Stunden“ oder „Fahrzeit Friedland-Woldegk 3 Stunden“ erkennen.


    Bild 36 ist selbsterklärend, denke ich.

    Die Organisatoren des Stadtjubiläums hatten damals die Idee, aus allen Orten namens Friedland in Europa eine Delegation zum Jubelfest einzuladen und für dauerhaft friedländisch-friedliche Beziehungen zu werben. Es kamen immerhin 7 weitere Friedlands mit zum Teil inzwischen anderem Namen dabei heraus, jeweils eines in Brandenburg und Niedersachsen, jeweils zwei in der Tschechei und Polen sowie eines in Russland, von denen alle eine mehrköpfige Abordnung entsandten. Aus diesem Partnerschaftsbesuch wurde später mehr. Ein paar Jahre nach dem Stadtjubiläum entwickelten sich regelmäßige Friedland-Treffen zur Tradition, wofür man das naheliegende Motto fand: „Friedland - Friedliches Land - Friedliches Europa". Eine schöne Sache, wie ich finde.

    Auf dem Weg nach Hause, im letzten Büchsenlicht, wollte ich noch einmal die Lage am nicht mehr zu bereisenden Teil der ehemaligen NFE „peilen“; sprich mich interessierte die ehemalige Überführung über die Hauptbahn. Also machte ich noch diesen klitzekleinen Umweg.


    Bild 37: Man möge mir dieses wenig ausdruckskräftige unscharfe Foto der nicht mehr existierenden Friedländer Brücke nachsehen. Die zusätzliche Bewegungsunschärfe des über den Bahnübergang schleichenden Autos verrät, dass ich mir hier bei voll geöffneter Blende und maximaler Belichtungszeit „einen hinzittern“ musste. Knapp 6 Monate zuvor war an dieser Stelle der letzte reguläre Personenzug nächtens dampfbespannt über das jetzt elektrifizierte Streckengleis Neubrandenburg-Stralsund hinweg nach Friedland/M. und zurück gerollt.


    Bild 38: Ein halbes Jahr zuvor, im Januar 1994, sah es an der gleichen Stelle noch so aus. Die Stralsunder 232 633 brachte bei ähnlich mauen Lichtverhältnissen einen Schnellzug in Richtung Norden, die Fahrleitungsmasten standen bereits bis unmittelbar vor der Brücke. Die Ludmilla war 1980 unter der Fabriknummer 0914 vom ukrainischen Lugansk zur DR gelangt und als 132 633 in Dienst gestellt worden. Im pubertierenden Alter hatte man ihr die neue Baureihenbezeichnung 232 verpaßt. 10 Jahre nach diesem Foto wurde sie z-gestellt, 2009 ausgemustert und im Jahr darauf verschrottet. 30 Jahre insgesamt – kein besonders langes Lokleben im Vergleich zur 91er…

    Tut mir leid, schneller ging’s nicht, Kurzfassen gehört leider nicht zu meinen Stärken. Hoffentlich hat sich niemand, der bis hierher vorgestoßen ist, ob der mäßigen Bildqualität schlechte Augen geholt, ich musste leider i.w. auf sehr alte Scans in grober Auflösung zurückgreifen. Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit und Ausdauer! Berichtigungen, Ergänzungen und/oder Hinweise nehme ich gern entgegen.

    Tschüß und Gruß


    Mathias


    Frau Edith hat nach per Direktmail einegegangenen Informationen einige Berichtigungen vorgenommen, vielen Dank!

    Einmal editiert, zuletzt von Mathias Gottschewsky (9. Juli 2014 um 08:40)

  • Hallo Mathias,

    ich habe durchgehalten und mir jedes Wort genau durchgelesen. Allerdings erst heute und nach der Arbeit. Nach dem 7:1 gestern bin ich dann doch schlafen gegangen.

    Die Strecke Neubrandenburg - Friedland gehörte überhaupt nicht zu meinem Jagdgebiet, obwohl ich mich natürlich auch damals schon zeitweise mit dem benachbarten Kleinbahnnetz beschäftigt habe. Bis 1990 war ich schließlich Stammkunde an Bernd's Schrank im Keller des Sozialgebäudes. Ich denke, Du kannst Dich erinnern...

    Einige Ergänzungen und Korrekturen seien mir erlaubt.

    1994 war die Deutsche Reichsbahn schon verstorben, der Vater Deines Freundes hatte es also mit der jungen am 1. Januar 1994 entstandenen DB AG zu tun, sicher eine ungleich schlechtere Voraussetzung, womöglich aber immer noch besser, als heutzutage.

    Die auf dem Packwagen aufgesteckten Schlussscheiben waren übrigens auch rückstrahlend und somit auch nicht so besonders historisch. Aber natürlich besser, als die kleinen quadratischen Scheiben mit dem Plastikinnenleben und Alugehäuse, von denen sich ein Exemplar auf das Foto mit der Langbeinigen gemogelt hat.

    Die 91 134 wurde in Friedland übrigens aus dem Schlackewagen des Bw Schwerin bekohlt, den die Dampflok 1993 auch mit nach Putbus gebracht hatte. Wir halfen damals freundschaftlich aus und beluden nicht nur die Lok, sondern auch den Wagen mit guter Putbuser Kohle. Ob sie 1994 noch davon zehrte?

    64 491 gehörte damals dem Verein VEFS Bocholt: http://www.vefs-bocholt.de/

    Nach ihrer Hauptuntersuchung im Raw Meiningen stellten die Bocholter den Bubikopf 1993 den Eisenbahnfreunden Ueckertal Pasewalk für etwa ein Jahr zur Verfügung, weil die Lok nach ihrer Indienststellung zuerst in Pasewalk beheimatet war. Die Lok wurde im Bw Pasewalk beheimatet und für relativ viele Fahrten eingesetzt. Im Winter 1994 leistete sie sogar Heizdienste im sächsischen Pockau-Lengefeld, wo sie tatsächlich dann einen Rauchkammerzentralverschluss als Imitat bekam.

    Leider auch nicht bei optimalem Wetter 1994 in Eggesin. Offensichtlich ist nun auch ein Schild "Deutsche Reichsbahn" angeschraubt. Von einer "echten" DR-64 ist sie nun kaum zu unterscheiden.

    Foto: Achim Rickelt

    Heute ist sie in Ebermannstadt zu Hause und wieder dem DB-Zustand angepasst.

    Mit dem Wetter hattest Du damals wohl häufiger Pech, aber wenn eisenbahnhistorische Ereignisse stattfinden, gibt es keine Ausrede. Da muss man hin, egal bei welchem Wetter.


    Vielen Dank, natürlich auch an Andreas für die Ansicht aus 2009

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    vielen Dank für Deine wie immer sehr qualifizierten Hinweise und Ergänzungen.

    In einem Punkt hast Du jedoch nicht Recht.
    Natürlich fand die Sonderfahrt schon nach der DB-DR-Fusion statt, das ist ja klar.
    Verhandelt hat Carlos Vater aber sehrwohl mit der "sterbenden DR", denn die Vorbereitungen für Fest und Sonderzug liefen bereits seit 1991/92.

    Tschüß und Gruß


    Mathias